Nico Rosberg hält das oft so: Wenn er merkt, dass er gerade etwas gesagt hat, was gegen ihn ausgelegt werden könnte, versucht er, die Worte wieder einzufangen. Nach dem Großen Preis von China am Sonntag in Shanghai zeigte er den Reflex erneut.
Als der einstige Formel-1-Fahrer Martin Brundle ihn auf dem Siegertreppchen zu dem zweiten Platz befragte, den er mit fast 20 Sekunden Rückstand auf seinen Teamkollegen Lewis Hamilton belegt hatte, sagte Rosberg als Erstes, was er gleich nicht sagen werde: "Ich will nicht sagen, dass ich noch in der WM-Wertung führe, weil das klingt, als werde das bald nicht mehr der Fall sein", sagte Rosberg. Und damit war schon viel zu diesem Grand Prix gesagt.
Rosberg oder Hamilton - die Zeichen, dass sich das Titelrennen auf diese Frage zuspitzt, verdichten sich weiter. Im vierten Rennen der Saison gelang der Mercedes-Mannschaft der vierte ungefährdete Sieg. Es war nun schon der dritte Doppelschlag nacheinander - eine Serie, die zuletzt Ferrari glückte, vor einer Dekade, in den seligen Schumacher-Barrichello-Jahren.
Der schnellste Nicht-Mercedes-Fahrer, Fernando Alonso im Ferrari, war erneut fast eine halbe Minute zurück. Bis zum nächsten Rennen Mitte Mai in Barcelona haben die Konkurrenten nun zwar drei Wochen Zeit, um etwas aufzuholen. Zu erwarten, die Dominanz der Silbernen könne sich so schnell auflösen, ist aber vermessen.
"Verdammt schnell" sei sein Formel-1- Mercedes derzeit, hat Rosberg zum Abschied aus Shanghai den Jägern ausgerichtet. Neben der Tatsache, dass er in der Fahrerwertung mit 79 Punkten weiter auf Platz eins notiert wird, war das seine frohe Osterbotschaft. Die aber wird getrübt von vielen weit weniger heiteren Nachrichten.
Zum dritten Mal nacheinander kam Rosberg hinter Hamilton an, der beim ersten Rennen ausfiel. Der Erste bekommt sieben Punkte mehr als der Zweite. Setzt sich der Trend fort, muss Rosberg die Nummer eins im Fahrerklassement beim Spanien-Grand-Prix an den Rivalen weiterreichen, der ihm am nächsten steht und aktuell 75 Punkte hat. Dass es so kommen könnte, ahnt nicht nur Rosberg.
Wer genau hinhörte, konnte nach dem China-Auftritt in den Aussagen von Niki Lauda vielsagende Zwischentöne hören: "Der Lewis, ein Start-Ziel-Sieg, wie er im Buch steht, weltmeisterlich", lobte der Chef des Aufsichtsrats des Formel-1- Teams von Mercedes in seinem üppig dotierten Zweitjob als Experte am RTL- Mikrofon. Der 29 Jahre alte Brite befinde sich, so Lauda, "in Höchstform". Zu dem ein Jahr jüngeren Rosberg fiel Lauda ein: "Der Nico ist auch in guter Form."