Andrea Petkovic in Berlin:Es geht um das Erbe im Steffi-und-Boris-Land

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Noch einmal auf Tournee: Andrea Petkovic beim Rasenturnier in Berlin. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Für Tennisspielerin Andrea Petkovic neigt sich die Karriere dem Ende zu. Ihr Rat an die jungen Profis: "Die müssen jetzt zu Potte kommen" - Möglichkeiten gäbe es genug.

Von Barbara Klimke, Berlin

Ein kurzes Winken noch hinauf zu den Tribünen, die an diesem Sommertag im Grunewald erstmals gut besucht waren. Dann verschwand Andrea Petkovic aus der Arena des Turnierklubs zwischen den mächtigen Baumkronen und Villen im alten Berliner Westen. Vor 18 Jahren war sie erstmals hier im Stadion am Hundekehlesee, und ob sie noch einmal wiederkehrt im Sportsdress, sprintend, hechtend mit riesig langen Schritten, blieb offen, als sie ging.

Manchmal schmerzen Niederlagen auch mit 34 Jahren noch, sagte sie später, insbesondere bei den Tennisturnieren hierzulande, wenn ungewiss ist, ob es vielleicht schon der Abschied war. Das Viertelfinale bei dem inzwischen Bett1Open genannten, mit 790 000 Euro dotierten Wettbewerb hat Andrea Petkovic nicht mehr erreicht nach einem eher unspektakulären Match gegen Alexandra Sasnowitsch aus Belarus, 4:6, 4:6.

"War alles etwas behäbig", urteilte Petkovic mit gewohnter Selbstironie, "dem Alter entsprechend." Der erste Aufschlag, tags zuvor noch explosiv bei dem in jeder Hinsicht fulminanten Rasensieg über die frühere Wimbledonsiegerin Garbine Muguruza, verpuffte diesmal mit schwacher Lunte. Insgesamt acht Aufschlagverluste auf beiden Seiten prägten die eher verfahrene Partie.

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Ginge es allein nach ihrem Willen, dann würde sie noch zehn Jahre weiterspielen. Aber über die Fortsetzung der Karriere bestimmt ausschließlich der Körper. Schon die vergangene Saison sollte die letzte sein, aber dann gewann sie "aus Versehen", wie sie sagte, ein Turnier: ihren siebten Titel. Also ging sie noch einmal auf Tournee.

Schon nach der vierwöchigen Winterpause merkte sie, dass sie weniger erholt war als früher, mehr Regerationszeit benötigt. Deshalb hat sie ihren Turnierplan nun sorgfältig getaktet. Nächste Woche spielt sie in Bad Homburg, dann in Wimbledon, wo sie für das Hauptfeld gesetzt ist. Andrea Petkovic aus Darmstadt, einst Weltranglistenneunte, ist immer noch die Nummer 59 der WTA: zweitbeste Deutsche hinter Angelique Kerber (Nummer 18), der dreimaligen Grand-Slam-Turniersiegerin.

Die goldene Generation tritt langsam ab

Zwei 34-Jährige führen im mitgliederstärksten Tennisverband der Welt das Ranking der Frauen an. Die Jüngeren sammeln sich seit Jahren um Platz 100, wenn überhaupt. "Die müssen jetzt zu Potte kommen", findet Petkovic - und das sei gar nicht böse gemeint: "Angie und ich werden es nicht mehr so lange machen können."

Es geht auch um das Erbe im Steffi-und-Boris-Land. "Wir haben eine Tennistradition", sagt Petkovic, "und wir brauchen die jungen Spieler." Sie selbst war 16 Jahre alt, noch Schülerin, als sie zum ersten Mal, ausgestattet mit einer Wildcard für die Qualifikation, im ehrwürdigen LTTC Rot-Weiß am Hundekehlesee mitspielen durfte. Bei den German Open in Berlin, damals noch ein Sandplatzturnier, das seinen Ruhm auch der neunmaligen Siegerin Stefanie Graf verdankte. Anschließend wusste Petkovic, dass sie nach dem Abitur Tennisprofis werden wollte.

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Heute ist die Turnierlandschaft hierzulande neu belebt, etwa in Berlin, wo nach langem Dornröschenschlaf nun der Tennisrasen sprießt, oder auch in Bad Homburg. Zu verdanken ist das den Veranstaltern, aber zu einem gewissen Maße auch dem langen Wirken einer einer goldenen Generation: Kerber, Petkovic, Julia Görges, Laura Siegemund, Sabine Lisicki oder Anna-Lena Grönefeld, die erfolgreich die gelben Bälle in der Luft und das Interesse hoch hielten.

Für junge Spielerinnen, sagt Petkovic, bieten die Turnier die Gelegenheit, in die Welt des Spitzentennis reinzuschnuppern, Professionalität aus der Nähe zu studieren, sich an den Besten zu messen: "Das sind Erfahrungen, die einem kein Trainer beibringen kann. Das kann man nicht mit Geld bezahlen." Auch das ist ein Vermächtnis. Die Chance ist da, man muss sie nutzen.

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