Russland und das IOC:Suspendiert, aber nur mit Symbolcharakter

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Suspendiert: das Nationale Olympische Komitee Russlands. (Foto: Kirill Kudryavtsev/AFP)

Das Internationale Olympische Komitee verbannt das nationale Olympia-Komitee Russlands. Auf die Frage, ob russische Athleten 2024 in Paris teilnehmen könnten, hat der Schritt keinen Einfluss.

Von Thomas Kistner, Mumbai

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sich bei seiner Vorstandssitzung am Donnerstag im indischen Mumbai erstmals zu einem harten Schritt gegen die Sportverantwortlichen in Russland entschlossen. Das Nationale Olympische Komitee von Russland (ROC) wurde mit sofortiger Wirkung wegen eines massiven Verstoßes gegen die Olympische Charta suspendiert.

Auch wird jegliche Finanzierung durch die olympischen Geldtöpfe ausgesetzt. Der Kreml hatte dem IOC dafür allerdings eine Steilvorlage geliefert. Bisher hatte der Ringe-Konzern konsequent den Kurs verfolgt, Russlands Staatspräsident Wladimir Putin nicht zu brüskieren.

Seltene Härte: Thomas Bach und das IOC hatten bislang konsequent den Kurs verfolgt, Russlands Staatspräsident Wladimir Putin nicht zu brüskieren. (Foto: Indranil Mukherjee/AFP)

Unter dem zumindest seinerzeit Putin-nahen deutschen Wirtschaftsanwalt Thomas Bach hatte das IOC wegen seiner milden Haltung in der russischen Staatsaffäre rund um die dopingverseuchten Winterspiele 2014 in Sotschi viel internationale Kritik auf sich gezogen, auch aus dem Lager des organisierten Sports.

Das IOC erkennt, dass es sich öffentlich nicht weiter von Russland vorführen lassen kann

Diesen Kurs setzte das IOC auch nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine fort. Erneut verhängte es keinen klaren Bann gegen die Teilnahme russischer Athleten bei den Sommerspielen 2024 in Paris. Die Suspendierung des Olympiakomitees in Mumbai erfolgt jetzt als Reaktion auf dessen provokante Entscheidung, Mitglieder aus illegal annektierten ukrainischen Gebieten aufzunehmen. Am 5. Oktober begrüßte das ROC die olympischen Gremien der Regionen Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja als Mitglieder bei seiner Vorstandssitzung. Die vier Gebiete waren im Vorjahr von Russland annektiert worden.

Vergangene Woche hatte der ukrainische NOK-Chef Vadym Guttsait einen Brandbrief ans IOC geschickt - den Bach bereits am 7. Oktober mit der Ankündigung einer Untersuchung und Entscheidung in Mumbai beantwortete.

Der Vorgang zeigt, dass das IOC erkennt, dass es sich öffentlich nicht weiter von Russland vorführen lassen kann. Auf die Kernfrage allerdings, ob und unter welchen Bedingungen und Prüfungen russische Athleten an den Paris-Spielen im kommenden Sommer teilnehmen dürfen, hat die Suspendierung des ROC keinen Einfluss. Vorerst hat der Schritt eher symbolischen Charakter. Seit Jahrzehnten sind Putins Funktionäre im globalen Sport und dessen zahlreichen Verbänden derart gut vernetzt, dass sie auch weiter massiv Einfluss ausüben können. Mumbai macht nun zumindest die internen Spannungen erstmals sichtbar.

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