Basketball-Euroleague:Die Tränen des Meisters

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Emotionale Ehrerbietung: Bei seinem ehemaligen Klub Real Madrid wurde Meistercoach Pablo Laso minutenlang gefeiert. (Foto: Joerg Nieberga/Eibner/Imago)

Der FC Bayern unterliegt Titelverteidiger Madrid 73:88. Real bereitet seinem ehemaligen Meistercoach Pablo Laso einen emotionalen Empfang - und zeigt dessen neuem Team die Grenzen auf.

Von Ralf Tögel

War das eine Träne bei Pablo Laso? Im Rund des Wizink Centers in Madrid jedenfalls flossen bei so manchem der 8417 Zuschauer die Tränen der Rührung bei diesem Wiedersehen mit ihrem ehemaligen Trainer. Der 56-Jährige hat bei den königlichen Basketballern in seiner elfjährigen Amtszeit eine Ära geprägt und neben sechs Meisterschaften zweimal die Euroleague-Krone gewonnen, mehr geht nicht im europäischen Basketball. So bedurfte es der donnernden Stimme des Hallensprechers, um die Standing Ovations für Laso abzuwürgen, schließlich war ja noch eine Euroleague-Partie zu spielen. Und ja, zwischenzeitlich hatte sich auch der Geehrte die Augen gewischt, die Emotionen bei der ersten Rückkehr an die alte Wirkungsstätte waren auch kaum zu überbieten. Auf dem Parkett allerdings erkaltete die Liebe etwas, denn Real Madrid bezwang den FC Bayern, den Laso seit dieser Saison anleitet, nach einigen Anlaufschwierigkeiten mit 88:73 Punkten und bleibt souveräner Tabellenführer der kontinentalen Königsklasse.

Welchen Heldenstatus Laso in Madrid genießt, kleidete sein Nachfolger in bewegende Worte: "Wenn Pablo heimkehrt, ist ihm die Zuneigung der Menschen gewiss. Er hat so viele gute Dinge für den Klub hinterlassen, er ist eine Legende." Chus Mateo hat das gesagt, der nicht nur als jahrelanger Assistenztrainer von Laso gelernt, sondern ihn auch beerbt hat. Den Wert dieser Lehrjahre stellte Mateo mit dem Euroleague-Titelgewinn in seiner Debütsaison als Chef unter Beweis, auch in der aktuellen Spielzeit sind die Königlichen das Maß der Dinge im europäischen Basketball.

Isaac Bonga war bester Münchner Punktesammler, musste aber die Überlegenheit des Titelverteidigers (links Facundo Campazzo) anerkennen. (Foto: Joerg Nieberga/Eibner/Imago)

Wenngleich Laso ihnen mit seinem neuen Team drei Viertel lang überraschend effektiv zusetzte. Nach einem 0:8-Rückstand fingen sich die Bayern schnell, Carsen Edwards, der wie Spielmacher-Kollege Sylvain Francisco elf Punkte sammelte und zu überzeugen wusste, traf mit einem Dreier zum 23:19 nach den ersten zehn Minuten. Auch in der Folge blieb der FCB ein gleichwertiger Gegner, Weltmeister Isaac Bonga glänzte als Topscorer (15 Punkte) und stibitzte den Madrilenen immer wieder Bälle. Unter dem Korb überzeugte Devin Booker mit wuchtigen Dunks und 14 Punkten. Serge Ibaka, der während des NBA-Lockouts 2011 unter Laso ein Kurzgastspiel bei den Königlichen hatte, wollte sich augenscheinlich in Erinnerung rufen und setzte immer wieder offensiv wie defensiv Akzente.

Die Bayern sind drei Viertel lang gleichwertig, dann offenbart der Champion seine Klasse

So waren die Münchner vor dem finalen Viertel trotz eines 57:63-Rückstands aussichtsreich dabei, dann aber offenbarte der Champion seine Klasse und entschied das Spiel mit einem 14:0-Lauf. Den Unterschied wusste Laso natürlich zu erklären: "Wir haben zwei, drei Minuten den Rhythmus verloren, das beste Team der Euroleague bestraft so etwas." In der Tat genügten dem Gastgeber eine Handvoll Münchner Unaufmerksamkeiten. Der Meister zeigte dem talentierten Emporkömmling mit eiserner Faust die Grenzen auf. Denn keine Mannschaft ist qualitativ derart hochwertig und breit besetzt wie Real, vornehmlich die Altmeister Facundo Campazzo (11 Punkte), Sergio Rodriguez (11) und der unverwüstliche Sergio Llull, mit 16 Zählern bester Werfer, machten den Unterschied.

Allesamt nicht nur ehemalige Spieler von Laso, sondern gute Freunde - die Analyse des 36-jährigen Routiniers Llull geriet schon fast zur Entschuldigung: "Pablo hat mir so viel über Basketball und das Leben beigebracht, ich liebe ihn. Aber heute mussten wir Basketball spielen."

Laso hatte Madrid vor einem Jahr nicht freiwillig verlassen. Während der Meister-Playoffs setzte ihn ein Herzinfarkt außer Gefecht, Real war das Risiko der Rückkehr zu groß, man setzte den Assistenten an die Stelle des Meisters. "Unser Stil ist eine Fortführung dessen, was Pablo dem Team implementiert hat", bekannte Real-Coach Mateo nun: aus einer körperlich starken Abwehr mit blitzartigem Umschaltspiel zu schnellen Körben zu kommen, den Abschluss aus der Distanz zu suchen und sich mit robustem Rebound-Spiel zweite Wurfchancen zu sichern. Freilich hat Laso in München nicht die Klasse der Königlichen im Kader, aber eine stimmige Mischung aus Hochtalentierten und international bewährten Routiniers. Und seine Handschrift ist dem Spiel der Bayern immer deutlicher anzusehen. Am Sonntag gastiert Meister Ulm (15 Uhr) in der Bundesliga. Und mit den Königlichen wird es auch noch ein Wiedersehen geben.

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