Schalke 04 und seine Torhüter:Ein Gerry-Ehrmann-Schüler ärgert Kaiserslautern

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Wurde in der Pfalz von Gerry Ehrmann ausgebildet - nun pariert er gegen Kaiserslautern. (Foto: Schulze/Nordphoto/Imago)

Beim Schalker 3:0 gegen den FCK spielt das Team von Trainer Thomas Reis keineswegs überragend. Positive Erkenntnisse tun sich dennoch auf, etwa wegen eines Mannes namens Marius Müller.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Marius Müller hatte es eilig. Er müsse jetzt endlich mal zurückrufen, sagte er, "bevor Gerry noch sauer wird", und die Gelegenheit war ja auch mehr als passend. Schalkes neuer Torwart hatte im Paradespiel der zweiten Liga vor knapp 61 000 Zuschauern die Null gewahrt, was weniger das Verdienst seiner Vorderleute war als sein eigenes. Ferner galt es, ein 3:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern zu bereden, das gar nicht wie ein standesgemäßes 3:0 ausgesehen hatte. Und schließlich sind auch noch beide Teilnehmer engstens mit dem FCK verbunden. Ruf! Ihn! An!, lautete das Motto der Stunde.

Ob Müller, 30, seinen alten Lehrmeister Gerry Ehrmann, 64, erreicht hat, darüber hat Schalke 04 das Publikum bisher nicht unterrichtet. Aber man kann sich Ehrmanns typische Botschaft denken, nachdem Müller in seinem zweiten Einsatz für die Gelsenkirchener abermals geglänzt hatte wie der Torwart, den sich die Schalker seit Jahren wünschen, aber immer vergeblich zu importieren versucht haben.

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Ungefähr so dürfte es klingen: "Gut gemacht Junge, aber jetzt dranbleiben und noch härter arbeiten." Ehrmann, eher der Typ des Drill-Sergeants als des tüftelnden Professors und in dieser Eigenheit nicht nur eine Pfälzer Liga-Legende, hatte den aus Heppenheim in Hessen stammenden Müller beim FCK jahrelang das Torwartspiel gelehrt. 2018, nach Kaiserslauterns Abstieg in die dritte Liga, trennten sich die Wege: Müller ging zu RB Leipzig, Ehrmann in seine vorletzte Saison als Coach der Profi-Torhüter. Als sein Schüler 2019 zum FC Luzern wechselte, gab ihm Ehrmann ein stattliches Kompliment mit: Er verglich ihn mit Kevin Trapp, ebenfalls Absolvent der Lauterer Lehranstalt: "Müller hat keine Schwächen. Er war einer meiner besten Schüler und steht Kevin in nichts nach", sagte der Trainer der Luzerner Zeitung.

Im Sommer bezahlten die Schalker rund 400 000 Euro Ablöse für Müller. In Saudi-Arabien ist das ein Hosentaschenbetrag, in Gelsenkirchen eine große Summe. Schalke habe investiert, "weil der Verein auf dieser Position Qualität nachlegen wollte", sagt Müller, und diese keineswegs schüchterne Selbsteinschätzung deckt sich mit der Beobachtung von Cheftrainer Thomas Reis: Mülli, so nennt er den Neuen, sei "sehr von sich überzeugt: Als Torwart musst du ein bisschen verrückt sein - die Verrücktheit tut ihm gut". Der Mannschaft im Übrigen auch. , so nennen ihn die Mitspieler, strahle "Ruhe und Sicherheit aus und ist zur Stelle, wenn er gebraucht wird - das tut uns gut", befand Angreifer Kenan Karaman.

Coach Thomas Reis und seine Spieler hatten einen guten Abend in Gelsenkirchen - auch wenn mancher Fan beim 3:0 gegen Lautern pfiff. (Foto: Christof Koepsel/Getty Images)

Wenn Marius Müller sagt, er sehe sich "in der Rolle des Herausforderers - und die nehme ich an" - dann sollte der Herausgeforderte gut hinhören. Ralf Fährmann, demnächst 35 Jahre alt und schon als Aktiver längst ein Alt-Schalker im Rang von Gerald Asamoah und Mike Büskens, hatte sich seit Jahresbeginn mit starken Leistungen wieder die Nummer Eins auf dem Trikot verdient. Es war sein fünftes, sechstes oder siebtes heroisches Comeback im Tor der Blau-Weißen, die Historiker diskutieren noch. Aber mehrere Verletzungen kosteten ihn im Sommer die komplette Vorbereitung, immer noch muss er sich mit beschränktem Fitnesstraining begnügen. So scheint sich hier einerseits das nächste Fährmann-Drama anzubahnen, während sich andererseits die Lösung andeutet für die Probleme auf der Torwart-Position, die Schalke seit Jahren plagen.

Schalke antwortet gegen Lautern zügig mit einem Standardtor

Schon beim 3:5 in Hamburg hatte Müller Fährmann bestens vertreten. Am Samstagabend musste er gegen ein, wie Jogi Löw sagen würde, aufsässiges Kaiserslautern bereits nach vier Minuten den ersten Aha-Moment liefern. Marlon Ritter schoss platziert und hart aus kurzer Distanz, doch Müller wehrte schnell und geschmeidig ab. Schalke antwortete zügig mit einem Standardtor, das dem Schützen Simon Terodde zu einem weiteren Rekord verhalf - er hat jetzt in neun Zweitligaspielen hintereinander getroffen -, und ließ sich ansonsten durch die Geschenke des Gegners bescheren: Als Linksaußenverteidiger Thomas Ouwejan nach einem Abschlag die zwecks Abseitsfalle aufrückende Abwehr austrickste ("Sternzeichen fuchsmäßig", so Müller) und plötzlich allein aufs Ziel zu rannte, stürzte ihm Torhüter Andreas Luthe entgegen und verdiente sich gleich doppelt die rote Karte: für eine Notbremse und für sein rohes Foul.

Lauterns Torwart Andreas Luthe (l.) foult Schalkes Thomas Ouwejan und sieht die rote Karte. (Foto: David Inderlied/dpa)

Mit einem Torwart, der sich klüger zu verhalten weiß, hätte der FCK mehr erreichen können als Beifall für einen achtbaren Auftritt. Ein weiterer Feldverweis (Boris Tomiak, 57. Minute) begünstigte die Schalker, die sich jedoch für ihr schleppendes Spiel und die notorische Neigung zum Rückwärtsgang Pfiffe anhören mussten. Dies wiederum verärgerte Trainer Reis, der die meckernden Fans auf der Haupttribüne nach Karamans 2:0 (70.) mit Gesten der Genugtuung bedachte. Später gab er die Defizite in der Dynamik ebenso zu ("wir waren zu behaglich") wie Angstgefühle in Überzahl: Man habe halt als Aufstiegsfavorit "einen Riesendruck auf dem Kessel", und die neuen Spieler müssten sich erst "an das riesige Stadion gewöhnen".

Letzteres konnte Marius Müller nicht bestätigen. In der Schweiz sei ja alles "eine Nummer kleiner", sagte er und schwärmte von seiner neuen Heimat: "Was willst du mehr? Primetime, 60 000 und Flutlicht. Da bist du im maximalen Genießermodus."

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