Transfers von RB Leipzig:60 Millionen plus X

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Freudenmomente nach dem Siegtor in der Nachspielzeit: Torschütze Dominik Szoboszlai (links) und Vorbereiter Christopher Nkunku nach dem 2:1 gegen Bremen. (Foto: Roger Petzsche/Imago)

RB Leipzig muss im Sommer finanzielle Vorgaben der Uefa erfüllen. Die Abschiede von Christopher Nkunku und Konrad Laimer gelten als sicher, doch mindestens ein weiterer Profi muss sich wohl teuer verabschieden.

Von Javier Cáceres

Siege, die in letzter Minute erzielt werden, setzen gemeinhin besondere Emotionen frei. Doch ausgerechnet beim Siegtorschützen Dominik Szoboszlai brach der Adrenalin-Nachschub nach Schlusspfiff so abrupt ab, dass er nach dem in später Nachspielzeit gesicherten 2:1-Erfolg gegen SV Werder Bremen in klaren, kühlen und deutlichen Worten über seine berufliche Zukunft sprechen konnte.

"Wir haben noch drei Spiele. Für diese drei Spiele bin ich auf jeden Fall noch bei RB Leipzig. Ich möchte gern Champions League spielen ...", sagte Szoboszlai beim TV-Sender Dazn - und präzisierte seine Aussage umgehend in einer Weise, die aufhorchen ließ: "... in die Champions League kommen mit RB Leipzig". Was nach dem Sommer passiere? "Werden wir sehen." Auch seine Replik auf die Frage, ob er "auf jeden Fall" in Leipzig bleibe, war von juristischer Akkuratesse: "Das habe ich nicht gesagt." Wird Szoboszlai also zum nächsten Reisenden, den Leipzig nicht aufhalten kann oder sollte?

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Die Kandidaten für eine derartige Rubrik häufen sich auf dem Schreibtisch von Manager Max Eberl. Er ist seit Ende 2022 im Amt und muss nun erleben, wie die Freude über die absehbare Champions-League-Qualifikation (Leipzig ist Tabellendritter, vier Punkte vor Freiburg auf Platz fünf) von der Arbeit erstickt wird, die ein Kaderumbruch in Verbindung mit eigenen finanziellen Vorgaben und den Anforderungen der europäischen Fußball-Union Uefa machen. Denn RB Leipzig muss der Uefa Transfereinnahmen in Höhe von knapp 150 Millionen nachweisen. In diese Summe sind die bisher als Zugänge feststehenden, verheißungsvollen RB-Salzburg Profis Benjamin Sesko und Nicolas Seiwald, die mit Ablösen im mittleren zweistelligen Millionenbereich zu Buche schlagen, bereits eingepreist.

Klar ist, dass Konrad Laimer ablösefrei wechseln wird - ihn zieht es offenkundig zum FC Bayern. Leipzig muss und will daher an anderer Stelle Einnahmen generieren. Zum Beispiel durch einen Verkauf von Stürmer André Silva, der in Leipzig nicht an seine Glanzzeit bei Eintracht Frankfurt anknüpfen konnte, sondern eher an den Silva erinnerte, der bei Stationen wie dem AC Milan und FC Sevilla nur kurz aufblühte. Auch für andere Spieler würden Angebote wohl angehört werden: zum Beispiel für Yussuf Poulsen, Lukas Klostermann oder Amadou Haidara.

Christopher Nkunku, der sich langsam der Bestform nähert, steht beim FC Chelsea im Wort

Derzeit verliehene Spieler wie Ilaix Moriba (FC Valencia/Spanien), Josep Martínez (CFC Genua/Italien), Tom Krauß (FC Schalke 04) und vor allem Alexander Sörloth (Real Sociedad San Sebastián/Spanien) und Angeliño (TSG 1899 Hoffenheim) dürften in Summe für Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich sorgen. Sie würden sich zu den 60 Millionen Euro summieren, die Leipzig für den Stürmer Christopher Nkunku erhalten wird. Der Franzose, der gegen Bremen nach dem 0:1 zur Aufholjagd blies und die Tore durch Willi Orban (87.) und Szoboszlai (90.+6) glänzend vorbereitete, steht beim FC Chelsea im Wort. 60 Millionen plus X lautet also die Rechnung, die derzeit in Leipzig aufgemacht wird -und von der man wohl nur eins sagen kann. Dass das "X" allein nicht reichen wird, um die 150-Millionen-Vorgabe der Uefa zu erfüllen. Womit wir wieder bei Szoboszlai wären.

Hellwach in der Nachspielzeit: Dominik Szoboszlai (Nummer 17) trifft zum 2:1 gegen überforderte Bremer. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Denn hier wird vom Interesse eines finanzkräftigen Premier-League-Klubs geraunt. Newcastle United, als Tabellendritter designierter Champions-League-Teilnehmer, soll eine Verpflichtung des Ungarn in Erwägung ziehen und könnte sie auch bezahlen. Szoboszlai ist bis 2026 an Leipzig gebunden, und in seinem Vertrag steht eine üppige Auflösungsklausel: Für 70 Millionen Euro darf er gehen. Newcastle gehört zum Imperium des saudischen Staatsfond PIF.

Nun ist da noch der Fall Dani Olmo. Dem Spanier wurde vor wenigen Wochen ein deutlich verbessertes Angebot vorgelegt, über das noch nicht abschließend gesprochen worden ist. Aus Gründen höherer Gewalt musste eine für vergangene Woche anberaumte Verhandlungsrunde, die als mindestens vorentscheidend galt, verschoben werden.

Die Wechselabsichten diverser Kollegen haben Dani Olmo nachdenklich gemacht. Soll er bleiben, wenn Stützen wie Szoboszlai gehen?

Die Frage, ob Olmo Leipzigs Offerte akzeptiert, ist eng mit der Kaderplanung fürs kommende Jahr verbunden. Die Wechsel von Nkunku und Laimer haben Olmo nachdenklich gemacht; ein Abschied von Szoboszlai würde in dieser Logik die Perspektiven Leipzigs, Olmos Vertrag zu verlängern, eher verschlechtern: Szoboszlai hat unter dem Trainer Marco Rose zu der Stärke zurückgefunden, die aus ihm bei RB Salzburg einen der aufregendsten Spieler des Kontinents gemacht haben; ein Wechsel der ungarischen Offensivkraft würde die Optionen, im kommenden Jahr um Titel zu kämpfen, eher unterminieren - und Titel sind Olmos Obsession. Er will daher wissen, wie der RB-Kader aussieht, an dem Eberl gerade im Stillen feilt.

Umgekehrt würde sich bei RB Leipzig der Zwang erhöhen, Olmo im Sommer zu versilbern, wenn der Spanier das Leipziger Angebot ausschlagen sollte. Denn andernfalls würde er im kommenden Jahr ablösefrei wechseln können - was Leipzig vermeiden will. Eine weitere Verkaufsoption bleibt der mutmaßlich teuerste Spieler im Kader: Josko Gvardiol, der als einer der besten Innenverteidiger Europas gilt. Er soll aber nur dann nicht gehalten werden, wenn ein obszönes Angebot im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich ins Haus flattern sollte. Was passieren kann.

Auch jenseits der Personalien kreisten die Debatten um Themen, die eher wenig mit dem Fußball an sich zu tun hatten. Der Grund: Beim Stand von 0:0 war den Leipzigern ein Tor aberkannt worden, weil der Videoschiedsrichter vor dem Treffer von Nkunku ein Foul von RB-Verteidiger Simakan an Werder-Spielmacher Bittencourt gesehen hatte. Dass der Videoreferee sich meldete, war schon fragwürdig, weil von einer eklatanten Fehlentscheidung nicht die Rede sein konnte. Dass der Feldschiedsrichter die Szene, die er zunächst als legal eingestuft hatte, dann anders bewertete, war noch fragwürdiger.

"Meine Meinung zum VAR kennt man ja: Abseitstore kontrollieren, ansonsten lasst die Jungs auf dem Platz entscheiden - denn er hat richtig entschieden", sagte Trainer Rose. Er plädierte für eine Umwidmung des berühmten Kölner Kellers, in dem der VAR sitzt. "Macht bezahlbaren Wohnraum daraus oder Lagerboxen für Möbel - aber hört auf mit dem Unsinn!"

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Fassung des Artikels hieß es, Leipzig müsse aufgrund von Financial-Fair-Play-Vorgaben der Uefa 150 Millionen Euro einnehmen. Das ist nicht korrekt. Es handelt sich um eigene Vorgaben und finanzielle Anforderungen der Uefa zur wirtschaftlichen Nachhaltigkeit.

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