Viel Kritik hat sich bereits geregt an der nationalen Leistungssportreform, die eine massive Fokussierung auf Medaillen vorgibt. Just in Zeiten, in denen der globale Spitzensport immer stärker als Spritzensport wahrgenommen wird. Aber nun erhalten die deutschen Reformer um DOSB-Präsident Alfons Hörmann und Innenminister Thomas de Maizière Unterstützung. "Insgesamt", sagte Christina Kampmann zuletzt dem Deutschlandfunk, "begrüßen wir die Eckpunkte des Reformkonzepts jetzt sehr."
Kampmann ist Sportministerin in Nordrhein-Westfalen und sitzt der Sportminister-Konferenz vor. Sie hält die Konzentration auf Medaillen in dieser Reform für wichtig, weil "wir Spitzenleistung im Sport bringen wollen." Und klar sei natürlich auch, dass diese Medaillen sauber sein müssten.
NRW nutzt eine günstige Gelegenheit
Im Sport neigt die Politik gern schlichten Lösungen zu. Mehr Siege ohne Doping? Aber klar: Einfach besser trainieren. In dieser Logik gilt: Bildungsproblem gelöst - einfach besser aufpassen! Die Konfliktherde global befrieden? Einfach aufhören zu schießen! Und das Welthungerproblem: Einfach mehr futtern!
Andererseits, vielleicht liegt hier gar keine Naivität vor, sondern nur schlecht getarnter Opportunismus. Dass der Flankenschutz für die deutsche Sportführung just aus Nordrhein-Westfalen erfolgt, dürfte damit zusammenhängen, dass hier davon geträumt wird, sich mit der Region um Sommerspiele 2028 zu bewerben. Und wer Olympia will, muss dem organisierten Sport brav nach dem Mund reden, das ist Minimalkonsens. Kritik am Primat der Medaille disqualifiziert den Interessenten von vornherein.
Kaum rationale Gründe für die Bewerbung - das interessiert in NRW aber keinen
Spätestens hier setzt aber wirklich die Naivität ein. Haben sie in NRW nie all die Schüsse rund ums Spiele-Thema gehört? Zwei ablehnende Bürger-Voten allein hierzulande, in München und Hamburg, die sich gegen die Sachwalter des Sports gerichtet haben. Dazu das jämmerliche Bild, das sich überall dort bietet, wo die Spiele gerade waren (Rio de Janeiro: bankrott) oder demnächst gastieren. Tokio droht unter der Finanzlast der Spiele 2020 zu kollabieren. Im Zuge der üblichen Kostenexplosion hat sich das Budget auf 28 Milliarden US-Dollar vervierfacht. Womöglich muss Japans Metropole sogar den Gesichtsverlust in Kauf nehmen, dass einige Wettbewerbe nach Südkorea ausgelagert werden.
Na und? Dass man bei Olympias Giga-Events ebenso wie bei olympischen Medaillensiegen in der Regel vorher schon weiß, dass nachher die große Depression wartet, das braucht ja für NRW nicht zu gelten. Hier finden sich Lösungen für alles. Also bitte, einfach mal bewerben. Und am Ende einfach mal draufzahlen.