RB Leipzig:Für Rangnick zählt nur die Bundesliga

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Erlebte in Salzburg einen unschönen Abend: Leipzigs Trainer Ralf Rangnick. (Foto: AP)
  • Ralf Rangnick hält sich nicht lange mit der Niederlage in Salzburg auf, Priorität hat für ihn die Bundesliga, wo Leipzig am Sonntag auf Gladbach trifft.
  • "Unsere Festspiele sind die Champions League", sagt der Trainer.
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Von Sebastian Fischer, Salzburg

So ähnlich hat er sich das bestimmt vor ein paar Jahren vorgestellt, so ähnlich hat er sich das vielleicht sogar mal gewünscht. Nach einem Europapokalspiel beglückwünschten sich lauter Fußballer in Bullen-Trikots oder Bullen-Jacken. Die aus Leipzig schauten traurig, die aus Salzburg hatten 1:0 gewonnen und feierten. Die Gelegenheit wäre günstig gewesen, Fotos für die Vereinschronik aufzunehmen. Aber eine wichtige Person hätte auf den Bildern gefehlt. Ralf Rangnick war längst in die Kabine verschwunden, mit einem Gesichtsausdruck voller schlechter Laune.

Salzburg gegen Leipzig, das zweite "Brause-Duell" der Europa-League-Saison, hat am Donnerstag nicht die Debatten über Wettbewerbsverzerrung heraufbeschworen, über die zuvor gemutmaßt wurde: Salzburg, Hauptsponsor Red Bull, hat nach dem 3:2 im Hinspiel erneut gewonnen und steht in der Zwischenrunde; Leipzig, Anteilseigner Red Bull, scheidet aus, falls Salzburg am letzten Gruppenspieltag nicht Celtic Glasgow schlägt. Der Abend erzählte stattdessen viel über die Beziehung zwischen zwei lange verwandten Klubs - und über die Ambitionen von Rangnick, 60, Leipzigs Trainer und Sportdirektor.

Im Sommer, im Trainingslager vor der Saison, saß er sehr entspannt auf einer Hotelterrasse in Tirol. Er verneinte damals nicht, dass dieses von ihm mitentwickelte Modell weiterhin funktionieren könnte: Spieler von bewährten Scouts entdecken lassen, in Salzburg erproben, die besten nach Leipzig transferieren - so, wie es in der Vergangenheit oft ablief und oft heftig kritisiert wurde. Doch schon im Sommer musste Rangnick registrieren, dass dieses Modell nicht nur wegen der Reglementierung der Uefa schwerfiel - der Verband will die Integrität seines Wettbewerbs wahren, in dem nun erstmals beide Red-Bull-Klubs aufeinandertrafen. Salzburg wehrte sich auch aus eigenen Ambitionen gegen einen Transfer: den von Mittelfeldspieler Amadou Haidara, 20, Salzburgs größtem Talent. Und so war im Sommer erstmals seit 2013 unter Leipzigs Zugängen kein Spieler aus Salzburg.

Nun, am Donnerstagabend, saß Rangnick in der Pressekonferenz im Salzburger Stadion, wo er von 2012 bis 2015 als Sportdirektor beider RB-Filialen gearbeitet hat. Er saß dort eher unentspannt. Zuvor hatte er beobachten müssen, wie seine Mannschaft fast chancenlos verloren hatte. Und die Salzburger Fans hatten ihn verspottet.

"Ich hab keine negativen Gesänge oder Sprechchöre gehört", sagte Rangnick zwar, aber die Transparente hatte er schon gesehen. Auf einem stand: "Wo alles begann: Das Original, seit 1933 in Salzburg." Ganz ehrlich, sagte er dazu: "So viel mehr Tradition hat Salzburg jetzt auch nicht." In Österreich krempelte der Brausekonzern den SV Austria im Jahr 2005 um, in Leipzig den SSV Markranstädt im Jahr 2009.

Auf einem anderen Transparent stand: "Nach Europa-League-Aus: Sportdirektor Rangnick wirft seinen Trainer raus." Nun ja, sagte Rangnick: Salzburgs Erfolg, der habe übrigens auch mit ihm zu tun, er habe 2012 eine neue Spielweise etabliert, Transfers getätigt, und: "Den Chefscout, den habe ich damals hierher geholt."

Nun wirkt es für Außenstehende eher albern, wenn sich die immer noch vom selben Konzern begünstigten Schwesterklubs wie große Rivalen gerieren; eher wie eine Zankerei unter Jungen Liberalen darüber, wer der coolere ist. Doch die Frage, ob sich Salzburg weiter von Leipzig emanzipiert, ist auch für Gegner interessant.

Salzburg hatte das Spiel gerade zu Beginn deutlich bestimmt, obwohl Leipzig ja einen Sieg für das Fortkommen im Wettbewerb brauchte. Den Gästen gelang aber wenig, nach 20 Minuten wies die Statistik aus, dass gerade mal die Hälfte von rund 40 ihrer Pässe beim Mitspieler angekommen war, viel besser wurde es nicht. Und zusätzlich zum Siegtor durch Fredrik Gulbrandsen hätte eher noch ein zweites für Salzburg fallen können als der Ausgleich.

Auf Seiten der Salzburger fielen Spieler wie Mittelfeldtalent Diadié Samassékou oder Verteidiger André Ramalho auf, die man zur europäischen Spitzenklasse zählen darf. Für Leipzig hatte Nationalspieler Timo Werner mehr oder weniger zufällig die einzige gute Torchance. Salzburg kombinierte sicher, Leipzig zu hektisch oder zu uninspiriert. Und deshalb lag die Frage auf der Hand: Ob nun Salzburg statt Leipzig die erste Adresse für RB-Fußball ist? "Völlig hypothetisch", sagte Rangnick.

Er entschied sich dafür, die Bedeutung der Begegnung, ja des ganzen Wettbewerbs herunterzureden. Zwar hatte Leipzigs Klubchef Oliver Mintzlaff unter der Woche noch das Überwintern in der Europa League als Ziel ausgegeben. Doch "mit Verlaub", sagte Rangnick: Die Bundesliga, in der seine Mannschaft als Tabellenvierter ihr wahres Gesicht zeige, habe Priorität. Gegen Salzburg habe er die eigentlich dringend gebrauchten, angeschlagenen Mittelfeldspieler Diego Demme, Kevin Kampl und Marcel Sabitzer geschont, deutete er an - am Sonntag gegen Mönchengladbach könnten sie wieder dabei sein.

Womöglich treffen sich beide Klubs in der Champions League wieder

Europa-League-Abende seien Festtage für Salzburg, denn einen solch fordernden Wettbewerb wie die Bundesliga habe man in Österreich natürlich nicht. Leipzigs Ziel sei es dagegen, im kommenden Jahr wieder in der Champions League zu spielen: "Das sind unsere Festspiele." Die Kronen-Zeitung schrieb am Freitag empört, Rangnicks Art sei herablassend gewesen.

Weil in Österreich der Meister von der kommenden Saison an einen Startplatz sicher hat, könnte Leipzig Salzburg das nächste Mal in der Königsklasse treffen. Vielleicht spielt dann Haidara, das zurzeit am Kreuzband verletzte Salzburger Talent, längst in Leipzig. Gerüchte, wonach er im Winter gemeinsam mit Tyler Adams von den New York Red Bulls kommt, halten sich hartnäckig. Vielleicht geht die Geschichte also doch so weiter wie bisher.

© SZ vom 02.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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