Verträge in der Bundesliga:Schalke plant Gehaltsobergrenze

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Weston McKennie und Can Bozdogan beim letzten Bundesliga-Spiel der Saison. (Foto: Ronald Wittek/Pool via Getty Ima)

Kein neuer Spielervertrag soll 2,5 Millionen Euro Jahresgehalt überschreiten. Damit schränkt der angeschlagene Klub seine Kaderplanung ein - und sendet eine Demutsgeste.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Eine allgemeine Gehaltsgrenze für Profifußballer könne er sich nicht vorstellen, dagegen stehe leider das Wettbewerbsrecht der EU, hat vor ein paar Tagen Karl-Heinz Rummenigge erklärt. Ersatzweise fordert er deshalb bei den Finanzen "mehr Rationalität" und "ein Umdenken" in den großen Ligen. Dass dieser fromme Wunsch nun ausgerechnet in Gelsenkirchen Wirklichkeit werden soll, hätte der Münchner Vorstandschef nicht vermutet.

Zumal sich Schalke 04 nicht mit "Umdenken" begnügen, sondern tatsächlich eine verbindliche, klar bezifferte Gehaltsgrenze einführen will. Der Verein meint es ernst mit seiner Selbstbeschränkung. Nach SZ-Informationen soll es ab sofort keinen neuen Vertragsabschluss mehr geben, in dem die Marke von 2,5 Millionen Euro Jahresgehalt überschritten wird. Spieler, die mehr Geld verlangten, werde man nicht mehr engagieren, darauf haben sich die Verantwortlichen verständigt.

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In der Branche dürfte dieser exklusive Reformbeschluss auf Interesse stoßen: Schalke ist in der Bundesliga seit langem für sein hohes Gehaltsniveau bekannt - und seit einigen Jahren auch dafür, dass die hohen Zahlungen an die Profis in keinem effektiven Verhältnis zu den sportlichen Ergebnissen stehen. Den Prozess der Enttäuschungen hat die Elf von Trainer David Wagner am Samstag mit dem 0:4 beim SC Freiburg fortgesetzt, als Schlusspunkt einer Rückrunde, die mit 16 sieglosen Spielen hintereinander so misslungen war wie keine zweite in der Schalker Ligageschichte. Wagner soll seine Arbeit in Gelsenkirchen dennoch fortsetzen dürfen. Den Rücktritt hat er ohnehin ausgeschlossen.

Eine Gehaltsgrenze für die Fußballmillionäre passt als Demutsgeste in eine Zeit, in der nicht wenige Gemeindemitglieder Reformen im Klub verlangen. Während des Freiburg-Spiels demonstrierten am Schalker Klubgelände rund 1000 Fans gegen die Vereinspolitik und gegen den Oberaufseher Clemens Tönnies. In Wahrheit ist das Lohn-Limit zwar vor allem eine Reaktion auf die hoch angespannte wirtschaftliche Situation. Dennoch handelt es sich nicht bloß um eine Sparmaßnahme. Schalke will auch ein Zeichen setzen - das Publikum soll sehen, dass es der Verein ernst meint mit dem Wunsch nach mehr Bodenständigkeit und Balance.

Nun sind 2,5 Millionen Euro immer noch stattlich, aber im Vergleich zu den Zahlungen, die - trotz Corona - im In- und Ausland üblich sind, da sind 2,5 Millionen keine beeindruckende Summe für Spieler mit hoher Nachfrage. Den Schalkern ist bewusst, dass sie sich im Konkurrenzkampf selbst limitieren. Eine Gehaltsgrenze schreckt nicht nur potenzielle neue Spieler ab, denen andere Bewerber mehr Geld versprechen. Sie gefährdet auch den Verbleib von Profis, die man behalten will. Eine Vertragsverlängerung mit Mittelfeldspieler Suat Serdar, 22, ist unter dem Diktat des Gehaltsdeckels kaum vorstellbar.

Mit den Beratern des Nationalspielers hatte man vor der Corona-Krise Gespräche für einen neuen, besser bezahlten Kontrakt aufgenommen. Nun könnten es einen Themenwechsel geben, denn der Verkauf von Spielern, die als sportliches Zukunftskapital galten, ist kein Tabu mehr. Für Serdar hatte es im Herbst lose Anfragen gegeben, von 40 Millionen Euro Ablöse war die Rede. Serdar (derzeit verletzt) oder der hochgehandelte Verteidiger Ozan Kabak, 20, oder auch Weston McKennie, 21, müssen nun als Verkaufskandidaten gelten.

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Das Geld braucht Schalke nicht nur zur Sicherung des Budgets, sondern auch um prekäre Lücken im Kader zu schließen. Besonders dringend wird ein Ersatz für Torwart Alexander Nübel benötigt. Favorit ist Freiburgs Alexander Schwolow, 28, dessen bis 2022 laufender Vertrag mit dem Sportclub eine Ausstiegsklausel enthält. Offenbar gibt es bereits eine recht weit entwickelte Annäherung, Schwolow scheint nach zwölf Jahren in Freiburg ein Abenteuer wagen zu wollen. Markus Schubert, 21, und Rückkehrer Ralf Fährmann, 31, sind nicht als Stammkeeper vorgesehen. Auch nach einem Mittelstürmer mit verlässlicher Trefferquote sieht sich Schalke um. Ferner müsste Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny ersetzt werden, falls er zum FC Everton zurückkehren müsste.

Dem Schalker Management steht ein extrem arbeitsreicher Sommer bevor. Bis zu zehn Spieler könnten von ihren Leih-Engagements nach Gelsenkirchen zurückkehren. Darunter sind mehrere Profis, deren Gehälter weit über der jetzt definierten Grenze liegen: Außer Nabil Bentaleb, 25 (Newcastle), und Mark Uth, 28 (Köln), auch Sebastian Rudy, 30, der in Hoffenheim zwar seinen sportlichen Wert hat, der TSG mit seiner Jahresgage von rund sechs Millionen Euro aber zu teuer ist.

Verabschieden wird sich der Klub wohl von Daniel Caligiuri, 32. Für Benjamin Stambouli, 29, könnte es hingegen einen neuen Vertrag geben. Der Franzose hatte im vorigen Winter ein - deutlich reduziertes - Angebot zurückgewiesen, aber er erfährt jetzt, dass die Tarife für Spieler wie ihn in der Corona-Krise gesunken sind. Bei Sportvorstand Jochen Schneider, Trainer Wagner und beim Publikum hat Stambouli allerdings einen hohen Stellenwert.

Wie hoch Wagners Ansehen in der Klubführung ist, das wird sich zeigen, wenn Schalke in die nächste Saison startet. Der Trainer arbeitet auf Bewährung. So glücklich man mit Wagners Coaching während der Hinrunde war, so sehr gab er während der schlimmen Rückrunde Anlass für Zweifel. Wagners defensive, mitunter ängstliche Strategien und seine entsprechende Rhetorik werden kritisch gesehen.

Dass er eine neue Chance erhält, das hat wohl auch damit zu tun, dass eine Trennung teuer würde und eine überzeugende Alternative nicht zur Hand ist. Zugute kommt ihm vielleicht, dass auf Schalke nicht nur die Gehälter kleiner werden, sondern auch die Ansprüche. Europacup-Ambitionen sind vorerst passé.

© SZ vom 29.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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