Olympia:Freestyle-«Pastor» Wise: Ohne Rebellen-Image zu Gold

Lesezeit: 2 min

Krasnaja Poljana (dpa) - Der Premieren-Olympiasieger in der Halfpipe ist die Antithese des vermeintlichen Bild eines hippen Ski-Freestylers. David Wises Twittername beginnt mit "Mr", seine Teamkollegen nennen den 23-Jährigen "Dad" und nach der Karriere will der Amerikaner Pastor werden.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Krasnaja Poljana (dpa) - Der Premieren-Olympiasieger in der Halfpipe ist die Antithese des vermeintlichen Bild eines hippen Ski-Freestylers. David Wises Twittername beginnt mit „Mr“, seine Teamkollegen nennen den 23-Jährigen „Dad“ und nach der Karriere will der Amerikaner Pastor werden.

„Viele Leute schauen mich an und sagen, ich wäre die Gegenkultur des Freeskiens“, sagte Wise nach seinem Triumph am späten Dienstagabend im Extreme Park von Krasnaja Poljana.

Seine ersten Worte richtete er via Fernsehen an seine zwei Jahre alte Tochter, die daheim in Reno bei der Oma geblieben war: „Hey Nayeli, Daddy liebt Dich.“ Wenige Meter entfernt jubelte seine Ehefrau Lexi im Zielraum und hielt ein selbstgebasteltes Plakat mit dem überlebensgroßen Foto von Nayeli in die Höhe.

Vom Stadionsprecher wurde Wise als Vater, Ehemann und Philanthrop vorgestellt, bei widrigen, langsamen Schneeverhältnissen sorgte er mit 92,00 Punkten für die größte Show. Mit dem Olympiasieg will der Weltmeister und dreimalige X-Games-Gewinner Wise endlich auch die Herzen der Amerikaner gewinnen - zuletzt lief von ihm höchstens einmal eine Werbung für Windeln im Fernsehen. „Sein Mangel an Cool“ verhindere noch den großen Ruhm schrieb „espn.com“. „Er ist zu Vanille, zu anständig, zu sehr ein Stubenhocker.“

Eine Einschätzung, der seine Weggefährten nicht unbedingt widersprechen, aber positiv werten. „Es ist großartig für unseren Sport, einen Repräsentanten wie David zu haben. Es zeigt, dass man nicht dieses Rebellen-Image haben muss, um der Beste der Welt zu sein“, sagte der amerikanische Chefcoach Mike Jankowski.

Seinem Sport nähert Wise sich rational kalkulierender als zahlreiche Freestyle-Freigeister. Snowboarder Sage Kotsenburg hatte bei den Sotschi-Spielen Slopestyle-Gold mit einem Trick geholt, den er nie zuvor probierte. Wise berichtete kurz vor Mitternacht, dass er abhängig von den Witterungs- und Schneeverhältnissen vier verschiedene Sprungabläufe vorbereitet hatte - den Sieg habe er mit „Plan C“ erreicht.

In seiner Heimat Nevada führt er gemeinsam mit seiner Frau eine kirchliche Jugendgruppe, genannt der Stamm. „Für mich ist er bereits ein Pastor, weil er nicht nur für unsere Familie ein spiritueller Führer ist“, sagte Lexi Wise der Nachrichtenagentur dpa. „Wir trinken auch, wir gehen raus, tanzen, haben Spaß. Aber es ist eben nicht unser täglicher Lebensstil.“

Anstatt wie gewöhnlich „Go“ und „Wise“ hatte sie sich mit schwarzer Farbe die Worte „Go“ und „World“ auf die vor Aufregung glühenden Wangen gemalt. „Olympia repräsentiert für mich Hoffnung und Frieden“, erklärte die Ehefrau des Goldgewinners. „Es gibt uns etwas, wo wir als Welt dran glauben können.“ Und auch ihr Ehemann blickte im Moment des Sieges über die Grenzen des Sportlichen hinaus: „Es gibt mehr im Leben als Skifahren.“

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: