Paris Saint-Germain:Für Neymar gerät die WM in Gefahr

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  • Brasiliens bester Fußballer Neymar fällt mit einer Fußverletzung lange aus und sorgt für große Ungewissheit in seiner Heimat.
  • Auch bei seinem Klub Paris Saint-Germain wiegt sein Ausfall schwer - man wollte mit ihm eigentlich die Champions League gewinnen.

Von Javier Cáceres

Die WM-Teilnahme von Brasiliens Nationalstürmer Neymar Júnior, 26, droht zu einem Wettlauf mit der Zeit zu werden. Wie der Arzt der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft, Rodrigo Lasmar, am Donnerstag in Rio de Janeiro mitteilte, hat sich der Haarriss am fünften Mittelfußknochen des rechten Fußes, den Neymar am vergangenen Sonntag laut vorläufiger Diagnose erlitten hatte, bei näherem Hinsehen als Fraktur entpuppt. Damit verlängere sich die voraussichtliche Erholungszeit auf mindestens zweieinhalb Monate, vielleicht sogar bis Anfang Juni. Brasiliens erstes WM-Spiel gegen die Schweiz steigt am 18. Juni.

Zuvor war bekannt geworden, dass die 222-Millionen-Euro-Investition von Paris Saint-Germain für das wichtigste Spiel der Geschichte des von Katar milliardenschwer finanzierten Klubs ausfällt: Am nächsten Dienstag empfängt PSG im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League den Titelverteidiger Real Madrid (Hinspiel 1:3). Neymar wird auch das Testspiel Brasiliens gegen Deutschland am 27. März in Berlin verpassen.

Es geht auch um Sponsorengelder

Neymar hatte sich die Verletzung beim 3:0-Ligasieg von PSG gegen Olympique Marseille ohne Einwirkung eines Gegenspielers zugezogen. Danach entbrannte ein Machtkampf um den Körper des teuersten Fußballers der Geschichte: Neymar selbst hatte unmittelbar nach der Haarriss-Diagnose am Montag über Dritte verlauten lassen, sich unters Messer begeben zu wollen. Dabei soll ihm eine kleine Schraube implantiert werden, um den lädierten Knöchel zu stabilisieren.

Im Rollstuhl in Rio: der aus Paris eingeflogene Neymar nach der Landung in der Heimat. (Foto: Claire Dornald Clauzel/AFP)

PSG sträubte sich gegen die chirurgische Intervention, um ihn noch gegen Real Madrid spielen zu lassen. "Gonçalo Guedes hat beim FC Valencia mit so einer Verletzung gespielt, ehe er operiert wurde...", argumentierte PSG-Trainer Unai Emery, dessen berufliches Schicksal im Falle eines Ausscheidens gegen Real Madrid als besiegelt gilt - und der daher ein besonderes Interesse an einem Auftritt Neymars gegen Real hatte.

Für PSG ist ein Weiterkommen in der Champions League gegen den spanischen Rekordmeister nicht nur eine Prestigefrage, sondern auch vor dem Hintergrund des Kampfes um die Einhaltung der Vorgaben des "Financial Fairplay" der europäischen Fußballunion Uefa von großer Bedeutung. Ein Viertelfinaleinzug würde über TV-Gelder und Sponsoren-Prämien wichtige Mehreinnahmen sichern, um die monumentalen Ausgaben auszugleichen - unter anderem für Neymars Ablösesumme: Er war im Sommer für 222 Millionen Euro vom FC Barcelona an die Seine gewechselt. Laut der brasilianischen Zeitung Folha de São Paulo lag das letzte Wort über die Art der Behandlung zumindest theoretisch bei PSG. Dem Arbeitsvertrag zufolge entscheide der Klub im Verletzungsfall über medizinische Fragen. Sollte Neymar sich seinem Arbeitgeber widersetzen und vertragsbrüchig werden, sei eine empfindliche Strafzahlung und sogar eine Auflösung des Kontrakts denkbar.

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Am Ende setzte sich Neymar durch - womöglich, weil die Verletzung schlimmer ist als angenommen. Gleichwohl soll es zwischen der Neymar-Partei, dem brasilianischen Verband und PSG seit Montag zu dramatischen Debatten gekommen sein. "Wir haben die Entscheidungen alle gemeinsam gefällt - der Klub, der Spieler und der Arzt der brasilianischen Nationalelf", sagte Nasser Al-Khelaifi am Mittwochabend, nachdem PSG im Viertelfinale des französischen Pokals ohne Neymar gegen Olympique Marseille erneut 3:0 gewann (wobei auch Neymars kongenialer Sturmpartner Kylian Mbappé verletzt ausgewechselt werden musste). Brasiliens Doktor Lasmar hatte zuvor am Dienstag seine Teilnahme an einem Workshop des Fußball-Weltverbandes Fifa in Sotschi/Russland überstürzt abgebrochen, um in Paris Neymars Fuß in Augenschein zu nehmen.

Lasmar drängte zur Operation - und wird sie selbst leiten, zusammen mit dem französischen Arzt Gérard Saillant, der vor Jahren Brasiliens einstigen Nationalstürmer Ronaldo, Weltmeister von 1994 und 2002, operiert hatte. In Lasmars Augen bietet der Eingriff die größten Chance darauf, dass Neymar an der WM teilnehmen kann. "Es war eine schwierige Entscheidung, aber die einzige, die möglich war", sagte Al-Khelaifi am Mittwoch.

Die Frage, die in Brasilien für Spannung sorgen wird, ist, ob Neymar rechtzeitig zur WM fit wird und/oder in Form kommt. Der spanische Chirurg und Traumatologe Pedro Ripoll, der Spieler wie Lionel Messi (FC Barcelona) oder den früheren Bayern-Profi Xabi Alonso wegen ähnlicher Verletzungen operiert hat und als Koryphäe gilt, erklärte der Zeitung El País, dass schon ein Haarriss im Falle Neymars ungünstig sei, weil "sein Spiel auf der Schnelligkeit seiner Füße und der Drehung des Sprunggelenks basiert". Mehr als bei anderen Profis sei der kurze Wadenbeinmuskel, der am Ansatz des äußersten Mittelfußknochens verankert ist, bei Neymar durch Finten und Richtungswechsel ständiger Spannung ausgesetzt - und der äußerste Mittelfußknochen einem "mechanischem Stress".

Nun muss nicht eine Fissur, sondern eine Fraktur an einem Knochen behandelt werden, der kaum größer ist als der kleine Finger einer Erwachsenenhand.

Bei Neymars Nationalmannschaftskollegen Gabriel Jesus (Manchester City) führte eine Operation nach einem Haarriss zum erhofften Resultat, er konnte nach zweimonatiger Pause wieder spielen. Allerdings konnte Gabriel Jesus ohne größeren Druck genesen - im Gegensatz zu Neymar, auf dessen Schultern die Hoffnungen einer im Halbfinale der WM 2014 von Deutschland (1:7) gedemütigten Nation lasten.

Brasilien trifft in der WM-Vorrunde in Russland auf die Schweiz, Costa Rica und Serbien. "Neymar ist fundamental", sagte Edson Arantes do Nascimento alias Pelé, der beste brasilianische Spieler der Historie. Neymar meldete sich auf einer Internetplattform zu Wort: "Hindernisse dürfen dich nicht stoppen. Gib nicht auf, wenn du vor einer Wand stehst. Entdecke die Weise, sie zu überwinden."

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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