Olympia:«Keine Kraft»: Robert Harting scheitert nach Hexenschuss

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Rio de Janeiro (dpa) - Ein skurriler Hexenschuss hat Robert Harting schon in der Diskus-Qualifikation bei den Sommerspielen von Rio de Janeiro in die Knie gezwungen.

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Rio de Janeiro (dpa) - Ein skurriler Hexenschuss hat Robert Harting schon in der Diskus-Qualifikation bei den Sommerspielen von Rio de Janeiro in die Knie gezwungen.

Der Olympiasieger von London hatte sich die folgenschwere Verletzung zugezogen, als er im Bett liegend mit dem Fuß das Licht ausmachte. Der schwer gehandicapte dreimalige Weltmeister schaffte es dann nicht unter die besten zwölf Werfern. Nach zwei ungültigen Versuchen gelangen dem 2,01-Meter-Hünen nur 62,21 Meter - zu wenig! Harting war überraschend raus.

„Ich hatte einen Hexenschuss. Mit neun Spritzen wurde versucht, es noch hinzubiegen“, sagte der enttäuschte, zugleich aber gefasst wirkende Modellathlet nach seinem schmerzhaften Aus. „Ich habe keine Erklärung dafür, es tut mir leid. Mit einem Hexenschuss lassen sich manche Leute drei Wochen krankschreiben.“

Dem 31-Jährigen bereiteten auch seine Schuhe Probleme, er musste sie einmal wechseln. Für Harting ist das eine riesige Enttäuschung. Seine Vorbereitung auf Olympia verlief jedoch schon alles andere als optimal. Nach seinem Kreuzbandriss im Herbst 2014 musste der Hüne lange aussetzen, dann plagte ihn eine Brustmuskel-Verletzung. Zudem bereitete ihm immer wieder das Knie Probleme.

„Die Wahrscheinlichkeit, dass ich 65,50 Meter im ersten Versuch werfe, war schon gering. Aber wenn du vorher schon aufgibst, brauchst du auch nicht reingehen“, erklärte der Triumphator von London 2012. Nach zwei ungültigen Versuchen stand Harting unter riesigem Druck. „Ein 63-Meter-Wurf hätte auch rauskullern können, aber was wäre dann? Dann hat man die gleichen Probleme morgen und dann wäre man auch irgendwie enttäuscht, wenn es die letzten Olympischen Spiele sind. Bei einer so großen tollen Veranstaltung möchte man auch erfolgreich sein“, erläuterte Harting weiter. „Vom Kopf her war zu wenig Saft da, ich hab mir auch die krassesten Parolen erzählt.“

Die Entstehungsgeschichte des Hexenschusses ist skurril. Harting machte in der Nacht zu Donnerstag mit seinem Fuß das nah an seinem Bett postierte Licht aus. „Dann war ich kurz überrascht, als ich ein Ziehen hatte. Es zieht dann quer über den ganzen Körper“, beschrieb er den fatalen Schmerz. Die medizinische Abteilung habe noch einmal alles versucht. „Das Problem ist, es ist nie ganz raus. Die Körpermitte ist unwahrscheinlich wichtig, um beim Werfen die Kraft zu übertragen“, erklärte sein Trainer Torsten Lönnfors.

Das Aus hat Spuren hinterlassen. Mit Blick auf seine Krankenakte sagte Harting, der gesenkten Blickes die Arena verließ: „Irgendwann hat man keine Kraft mehr. Drei Comebacks gingen noch, das vierte jetzt aber nicht mehr. Irgendwann ist die Power im Kopf auch weg. Da kannst du nix mehr machen.“

Die Leichtathletik-EM 2018 in Berlin wird noch einmal ein Ziel für Harting. „Ich muss schon eine neue Idee haben, wie man das bis dahin gestaltet“, erklärte er. „Es ist ein ernüchternder Prozess, immer das gleiche zu trainieren, zu wiederholen.“ Harting will sich aber Zeit nehmen, um über alles nachzudenken. „Ich muss erstmal ein paar Minuten für mich haben, vielleicht ein paar Tage“, erklärte er.

Erst muss Harting aber die bittere Vorstellung im Olympiastadion von Rio de Janeiro verarbeiten. „Ich bin klar enttäuscht, aber auch froh, dass es endlich vorbei ist. Man merkt, dass die menschlichen Ressourcen begrenzt sind“, erklärte Harting zerknirscht.

Die Ressourcen seines Bruders Christoph sind noch nicht ausgeschöpft. Nach einem Fehlversuch qualifizierte sich der 26-Jährige mit seinem weitesten Wurf über 65,41 Meter als Dritter souverän für das Finale am Samstag. Auch der Wattenscheider Daniel Jasinski (62,83 Meter) schaffte den Sprung unter die zwölf Finalisten. Den weitesten Wurf legte der Pole Piotr Małachowski mit 65,89 Metern hin.

„Wir haben noch einen Harting im Finale und der kann eine Medaille holen“, betonte Robert Harting, der sich den Showdown auch live im Stadion ansehen will. „Christoph hat das Potenzial um die Medaille mitzukämpfen“, versicherte Trainer Lönnfors. Bruder Robert wird dann aber nur trauriger Zuschauer sein.

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