Robben und Ribéry:Ein Gefühl von Trennungsschmerz

Lesezeit: 3 min

Arjen Robben winkt den Fans nach Schlusspfiff. (Foto: REUTERS)
  • Gegen Hannover 96 spielen Arjen Robben und Franck Ribéry vielleicht zum vorletzten, vielleicht auch zum letzten Mal gemeinsam in München für den FC Bayern.
  • Das Stadion feiert beide Spieler euphorisch. Ribéry schießt ein Tor.
  • Arjen Robben spricht dagegen noch nicht vom Abschied - sondern vom Bundesliga- und vom Pokalfinale.

Von Jonas Beckenkamp, München

Plötzlich war er gekommen, dieser eine Moment, in dem dann doch noch mal alles still stand. 17:20 Uhr am Samstagnachmittag, Nieselregen im Münchner Norden - und zehntausende Augenpaare fixierten noch einmal den Rasen, obwohl gegen den Sparringspartner Hannover 96 eigentlich schon alles entschieden war. Ein Freistoß für den FC Bayern, im Radio hätten sie "halblinke Position" gesagt, bereit stand: Arjen Robben.

Die Kollegen hatten ihrem ewigen Robben diesen Moment geschenkt, wie er später erzählte. Robben durfte schießen, dabei "war es eigentlich eine Rechtsfuß-Position", so der Niederländer. Arjen Robben ist zwar eher das Gegenteil von einem Rechtsfuß, aber er bekam jetzt "ein Geschenk von der Mannschaft". Weil es sein Moment war. Und so schoss Robben mit links, ein wenig zu fest, etwas zu hoch, der Ball zischte in die Südkurve - Chance vorbei, die Spannung löste sich. "Es war hochemotional, ich bin sehr dankbar", sagte Robben trotzdem.

FC Bayern
:Ein selbstkritischer Beinahe-Meister

Die Münchner marschieren Richtung Titel - finden ihre Leistung beim 3:1 gegen Hannover aber nicht so berauschend. Viele Spieler stimmen Franz Beckenbauers Generalkritik zu.

Von Maik Rosner

Wer die Szenen beim 3:1 (2:0) gegen Hannover miterlebte, konnte die Wehmut physisch spüren, die in der Welt des FC Bayern mit der Figur Robben verbunden ist. Bayerische Saudade kursierte sozusagen durch die Arena, dieses Gefühl des Trennungsschmerzes, das man sonst nur von portugiesischen Seefahrern kennt. Robben und Franck Ribéry, der andere denkmalgeschützte Protagonist der letzten zehn Bayernjahre, diese beiden haben in München einen Zyklus geprägt. Und so bekamen sie in diesem an sich recht unspektakulären Fußballspiel noch einmal ihr persönliches Liedgut zu hören. Die Bayernfans schunkelten zu "oooh, Franck Ribéryyyy" und sie sangen ein Lied für Robben, den Held von Wembley, der dem Klub seinen letzten richtig großen Triumph bescherte.

Ob Robben seine Karriere beendet, steht noch nicht fest - genauso wie Ribérys Abschied

"Ich konnte die Plakate sehen," sagte auch Joshua Kimmich ergriffen, "Mr. Wembley stand da, es war schon extrem emotional, als Arjen hereingekommen ist." Dem Gefeierten blieben am Ende nur wenige Minuten Einsatzzeit, als er in der 86. Minute für Kingsley Coman eingewechselt wurde. "Beim Stand von 2:0 habe ich gehofft, dass es vielleicht etwas länger geht für mich, aber daraus wurde leider nichts", erzählte Robben, immer noch aufgewühlt von den Ovationen. Gleichzeitig sprach er etwas betrübt, denn so viele Einsätze vor den eigenen Fans bleiben ihm nicht mehr. Es bleibt ihm genau gesagt noch einer: am letzten Spieltag gegen Frankfurt.

Wenn von Robben die Rede ist, geht es oft um sogenannte "Leidenszeiten". Phasen seiner Verletzungsabsenzen, in denen keiner so recht weiß, wann er zurückkehrt. Die vergangene dauerte wieder einmal über fünf Monate. Erst die Wade, dann der Rücken, irgendwann dazwischen dann zwei gezogene Backenzähne samt Entzündung. "Wenn Du eine Stunde Zeit hast, erkläre ich es Dir alles im Detail," meinte der Niederländer mit einem leicht bitteren Grinsen zu einem Reporter, der seine Blessuren genau analysiert haben wollte.

Aber alle Blessuren waren in dieser Schlussphase des Spiels gegen eine völlig unterlegene Mannschaft aus Hannover vergessen. Was die Bayern in dieser Partie an Gefühligkeit erlebten, war ja nur der Auftakt für die Abschiedsrunde von Robben und wohl auch von Ribéry. Bei Robben steht schon fest, dass er Bayern verlässt - was nicht feststeht ist, ob er im Sommer gleich ganz mit dem Fußball aufhört. "Ich habe noch keine Entscheidung getroffen", sagte er, "ich wollte ja erst mal wieder fit werden." Er liebe den Fußball, meinte er, es klang wie: So kann es eigentlich nicht enden. Und überhaupt, eigentlich "will ich weiterspielen".

Das gilt wohl auch für Ribéry, den zweiten Hauptdarsteller dieses Nachmittags. Bayerns allerliebster Franzose dürfte ebenso keine Rolle mehr spielen in der kommenden Saison, der Umbruch schreitet ja voran. Doch so ganz endgültig ist bei ihm noch nichts. Und so nutzte Ribéry noch einmal die Zeit nach seiner Einwechslung in der 71. Minute, um bei allen Beobachtern die Erinnerung aufzufrischen. Die Erinnerung an "einen Spieler, der hier Wahnsinniges geleistet hat", wie Kollege Kimmich hervorhob. Im Gegensatz zu Robben veredelte Ribéry seinen Auftritt schließlich noch mit einem Tor. Ein Haken jener Sorte, wie er sie tausendfach aufgeführt hat in München - so konnte er in der 84. Minute den Endstand herstellen.

Vielleicht war es auch bei ihm schon ein vorgezogener Abschiedsgruß. Zumindest deutete sein ausgiebiger Dank an die Südkurve nach dem Tor darauf hin, dass auch bei ihm la fin naht. Robben und Ribéry, diese beiden Evergreens, sie sind zum Schluss ihrer Schaffensphase in München noch einmal drauf und dran, die Meisterschaft zu holen. "Das Spiel gegen Frankfurt am letzten Spieltag wird vielleicht sogar noch schöner als das Pokalfinale", sagte Robben noch. Er hofft auch dort auf seinen Moment. Er sei schließlich nicht nur zum Abschiedswinken ein letztes Mal zurückgekommen. Arjen Robben sagte tatsächlich: "Vielleicht kann ich noch den Unterschied machen."

© SZ vom 05.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Dortmunds 2:2 in Bremen
:Eine Mannschaft verliert kollektiv die Nerven

Nach einer mehr als überzeugenden ersten Halbzeit vergibt Dortmund den Sieg durch zwei unerklärliche Fehler. Claudio Pizarro trifft für Werder - und irgendwie auch für den FC Bayern.

Von Ralf Wiegand

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: