College Football:Trump sei Dank

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Donald Trump beim Besuch eines College-Football-Spiels als das Coronavirus die Zuschauer noch nicht verbannt hatte. (Foto: imago/ZUMA Press)

Trotz Corona-Pandemie findet das Finale im College-Football statt - weil Donald Trump es so wollte. Und weil es um viel Geld geht, von dem die Sportler nichts sehen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Natürlich hat sich Donald Trump das alles ganz anders vorgestellt, als er sich im August vergangenen Jahres vehement dafür eingesetzt hat, dass die amerikanischen Unis ihre Football-Mannschaften auf Feld schicken. College-Football ist in den USA eine Art Ersatzreligion, die Leute nehmen es ernster als Profisport, und weil die Universitäten im Mittleren Westen (seit 1896 in der regionalen Liga Big Ten vereint) zögerten, hatte Trump einen so genialen wie perfiden Plan: Er wollte dem Volk Spiele geben, und das Volk sollte ihm aus Dankbarkeit mit möglichst vielen Stimmen in den Big-Ten-Bundesstaaten Wisconsin, Michigan, Ohio, Illinois und Pennsylvania zum Wahlsieg verhelfen. Am 11. Januar, zwischen Zertifizierung und zweiter Amtseinführung, wollte er als Tribun im Stadion von Miami das Endspiel verfolgen.

Dieses Endspiel wird am Montag tatsächlich stattfinden, nach einer chaotischen Saison spielt Alabama gegen Ohio State - doch die Sache ist bekanntermaßen nicht so gelaufen, wie Trump es sich vorgestellt hatte. Es war eine Saison, die es womöglich niemals hätte geben dürfen. Insgesamt 129 Spielabsagen aufgrund positiver Coronavirus-Tests wurden verzeichnet, und nicht nur Trump sollte sich fragen: War es das wirklich wert?

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Die Uni-Sportler sind Amateure, sie dürfen keinen Cent damit verdienen, dass sie nun ihre Gesundheit aufs Spiel gesetzt haben. Sie erhalten Stipendien und Zuschüsse zu Essen, Miete und Lehrmaterial. Viele finanzieren sich damit das Studium, das an einer Elite-Uni schon mal 300 000 Dollar kosten kann. Einige empfehlen sich für die Talentbörse der Profiliga NFL, die mit Millionengehältern lockt. Mit Debatten, auch ein paar Gerichtsurteilen, wird versucht, eine Änderung herbeizuführen - derzeit dürfen selbst Stars wie Alabamas Passempfänger DeVonta Smith, gerade mit der Heisman-Trophy als bester Spieler der Saison ausgezeichnet, nichts verdienen.

Ein Football-Coach ist der höchstbezahlte Angestellte im öffentlichen Dienst

Trotzdem ist sehr viel Geld im Spiel beim College-Football. Die 65 Universitäten der fünf größten, regional unterteilten Ligen nehmen pro Jahr mehr als vier Milliarden Dollar ein. Der Umsatz der Sportfakultäten der Finalisten Alabama (164,1 Millionen Dollar) und Ohio State (228 Millionen) liegt im Bereich eines Fußball-Bundesligisten. Alabamas Trainer Nick Saban ist, weil er an einer Universität arbeitet, mit einem Jahresgehalt von 9,3 Millionen Dollar der höchstbezahlte Angestellte im öffentlichen Dienst.

Football generiert derart viel Einnahmen, dass damit andere Sportarten finanziert werden. Eine Absage der Saison hätte also fatale Auswirkungen auf das komplette Sportgeschehen der höheren US-Bildungseinrichtungen gehabt; die Elite-Uni Stanford musste zum Beispiel elf Sportarten streichen, weil wegen der ausbleibenden Einnahmen 70 Millionen Dollar im Budget fehlten. Auch deshalb wollte Trump unbedingt, dass gespielt wird: Eine brummende Wirtschaft und Ablenkung durch Fernsehsport waren ihm, das hat er recht deutlich gezeigt in den vergangenen Monaten, wichtiger als Vorsicht im Umgang mit der Pandemie.

Es wurde also gespielt. Denn nach langem Zögern ( Big Ten und Pac-12 an der Westküste wollten die Saison absagen) waren es nur drei Unis, die verzichteten: Connecticut, Old Dominion und New Mexico State. Allerdings entwickelte es sich eher zu einer Farce, wie das Beispiel des Finalisten Ohio State zeigte. Das College hat in dieser Saison vor dem Halbfinale gerade einmal sechs Spiele absolviert, die Duelle mit Maryland, Michigan und Indiana wurden abgesagt. Ohio State gewann zwar alle sechs Partien, doch normalerweise reicht diese geringe Anzahl der Spiele nicht, um sich für den Titelkampf zu qualifizieren. Die vier Halbfinalisten, die jeweils sechs Millionen Dollar erhalten, werden allerdings von einem Komitee gewählt - und schon war das prominente Ohio State drinnen und das unbesiegte Cincinnati draußen.

Bis zuletzt wurde debattiert, ob das Endspiel nicht verschoben werden sollte

Im Halbfinale am Neujahrstag besiegte Ohio State überraschend Clemson University 49:28. Clemsons Quarterback Trevor Lawrence, der im Sommer für Aufregung gesorgt hatte mit dem Twitter-Hashtag #wewanttoplay ("Wir wollen spielen") und dann zwei Spiele wegen des Coronavirus verpasste, hat nun seine Wechselabsicht in die NFL bekannt gegeben. Er dürfte an erster Stelle von den Jacksonville Jaguars gewählt werden. Das zweite Halbfinale gewann Top-Favorit Alabama locker 31:14 gegen Notre Dame.

"Wir werden bereit sein", sagt Ohio States Trainer Ryan Day - und es geht nicht um den mentalen Zustand seines Teams. Bis zuletzt wurde debattiert, ob das Endspiel nicht verschoben werden sollte. Der Grund: so viele Corona-Fälle bei Ohio State, dass nicht gewiss war, ob Day ein Team zusammenstellen könnte. Sein Kommentar klingt nun wie ein Saisonfazit seines Colleges: "Es gab jede Woche irgendwelche Probleme, das ist nicht neu für uns. Unsere Aufgabe: damit umgehen, nach Miami fliegen und spielen."

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