Reformen beim Fußball-Weltverband:Wie die Fifa ihr Image aufbessern will

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Präsentiert am 11. Juni die neuen Kritierien bei der WM-Vergabe: Sepp Blatter (Foto: AP)
  • Die Fifa will am 11. Juni vorstellen, welche neue Regeln gelten, um bei der nächsten WM-Vergabe Korruption zu verhindern. Kriterien wie ökologische Verantwortung, Menschenrechte und Korruptionsindex sollen berücksichtigt werden.
  • Doch grundlegende Reformen hat der Fußball-Weltverband nicht umgesetzt. Viele Vorschläge von Antikorruptionsexperten wurden abgelehnt.

Von Lisa Sonnabend

Meldungen über die Fifa handeln in diesen Tagen von unschönen Dingen: von Korruptionsfällen, Schmiergeldaffären oder Funktionären, die in Abschiebehaft sitzen. Das missfällt dem Fußballweltverband gewaltig - und so versuchen die Kommunikationsexperten alles Mögliche, um Sepp Blatter und seine Kollegen in einem positiveren Licht erscheinen zu lassen.

Am Sonntagabend nahm deswegen Fifa-Sprecher Alexander Koch in der Talkrunde von Günther Jauch Platz. Eine Stunde lang verteidigte er seinen Arbeitgeber mit teils kruden Argumenten gegen die heftigen Vorwürfe, doch er versuchte auch immer wieder gezielt, Verheißungsvolles anzusprechen. Am 11. Juni werde die Fifa ein umfangreiches Reformprojekt präsentieren, gab Koch bekannt. Das solle die Richtlinien bei der umstrittenen WM-Vergabe viel transparenter regeln.

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Vor allem die Ungereimtheiten um die vergangenen WM-Vergaben stürzten die Fifa in das Schlamassel. 2010 verteilten die Mitglieder des Exekutivkomitees gleich zwei Turniere auf einmal. Das gab Deals und Mauscheleien großen Raum. Die Folgen sind nun zu erleben: Die amerikanischen und Schweizer Behörden ließen in Zürich sieben Funktionäre wegen Verdachts auf Korruption in Millionenhöhe festnehmen, an der Entscheidung beteiligte Mitglieder sollen demnächst vernommen werden, weitere Anklagen gelten als wahrscheinlich. Fifa-Sprecher Koch glaubt nun, dass es künftig nicht mehr zu derartigen Szenarien kommen werde. Wegen der Reformen, die der Weltverband für die kommenden Jahren eingeleitet habe.

Tatsächlich hat sich seit der Vergabe 2010 etwas getan. Am 10. Mai 2017 in Kuala Lumpur bestimmt nicht mehr das Exekutivkomitee, wer die Weltmeisterschaft 2026 ausrichten darf, sondern der Kongress. Statt 25 Mitgliedern sind dann 209 Delegierte in die Entscheidung involviert. Für Bewerber soll es deutlich aufwändiger werden, die Mehrheit der Fifa-Wahlmänner für sich zu gewinnen. Oder gar zu korrumpieren.

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Das Exekutivkomitee ist künftig nur noch für die Vorauswahl zuständig und stellt dem Kongress bis zu drei Vorschläge zur Wahl. Derzeit haben unter anderem USA, Kanada, Mexiko und Marokko Interesse an dem Turnier 2026.

Die Reform beschloss die Fifa 2011 auf dem Kongress in Mauritius. Mit 198:2 Stimmen wurde sie verabschiedet - als Konsequenz aus den Korruptionsvorwürfen um Russland und Katar. Zudem darf nur noch eine Weltmeisterschaft pro Wahl vergeben werden. An jenen Maitagen auf Mauritius wurde auch festgelegt, dass bei der WM-Vergabe von nun an Kriterien wie ökologische Verantwortung, Menschenrechte und Korruptionsindex berücksichtigt werden sollen. Ein Turnier in Katar wäre dadurch kaum mehr vorstellbar. Auf dem von Sprecher Koch angekündigten Treffen am 11. Juni will die Fifa diese Kriterien näher erläutern.

Interessant ist allerdings, was auf dem Kongress auf der paradiesischen Insel alles nicht beschlossen wurde. Der Fußballverband hatte für die Erneuerung das externe Beratungsgremium IGC angeheuert, in dem Antikorruptionsexperten saßen. Doch "die Fifa war resistent für alle unsere Vorschläge zur Korruptionsbekämpfung", sagte damals Alexandra Wrage, Präsidentin der Antikorruptionsanalysten von Trace International und Mitglied des Beratungsgremiums.

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Zahlreiche IGC-Vorschläge wurden von der Fifa nicht umgesetzt. Unabhängige Mitglieder im Exekutivkomitee? Abgelehnt. Eine Überprüfung der Integrität von Fifa-Funktionären durch externe Personen? Kein Bedarf. Offenlegung der Gehälter und Boni? Vertagt. Eine Beschränkung der Amtszeit auf acht Jahre? Bitte nicht. Eine Altersgrenze für Funktionäre? Von der Agenda geworfen.

Wenn die skandalumwitterte Fifa am 11. Juni die neuen Richtlinien präsentiert, wird sie diese wohl als großen Wurf darstellen. Positive Nachrichten kann sie gut gebrauchen. Korruption? Ist nun kaum noch möglich, wird sie der Fußballwelt weismachen wollen.

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Doch Präsident Sepp Blatter räumte vor zwei Jahren selbst ein, dass es sich bei den Reformen um keine tiefgreifende Erneuerung handele. "Letztlich sind die verbliebenen Punkte unserer großen Reformliste enthalten", sagte der Präsident. "Wenn auch vielleicht nicht in der Form, wie sich mancher das erhofft hat." Es könnte sein, dass sich Blatter in der kommenden Woche euphorischer gibt.

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