Profifußball:Der privilegierteste deutsche Sport

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Dunkle Wolken über der zuschauerlosen Bielefelder Alm. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Die neuen Anti-Corona-Maßnahmen treffen nahezu alle Sportarten härter als den Profifußball. Bei allem nachvollziehbaren Ärger sollten deren Vertreter das nicht vergessen.

Kommentar von Sebastian Fischer

Felix Magath im Neoprenanzug, das war damals natürlich eine charmante Idee. Die geübten Fernsehzuschauer erinnern sich vielleicht noch, wie im Clip der DFL ein Schwimmer ins Becken sprang, den man zunächst nicht erkannte. Er kraulte beachtlich, wendete professionell, tauchte auf. Und dann, die Pointe, zog der damalige Schalker Trainer Magath die Schwimmbrille ab und sagte: "Respekt für eure Leistung." Am Beckenrand stand mit Stoppuhr die Moderne Fünfkämpferin Lena Schöneborn.

Das Video war Teil einer Kampagne aus dem Jahr 2010, mit der die Stiftung der Deutschen Fußball Liga die Deutsche Sporthilfe unterstützte. Die Zusammenarbeit gibt es immer noch, inzwischen mit neuem Namen: "Seite an Seite". Und mit neuen Videos, man sieht zum Beispiel den Frankfurter Manager Fredi Bobic beim Fechten. Der Profifußball ist sich seiner privilegierten Stellung im deutschen Sport schon länger und weiterhin bewusst. Gerade wird diese privilegierte Stellung noch mal besonders deutlich.

Dieses Wochenende ist für viele Sportler eines des Abschiednehmens, zumindest vorerst. Überall im Land müssen von kommender Woche an aufgrund der verschärften Corona-Verordnungen Amateure das Sporttreiben einstellen, das in den vergangenen Wochen mit Hygienekonzepten möglich war. Kinder dürfen fast nirgendwo mehr kicken, Senioren kein Tennis mehr spielen. Dieses Wochenende ist auch für so manche Hochleistungssportler eines der Resignation. Die von Magath respektierten Fünfkämpfer zum Beispiel können ihre geplanten Junioren-Meisterschaften nicht austragen. Oder die Ringer: Sie entschieden am Freitag, ihre Bundesliga-Saison abzubrechen. "Wer weiß, was das alles für unseren Sport noch für Folgen hat", sagte Weltmeister Frank Stäbler der dpa. Das fragen sich auch die Manager im Handball oder Basketball, die vorerst wieder keine Zuschauer in ihre Bundesliga-Hallen lassen dürfen und noch nicht wissen, was das für ihre Budgets bedeutet.

Das alles sind keine Neuigkeiten, die wirtschaftlichen Risiken und Nebenwirkungen eines zweiten sogenannten Lockdowns sind bekannt und benannt. Schließungen sind angesichts steigender Zahlen einerseits plausibel, andererseits weist der organisierte Sport zu Recht darauf hin, dass die Politik seine Bedürfnisse in den kommenden Wochen berücksichtigen möge, weil es gesellschaftlich relevante Bedürfnisse sind. Dazu gehört natürlich auch der Profifußball und sein nachvollziehbarer Wunsch, wie in den vergangenen Wochen wieder vor ein paar Zuschauern zu spielen. Die Bundesliga hat Standort für Standort Hygienekonzepte erstellt, die nachweislich funktionierten. Und doch: Die Bundesliga ist jene Liga in Deutschland, die das Spielen in leeren Stadien derzeit am ehesten verschmerzen kann.

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Während in anderen Sportarten Fernseh-Einnahmen nur einen Bruchteil der Etats ausmachen, sind es im Fußball selbst für einen Bundesliga-Aufsteiger wie Arminia Bielefeld in dieser Saison rund 30 Millionen Euro aus der Vermarktung nationaler TV-Rechte. Im Falle weiterer Einbußen, sagte unter der Woche DFL-Geschäftsführer Christian Seifert dem Handelsblatt, gebe es zudem Interesse von Investoren an der DFL und ihren Geschäftsfeldern. Seifert forderte die Klubs zum Sparen auf.

Man merke, "dass der Unmut in der gesamten Bundesliga größer geworden ist", sagte nun der Mainzer Finanzvorstand Jan Lehmann der Allgemeinen Zeitung angesichts der jüngsten Maßnahmen. Sollte er auch Mainzer Unmut gemeint haben, kann ihm das niemand verdenken, beim Tabellenletzten verschlechtert gerade ja auch noch sportlicher Misserfolg die Stimmung. Im Sinne der Solidarität wäre es allerdings sicher auch nicht schlecht, wenn der Profifußball im Zweifel weiterhin nicht unerwähnt lässt, dass er auf dem höchsten Niveau jammert, das es im deutschen Sport gibt.

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