NBA-Profi Anthony Edwards:Ein "Monsterdunk", der keiner ist

Lesezeit: 2 min

Anthony Edwards sprang gegen Utahs John Collins so hoch, dass er den Ball bei seinem Versuch weit über dem Ring in der Hand hielt - aber war es wirklich ein Dunk? (Foto: Rob Gray/USA TODAY Sports via Reuters Con)

Einer der spektakulärsten US-Basketballer springt über seinen Gegner und wuchtet den Ball in den Korb. Klare Sache: "Dunk des Jahres", finden viele. Aber so eindeutig ist die Sache nicht.

Von Jonas Beckenkamp

Es gibt im amerikanischen Basketball ein Bonmot, das gut beschreibt, was der Basketball-Profi Anthony Edwards in der Nacht zum Dienstag auf dem Parkett zur Aufführung brachte: "He jumped out of the gym", er sprang aus der Halle, so die überspitzte Redewendung - als er sich in die Luft katapultierte wie ein menschlicher Flummi. Edwards, 22, gilt in der NBA als einer der spektakulärsten Hochspringer, seine Aktionen sind vielfach dokumentiert. Aber bei dieser Flugeinlage beim 114:104-Sieg seiner Minnesota Timberwolves gegen die Utah Jazz legte er noch ein paar Extrameilen drauf.

Edwards spurtete bei einem Schnellangriff Richtung Korb, empfing einen Pass, verzichtete wie im US-Basketball üblich auf ein Dribbling bei der Ballannahme und setzte zur Schwebe an. Während sein Gegenspieler John Collins, ein Koloss von immerhin 2,06 Metern Länge, längst den Sinkflug antrat, schien der Timberwolf wie einst Michael Jordan in der Luft zu stehen. "Hangtime" nennt man diese Sekundenbruchteile der Schwerelosigkeit in der NBA, der legendäre "Air" Jordan hat sie einst zur Kunstform erhoben.

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Und dann krachte es: Edwards war einfach über Collins hinweggesprungen, ehe er die Kugel in den Korb rammte. In der Arena der Jazz zuckten die Zuschauer mit flirrenden "Ooooh"-Rufen zusammen. Klare Sache: "Dunk des Jahres", finden nun viele Beobachter, ein derartiges Statement ins Gesicht des Verteidigers ist selbst in der Zirkusshow NBA selten. "Das war definitiv der beste Dunk meiner Karriere", befand auch Edwards selbst. Und er ist schon so manches Mal gesegelt, etwa gegen das deutsche Nationalteam im vergangenen Jahr.

Doch am aktuellen Kunststück sind nun Zweifel angebracht: Wer die Videos des Einschlags aus mehreren Perspektiven genau betrachtet, könnte zu dem Schluss kommen, dass es sich bei diesem Exemplar der Gattung "Monsterdunk" gar nicht um einen handelsüblichen Dunking handelt.

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Der Duden beschreibt ihn so: "Korbwurf, bei dem der Werfer so hoch springt, dass er den Ball kraftvoll direkt von oben in den Korb werfen kann." In der NBA-gültigen Reinform gehört zu einem Dunk aber mehr: Der Angreifer muss den Ball schon in den Korb stopfen, am besten kraftvoll und mit festem Griff an den Ring.

Ob Edwards diesen überhaupt touchierte, ist fraglich. Er streifte mit den Fingerkuppen das Netz, aber von horizontalem Stopfen kann nicht unbedingt die Rede sein - eher patscht er das Leder in die Reuse, weil ihm der Ball etwas aus der Pranke flutscht. Kurz nach der Landung hielt er sich vor Schmerzen eine Hand, die Diagnose ergab später einen ausgekugelten Finger, allerdings an der linken Hand, abgeschlossen hatte er mit rechts. Auch der gedemütigte Mitflieger Collins, der zudem ein Foul kassierte, überstand den Aufprall mit Edwards' linkem Arm nicht unbeschädigt: Er saß am Boden und hielt sich das Haupt.

Wann ein Dunk wirklich ein Dunk ist, darüber lässt sich herrlich streiten, die meisten Hobbybasketballer kommen ohnehin nie in den Genuss, den Ball in den 3,05 Meter hohen Korb zu stopfen. Vielleicht empfiehlt sich für Edwards' Aktion der in Fachkreisen oft ironisch verwendete Begriff "Druckkorbleger", was natürlich um Meilen weniger cool klingt. Kleiner Fakt am Rande: Ein Dunk bringt so oder so auch nur zwei Punkte.

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