Ein junger, attraktiver Mann spricht mit fester Stimme. Er sagt: "Ich bin homosexuell, ich bin schwul. Ich habe mir das nicht ausgesucht, ich bin einfach so." David Testo ist Fußball-Profi und hat im kanadischen Fernsehen einen großen Schritt gewagt - ein öffentliches Coming-out.
In dem Interview mit dem Sender CBC gibt der Kicker vom kanadischen Zweitliga-Klub Montreal Impact einen sehr privaten Einblick in den Konflikt, den er lange mit sich austragen musste. Als er erzählt: "Ich habe damit mein ganzes Leben gekämpft, meine ganze Karriere", ringt er ein paar Sekunden mit der Fassung und blickt nach unten. Man sieht ihm an, dass es eine harte Zeit für ihn war, eine große Last, von der er sich jetzt befreit hat. "Es ist unglaublich schwierig, als Profisportler zu leben und schwul zu sein."
Prominente deutsche Spieler raten schwulen Fußballern trotzdem oder gerade deswegen davon ab, sich zu outen. Bremens Keeper Tim Wiese sagte in einem Interview mit der Bunten: "Der würde von Fans niedergemacht. Fußball ist trotz der vielen Frauen im Stadion ein Machosport." Viele Fans seien da erbarmungslos. DFB-Präsident Theo Zwanziger ermunterte schwule Profis dennoch, den Schritt zu wagen: "Ich würde es mutig finden und begrüßen, wenn sich ein Bundesliga-Spieler outen würde. Er hätte auch die Unterstützung des DFB und von mir", sagte Zwanziger im März.
Doch auch Bayern-Verteidiger Philipp Lahm oder Arne Friedrich sehen das skeptisch. Gerade im Fußballgeschäft würde das schon auf einigen Gegenwind stoßen, sagte der frühere Wolfsburger Abwehrspieler.
Impact-Präsident Joey Saputo reagierte gelassen auf das Outing seines Spielers: "Das Bekenntnis von David Testo ist in der Tat sehr persönlich", sagte er. "Wir wussten bereits vor seiner Verpflichtung im Jahr 2007 von seiner Orientierung. Seine Entscheidung, nun an die Öffentlichkeit zu gehen, muss ihm sehr schwer gefallen sein und wir respektieren dies."
Im Fußball gilt vielen Homosexualität als Schwäche, Fans gebrauchen das Wort "schwul" immer noch als Beleidigung. Deswegen hat Testo wohl auch darüber nachgedacht, mit dem Fußballspielen aufzuhören. Er hat ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium und hätte durchaus andere Möglichkeiten gehabt, Karriere zu machen - in einem Bereich, wo Homosexualität alltäglich und akzeptiert ist.
Allein war er in der schwierigen Zeit vor seinem Outing trotzdem nicht: Neben seiner Familie und Freunden waren auch viele Menschen in seinem sportlichen Umfeld über seine sexuelle Orientierung im Bilde: "Meine Mitspieler und meine Trainer wussten es", sagt Testo. Er bedauere, dass er es nicht schon früher öffentlich gemacht habe.
Vor seiner Zeit in Montreal war Testo drei Jahre bei der Columbus Crew unter Vertrag - einem Team der höchsten nordamerikanischen Liga, der Major League Soccer (MLS). Dort hatte er immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen und wechselte 2006 zu den Vancouver Whitecaps, ehe er schließlich bei Impact landete. In Vancouver und Montreal gewann er jeweils einmal den Titel in der zweitklassigen United Soccer League First Division, wurde einmal zum wertvollsten Spieler gewählt. Er ist somit zwar kein ganz renommierter Profi des nordamerikanischen Soccer, wie zum Beispiel Europa-Import David Beckham, aber ein gestandener Profi mit einer gewissen Prominenz.
Den Zeitpunkt für sein Bekenntnis wählte er, weil er jetzt das Bedürfnis gehabt habe, es zu machen, sagte er. Er sei mit sich im Reinen. "Ich bin älter. Wenn man hinter meinem Rücken über meine Homosexualität spricht und darüber lacht, stört mich das nicht mehr. Früher hätte mich das wütend gemacht." Testo wünscht sich, dass mehr Profis den Mut haben, zu ihrer Homosexualität zu stehen, dann werde das irgendwann ganz normal.
Wie es mit der sportlichen Karriere des 30-Jährigen weitergeht, ist derzeit unklar. Die Playoffs der NASL hat sein Klub nicht erreicht, die Saison ist für ihn deshalb zu Ende und etwaige Schmähungen muss er kurzfristig nicht befürchten. Montreal Impact spielt dennoch von kommender Saison an in der erstklassigen Major League Soccer, der Klub hat sich eine Lizenz gekauft. David Testo wird nicht dabei sein, sein Vertrag wurde nicht verlängert. Es heißt, dies habe mit seiner Homosexualität nichts zu tun.