Playoffs in der NBA:Sonderlob von Shaq

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Paul George von den Los Angeles Clippers wirft - doch Maxi Kleber von den Dallas Mavericks (rechts) steht schon zum Block bereit. (Foto: Mark J. Terrill/AP)

In den Playoffs kommt es gleich zum deutschen Duell. Doch während Maxi Kleber bei den Dallas Mavericks überzeugt und seinen Trainer zu Luftsprüngen animiert, hat Daniel Theis von den Clippers bislang keine Minute gespielt.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Ganz am Ende des ersten Viertels der Playoff-Partie zwischen den Los Angeles Clippers und den Dallas Mavericks, da machte der deutsche Mavericks-Center Maxi Kleber ganz genau das, was sein Trainer Jason Kidd gefordert hatte. Der noch immer erstaunlich athletische Clippers-Veteran Russell Westbrook hatte sich zum Korb durchgetankt und wollte den Ball lässig ins Netz legen - doch Kleber hatte sich perfekt positioniert. Er räumte Ball und Gegner ohne Foulspiel ab.

Kidd, ebenfalls immer noch erstaunlich athletisch, hüpfte an der Seitenlinie höher als davor Westbrook, lief zum Mikrofon von TV-Sender TNT und sagte beim obligatorischen Trainerinterview zwischen den Spielabschnitten: "Genau das brauchen wir: diese körperbetonte Spielweise. So kriegt der Gegner keine zweite Chance - oder nicht einmal eine erste."

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Das war die Debatte gewesen nach dem ersten Duell in dieser mit Spannung erwarteten Erstrunden-Serie zwischen zwei Titelkandidaten: Die Mavericks hatten die erste Partie nicht nur verloren (97:109), sie waren überrollt worden vom Clippers-Ensemble, dessen Aufstellung sich liest wie ein Dream Team aus dem Jahr 2017: Kawhi Leonard (32 Jahre), Paul George (33), Westbrook (35), James Harden (34). Was also brauchten die Mavericks im zweiten Spiel? Zunächst eine aggressivere Defensive, das war keine Kritik an Kleber, der sich dem Clippers-Offensivwirbel als einer der wenigen mutig entgegengestellt hatte. Und mehr Variation in der Offensive, anstatt sich nur auf die Künste von Ballverteiler und -versenker Luka Doncic zu verlassen. Das war dann doch ein Hinweis an Kleber: Er sollte selbstbewusst Bälle fordern, schließlich gilt der 2,08-Meter-Hüne als einer der wenigen ganz großen Leute der NBA, die zuverlässig von jenseits der Dreierlinie treffen.

"Kleber war da, als er gebraucht wurde", urteilt Basketball-Legende Shaquille O'Neal

Und Kleber lieferte: Am Ende des ersten Viertels warf er einen Dreier auf Zuspiel von Doncic, danach kam der erwähnte Block gegen Westbrook. Im Schlussviertel, als die Partie auf der Kippe stand, schaffte er im Gewühl unter dem Korb zwei Defensiv-Rebounds - und einen weiteren Drei-Punkte-Wurf auf Zuspiel von Doncic. 96:93 hieß es am Ende für die Mavericks, und weil sich die Leistung eines Spielers wie Kleber nur schwer in individuellen Statistiken (sechs Punkte, sechs Rebounds) messen lässt: Mit Kleber auf dem Parkett schaffte Dallas zwölf Punkte mehr als der Gegner. "Kleber war da, als er gebraucht wurde", urteilte Basketball-Legende Shaquille O'Neal, was auch beinhaltete: In der Defensive wird Kleber fast immer gebraucht, er war fast immer da.

Über die Clippers sagte O'Neal: "Die Partie haben sie unnötig hergegeben." Sie hatten das Spiel auch unter dem Korb verloren. Stamm-Center ist Ivica Zubac, der nicht im Dream-Team-Verdacht steht, dahinter gibt es drei gleichberechtigte Ersatzleute. Einer davon ist Daniel Theis, der im vergangenen Sommer mit dem deutschen Team die WM gewonnen hatte. Kleber hingegen hatte auf die Teilnahme verzichtet. Er dürfte - anders als Theis - auch nicht zu Olympia nach Paris fahren.

Beim deutschen Playoff-Duell spielt Kleber bislang die bedeutsamere Rolle, und bei den Clippers dürfte die Frage aufkommen, ob Theis nicht doch gebraucht wird in dieser Serie. In den ersten beiden Partien hatte Trainer Tyronn Lue komplett auf ihn verzichtet - jedoch betont, dass dies nicht an Qualität liege: "Das hat nur mit Gegner, Spielstand oder Situation zu tun." In den ersten beiden Spielen war Mason Plumlee der Ersatz-Center und damit oft direkter Gegenspieler von Kleber - eine Situation, mit der Theis gerechnet hatte. "Es wird wahrscheinlich keine feste Rotation geben. Es kann sein, dass ich mal der Back-up bin, dann Plumlee oder PJ Tucker", hatte er vor Beginn der Playoffs gesagt: "Ich bin zufrieden mit meiner Situation. Ich habe in der regulären Saison 60 Spiele gemacht, ich bin gesund und fit."

Wie gehen die Clippers in der weiteren Serie mit Doncic und Irving um?

Die Mavericks sind deshalb ein kniffliger Gegner, weil es nicht nur Doncic gibt, der am Dienstagabend 32 Punkte und neun Zuspiele schaffte und den Theis als "Kopf der Schlange" bezeichnet. Es gibt auch noch Kyrie Irving, einen zweiten Ballverteiler und -versenker, der es in Spiel zwei auf 23 Punkte und drei Zuspiele brachte, weshalb Dallas bisweilen daherkommt wie eine zweiköpfige Schlange. "Es ist unfassbar, wenn du weißt, dass neben dir einer wie Kyrie ist", sagt Doncic: "Das nimmt den Druck, man kann tatsächlich Spaß haben, auch in den Playoffs, wo es härter zur Sache geht."

Die Denksport-Aufgabe an Clippers-Trainer Lue vor der dritten Partie dieser Best-of-seven-Serie am Freitag lautet deshalb: Wie sollen die Clippers umgehen mit Doncic und Irving, die quirlig zum Korb zogen und dabei nur unzureichend gestört wurden? Wie sollen sie sich bei den beiden nun folgenden Auswärtspartien in der Offensive zweite Chancen erarbeiten? Gut möglich, dass Theis als kraftvoller Auf- und Abräumer unter dem Korb schon bald gebraucht wird.

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