Sorge um Hummels beim BVB:"Es hat zugezogen im Oberschenkel"

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Dortmunder Problemzone: Der rechte Oberschenkel von Mats Hummels. (Foto: Ina Fassbender/AFP)

Mats Hummels erzielt zwei Tore gegen Bielefeld - muss dann aber verletzt vom Platz. Eine Diagnose gibt es zunächst nicht, nur ein Statement des mittlerweile wohl wichtigsten Dortmunder Spielers.

Von Milan Pavlovic, Bielefeld

Es gibt Bundesliga-Spiele, die muten wie Pflichtprogramm an. Dortmund in Bielefeld zum Beispiel. Was soll da schon sein? In Wahrheit ist die Arminia seit langer Zeit ein Angstgegner des Titelkandidaten, auf der Alm wurde die Luft immer dünn: In 17 Versuchen hatte es nur zwei BVB-Siege gegeben, den vorerst letzten im Oktober 1999 (2:0), als bei der Arminia noch Bruno Labbadia stürmte, Ronald Maul Tore zu verhindern versuchte - und einige Dortmunder Talente noch gar nicht geboren waren. Kein Wunder also, dass die Erleichterung groß war, 21 Jahre später die Heimreise als 2:0-Sieger antreten zu können. Es blieb eine einzige Frage: Hat der beste Dortmunder, Mats Hummels, eine länger währende Oberschenkelverletzung davongetragen? Sie käme in einer Phase, in welcher der Innenverteidiger gerade verkappter Spielmacher und neuerdings vermehrt auch Torschütze ist und darum beinahe unverzichtbar wirkt.

Nach dem Spiel gab es ein Statement des Versehrten: "Ich hoffe, dass ich das Wettrennen gegen die Zeit gewinne bis Mittwoch", kommentierte Hummels: "Es hat zugezogen im Oberschenkel. Aber ich habe zum Glück keinen Stich verspürt, was schon mal ein gutes Zeichen ist. Da wird man ein paar Tage dran müssen." Hoffnung besteht aber, Julian Brandt attestierte seinem 31-jährigen Kollegen "gutes Heilfleisch".

In dem Dortmunder Rotationsprogramm, das vom verzehrenden Spielplan mit seinen englischen Wochen vorgegeben ist, war Hummels bisher nicht vorgesehen. Sein Trainer Lucien Favre verzichtete anfangs auf Guerreiro, Piszczek, Witsel und Youngster Reyna, sowie gezwungenermaßen auf den nimmersatten Norweger Erling Haaland (Knieprobleme), bei dem man vor den elementaren Partien gegen Brügge (Mittwoch) und gegen den FC Bayern (Samstag) kein Risiko eingehen wollte. Die Jugendabteilung des BVB wurde diesmal angeführt von den Engländern Sancho und Bellingham, neben denen die Mittelfeldlenker Brandt, 24, und Thorgan Hazard, 27, wie Veteranen wirkten. Die beiden sollten im Wechsel mit Marco Reus die vakante Mittelstürmerposition ausfüllen - und durch stetige Positionswechsel die Arminen verwirren. Aber verwirrt wirkten zunächst eher die Dortmunder, deren Spiel die Zuspitzung abging.

Bielefelds Trainer Uwe Neuhaus überraschte seinerseits mit einem Bündel personeller Maßnahmen, die letztlich vor allem zum Ziel hatten, Dortmund das Spielen (und Zaubern) zu erschweren. Die Frage war deshalb wie so oft, ob es der spielerisch fraglos besseren Mannschaft gelingen würde, mit hoher Ballfluktuation und Passhärte sowie überlegten Spielverlagerungen den kompakt verteidigenden, schnell verschiebenden und leidenschaftlich Löcher stopfenden Gegner auszuhebeln. Das sah anfangs vielversprechend aus, weil die Borussia mit deutlich mehr Mumm und Biss zu Werke ging als zuletzt in der Champions League gegen St. Petersburg. Delaney prüfte Bielefelds Keeper Ortega nach nur fünf Minuten mit einem verdeckten Aufsetzer. Ansonsten klangen im nahezu leeren Stadion die hart gespielten, pattex-artig gestoppten und weitergeleiteten Bälle aufregend; aber in punkto Gefälligkeit macht dem BVB in der Liga ohnehin seit Jahren kaum jemand etwas vor.

Hummels mit einer 41-Meter-Außenristflanke

Mit zunehmender Spielzeit stellte sich die Arminia immer besser auf das Dortmunder Pressing ein. Einige BVB-Details (Hackentrick Hazard, Doppeltunnel Sancho, gelupfter Pass von Bellingham) waren nett anzusehen, halfen aber nur beim Überwinden eines Abwehrriegels, hinter der garantiert der nächste stand. Reus und Brandt blieben ohne Wirkkraft, und die beste Vorlage - eine zauberhafte 41-Meter-Außenristflanke von Hummels - verpuffte, weil Jadon Sanchos Kopfball aus sechs Metern weder hart noch platziert genug war (27.). Bielefeld ließ zwei vielversprechende Konteransätze aus, aber das war egal, solange man hinten stabil blieb.

Die zweite Halbzeit begann die Borussia mit ähnlich viel Schmackes wie die erste - doch diesmal wurde sie früh belohnt. Kurios daran: Nicht die wunderbare Kombination über sieben Stationen mit einem Seitfallzieher von Bellingham als Abschluss führte zum Erfolg (48., Ortega hält), sondern ein schnöder Eckball, der die schlecht sortierte Arminia noch mehr überraschte als den völlig ungedeckten Mats Hummels, der den Ball mit dem linken Oberschenkel über die Linie bugsierte (52.). "Wir waren sehr geduldig", freute sich Lucien Favre später, "wir haben enorm gepresst, und wir haben uns belohnt."

"Es war eine sehr erwachsene Leistung"

Danach ließen die Dortmunder die Sache etwas schleifen - vielleicht nachvollziehbar, wenn man in der Liga seit dem zweiten Spieltag und insgesamt über 400 Minuten lang kein Gegentor mehr kassiert hat. Brandt verdaddelte eine herausragende Kontersituation (67.), Delaney traf nur den Pfosten (68.), aber egal, denn die Bielefelder waren nicht in der Lage, die Gäste zu gefährden. Im Gegenteil: Sie könnten Lucien Favre eine interessante neue Sturmvariante aufgezeigt haben. Nach einer Flanke von Reus erhöhte der in der Abwehr unterforderte Mats Hummels im Stile eines echten Neuners per Kopf auf 2:0 für den BVB (71.). "Wir haben einen seriösen Job gemacht. Es war eine sehr erwachsene Leistung", befand Hummels. Fraglich ist nur, wie hoch der Preis dafür ist.

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