Am Mittwoch war bei der Handball-Bundesliga Jour fixe, die wöchentliche Videokonferenz mit allen Klub-Vertretern. Diesmal war die Aufregung wieder groß, am Abend zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz einen neuerlichen Zuschauer-Ausschluss für Sportveranstaltungen verordnet. Vom 28. Dezember an dürfen unter anderem beim Fußball, Handball, Eishockey und Basketball keine Fans mehr in die Stadien und Hallen.
"Wir werden bei Partnern, Gesellschaftern und Sponsoren wieder die Blumensträuße auspacken müssen", sagt halb verzweifelt, halb zynisch der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga, Frank Bohmann. Die Klubs sind jetzt erneut auf besonderes Entgegenkommen angewiesen. Bittstellungen sind zum unerfreulichen Dauerthema geworden. "Es ist so ein bisschen 'Täglich grüßt die MPK'", sagt lakonisch Basketball-Liga-Chef Stefan Holz über wiederkehrende Beschlüsse der Ministerpräsidenten-Konferenz.
Die Ligachefs Bohmann und Holz sowie ihr Eishockey-Kollege Gernot Tripcke werden sich an diesem Donnerstag zu einer Videokonferenz zusammenschalten. Sie stehen für unterschiedliche Sportarten, aber sie sitzen alle im selben Boot. Dieses Boot hat ein Leck und läuft langsam voll Wasser. Seit bald zwei Jahren müssen die Klubs Einnahmeausfälle kompensieren. Das geht zunehmend an die Substanz. Mit jeder neuen Corona-Welle schwappt weiteres Wasser in das lecke Boot. Beim Handball, Eishockey und Basketball ist es dem Vernehmen nach für mehr Klubs existenzgefährdend als beim freilich auch hart getroffenen Fußball. Immerhin: Anders als die Klubs der Fußball-Bundesliga und der zweiten Liga können die anderen Teamsportarten sowie die Drittliga-Fußballklubs politische Corona-Hilfen beantragen.
Es geht hierbei um die "Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Überbrückung von Einnahmeausfällen" - kurz: die "Corona-Hilfen Profisport" vom Bundesinnenministerium. Diese Subventionen sollten Ende des Jahres ursprünglich auslaufen, werden nun aber verlängert. Eishockey-Liga-Chef Tripcke weiß gleichwohl, dass es dafür weiterer kurzfristiger Entscheidungen bedarf: "Die mehr als 200 Millionen Euro aus diesem Topf, die bis jetzt noch nicht ausbezahlt worden sind, dürfen zum Jahresende nicht verfallen und müssen ins Jahr 2022 hinübergerettet werden." Außerdem müsse die Deckelung von 1,8 Millionen Euro pro Klub angehoben werden. Diese Maximalsumme hätten die Eishockey-Klubs bereits erhalten, sie benötigten jetzt aber mehr. Insgesamt waren in der vergangenen Eishockey-Saison gut 23 Millionen Euro an die Klubs der höchsten Liga ausbezahlt worden.
Die laufende Saison notdürftig zu überbrücken, ist für Tripcke nicht mal das schlimmste Problem. Langfristig gefährlicher seien für die Klubs die "emotionalen und wirtschaftlichen Folgeschäden", denn: "Gesellschafter und Sponsoren der Klubs, vielleicht sogar einige Zuschauer, könnten die Lust am Eishockey verlieren." Dann wird die existenzielle Not mancher Klubs exorbitant.
22 Millionen Euro Corona-Hilfe haben die Vereine der Basketball-Bundesliga in der vergangenen Saison bekommen. Der Geschäftsführer Holz sagt: "Ich erwarte, dass die Corona-Hilfe nicht nur verlängert, sondern mindestens entsprechend des EU-Rahmens aufgestockt wird." Die Situation für die Klubs spitze sich zu. "Wir sind in großer Sorge", so Holz, "zumal bei einigen Sponsoren die Solidarität so langsam aufgebraucht sein könnte."
Nicht zuletzt deshalb erwarte er von der Politik mehr Verlässlichkeit. "Der Profisport ist immer als Erstes dran", beklagt Holz, es müsse aber doch möglich sein, zumindest ein paar Hundert geboosterte, 2G-plus-getestete Zuschauer mit FFP2-Masken einzulassen, um so wenigstens den Sponsoren zu genügen. Den Spielbetrieb unterbrechen werde man von sich aus nicht. Man habe 2020 den Fehler gemacht, die Saison mit Verspätung zu beginnen. "Wir agieren nicht auf der Basis von Hoffnungen", sagt Holz.
Bis zu vier Millionen Euro Einnahmeausfall pro Spiel erleiden die Fußball-Bundesliga-Klubs, aber sie konnten dies bislang durch relevante Fernseheinnahmen halbwegs aushalten. Bei Handball, Eishockey und Basketball fallen ohne Zuschauer bis zu 80 Prozent der Gesamteinnahmen weg, und das kann die Corona-Hilfe nicht annähernd ausgleichen. Bei ihrer Videokonferenz wollen sich Bohmann, Tripcke und Holz darauf verständigen, von der Politik eine Anhebung des Corona-Hilfe-Deckels von 1,8 auf 2,3 Millionen Euro pro Klub zu fordern. Das wäre schon mal eine Hilfe.
Gerade recht kommt dem Handball die Ligapause im Januar wegen der Europameisterschaft. Aber retten wird auch das keinen Klub. "Im Februar wird das Problem ja nicht erledigt sein", sagt Liga-Chef Bohmann über die Omikron-Variante. "Wir haben eine sehr, sehr ernste Situation", beschreibt er die Zukunftsängste einiger Klubs. "Es wird wirtschaftlich ein gewaltiger Kampf, alle durchzukriegen." Auch darüber wird Bohmann mit seinen Kollegen vom Basketball und Eishockey sprechen wollen.