Buffalo Bills in den NFL-Playoffs:Inspiriert vom Mantra der Patriots

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Erfolgreich, auch unter Druck: Buffalos Quarterback Josh Allen (im blauen Trikot) wird trotz großer Bedrängnis den Ball noch los. (Foto: Adrian Kraus/AP)

Die Buffalo Bills beenden eine lange Dürre und gewinnen ihr erstes Playoff-Spiel seit 25 Jahren - auch dank des aufregenden Quarterbacks Josh Allen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Und dann erlebten die Anhänger der Buffalo Bills diesen Moment, den jeder Fan fürchtet: Das Spiel war im Grunde schon gewonnen, doch das eigene Team schien es noch zu verbaseln. Nichts klappte mehr, beim Gegner funktionierte alles, und in diesem Fall war das Ganze noch zehnmal schlimmer für die Zuschauer - denn es handelte sich nun mal um die Buffalo Bills.

Es ging dann doch alles gut an diesem Samstagnachmittag, die Bills besiegten in der ersten Playoff-Runde der amerikanischen Football-Profiliga NFL die Indianapolis Colts 27:24, weil der letzte Angriff des Gegners misslang. Um zu verstehen, wie die Fans der Bills in solchen Momenten leiden, sollte man wissen, dass ihr Klub in den vergangenen 30 Jahren eine tragische Rolle gespielt hat. Der Sieg am Sonntag war ein dickes Pflaster auf die Wunden.

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Von 1990 an erreichten die Bills vier Mal nacheinander das Endspiel, den Super Bowl - und verloren jedes Mal. Zuerst unterlagen sie den New York Giants 19:20, weil ihr Kicker Scott Norwood am Ende ein Field Goal aus 47 Yards ein paar Zentimeter neben den Pfosten setzte. Ein Jahr später gegen Washington war der Laufspieler Thurman Thomas die traurige Figur. Im Dokumentarfilm "Four Falls of Buffalo" des TV-Senders ESPN, ist zu sehen, wie die Bills einen Laufspielzug geplant hatten, der aber nicht funktionierte, weil der für diese Aktion eingeplante Thomas am Spielfeldrand seinen Helm suchte. Anschließend war er beim 24:37 zu nichts mehr zu gebrauchen.

Josh Allen entwickelt sich zu einem aufregenden Spielmacher

Danach wurden die Bills von den Dallas Cowboys überrollt (52:17), und bei der Revanche ein Jahr später gab es erneut eine Niederlage. Die Bills führten zur Halbzeit 13:7, die Fans hofften, doch die Spieler waren so ausgemergelt, dass selbst die Cowboys später über den Pausengang in den Umkleidekabinen sagten: "Die waren völlig fertig, als ob sie wüssten, dass sie verlieren würden." Das taten sie auch, 13:30.

In den darauffolgenden Jahren erreichten die Bills noch vier Mal die Playoffs, und dann begann die bislang längste Durststrecke der NFL-Geschichte. Die Bills pendelten mehr als 20 Jahre zwischen unterdurchschnittlich und schrecklich, und die Fans mussten etwas verarbeiten, was noch mehr weh tut als verlorene Endspiele: Irrelevanz. Daran schien auch der Wechsel nichts zu ändern, den die Bills 2016 nach einer erneut öden Spielzeit vollzogen: Die neuen Eigentümer holten Brandon Beane als Manager und Sean McDermott als Cheftrainer - gute Leute, aber keine, wegen denen die Fans große Hoffnung schöpften. Beane und McDermott holten vor zwei Jahren den Quarterback Josh Allen, von dem nicht sicher war, ob dieser Rohdiamant zum Edelstein zu schleifen war oder zu Staub zerfallen würde.

Die neuen Leute übernahmen jedenfalls das Mantra, mit dem die New England Patriots in den vergangenen beiden Jahrzehnten erfolgreich gewesen waren und insgesamt sechs Super Bowls gewonnen haben: "Do Your Job!" Erledige Deine Arbeit. Und sie wählten auch eine den Patriots ähnliche Spiel-Philosophie: Sie bastelten eine furchteinflößende Defensive, und dem jungen Allen stellten sie Leute zur Seite wie die Passempfänger Stephon Diggs und Cole Beasley oder den Running Back Devin Singletary, so dass der sich beinahe zwangsläufig zu einem der aufregendsten Spielmacher der Liga entwickelte: Allen führte die Bills zu ersten Playoff-Teilnahme seit 20 Jahren.

Am Samstag entfaltete sich dann all das, was Beane und McDermott zusammengestellt haben: Der Quarterback Allen, der laufen und mittlerweile auch präzise werfen kann, schaffte jeweils einen Pass und einen Lauf in die Endzone für Touchdowns. Das von vielen Experten und auch anderen Klubs unterschätzte Verteidiger-Duo Matt Milano und Jordan Poyer riss am Ende dem Gegner den Ball aus den Händen. Der Trainer nahm zum richtigen Zeitpunkt eine Auszeit - nur, damit die Schiedsrichter eine offensichtliche Fehlentscheidung hätten korrigieren können (was sie freilich nicht taten, was zeigt, dass Videobeweise nicht immer das rechte Ergebnis bringen). Es passte alles zusammen in Buffalo, weil alle ihre Arbeit erledigten.

Den Schreckmoment am Ende gab es, weil die Colts einfach nicht aufgeben wollten und die Bills ein wenig nervös wurden - es ging aber alles gut. Am kommenden Wochenende haben die Bills nun erneut ein Heimspiel, die Fans warteten freilich nicht mit dem Feiern, wie Videos zeigten, die sich rasend im Internet verbreiteten. Schließlich war es der erste Playoff-Sieg ihrer Mannschaft seit 25 Jahren, das ist Grund genug.

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