NBA-Finale: Miami - Dallas:Nowitzki holt ersten NBA-Titel

Lesezeit: 4 Min.

Es war eine der spannendsten und atemberaubendsten Finalserien aller Zeiten: Die Dallas Mavericks gewinnen das sechste Spiel der Finalserie gegen Miami Heat und damit die Meisterschaft in der NBA. Dirk Nowitzki verwirklicht sich damit seinen Traum, wird als wertvollster Spieler der Serie ausgezeichnet - und will am Ende den Pokal gar nicht mehr hergeben.

Jürgen Schmieder

Dirk Nowitzki schlug die Hände über dem Kopf zusammen, ungläubig sah er sich der Arena um. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass gleich jemand auf ihn zustürmen, ihn zwicken und ihm mitteilen würde, dass er die vergangenen 47 Spielminuten nur geträumt hatte. 30 Sekunden waren noch zu spielen im sechsten Spiel der Finalserie zwischen Dallas und Miami, die Mavericks führten nach einem Korbleger von Nowitzki mit 103:95. Spätestens in diesem Moment war klar: Dallas würde dieses Spiel gewinnen - und Nowitzki damit seinen ersten Titel in der NBA. Am Ende hieß es 105:95 für Dallas.

Endlich am Ziel: Dirk Nowitzki mit der Trophäe des MVP der Finalserie. (Foto: AP)

"Das ist mein Traum, ich habe mein halbes Leben auf diesen Moment hingearbeitet", hatte Nowitzki vor diesem Spiel gesagt. Wie in den Spielen zuvor hatte er Probleme dabei, seinen Wurfrhythmus zu finden. Doch wie zuvor traf er in den entscheidenden Momenten und vor allem dann, wenn seine Mannschaft dringend Punkte brauchte. Am Ende des Spiels vergrub Nowitzki sein Gesicht hinter seinem Trikot und ging erst einmal in die Umkleidekabine.

Dann kam er heraus, setzte sich die Mütze auf, auf der das Logo seines Vereins und das Wort "Champions" eingestickt war und umarmte jeden, der sich in seiner Nähe befand. "Es ist unglaublich, das jetzt zu erleben", sagte Nowitzki, nachdem er zuvor noch als wertvollster Spieler der Finalserie ausgezeichnet worden war. "Wir hatten so viel Spaß zusammen in dieser Saison. Heute hat mich das Team drei Viertel des Spiels mitgezogen, dafür möchte ich mich bedanken." Dann nahm Nowitzki die Meistertrophäe und wollte sie gar nicht mehr loslassen.

Es war eine der spannendsten und atemberaubendsten Finalserien aller Zeiten, wie einige Statistiken verdeutlichen: Bei der Gesamtzahl der Punkte lagen beide Mannschaften nur 14 Punkte auseinander, bei der Trefferquote unterschieden sich beide Vereine um gerade einmal 0,4 Prozent. Während der sechs Spiele wechselte die Führung 49 Mal, 53 Mal stand es Unentschieden.

Freilich sind diese Zahlen nur der statistische Beweis dafür, wie beeindruckend die Serie zwischen den Dallas Mavericks und den Miami Heat war. Es gab äußerst harte Duelle auf dem Parkett, nach den einzelnen Spielen gab es kaum einen Akteur, der nicht bandagiert aus der Umkleidekabine humpelte. Die einzelnen Partien waren taktische Leckerbissen, es würde nicht verwundern, wenn die Defensivstrategien beider Trainer und die schachähnlichen Rochaden während der Spiele bald auf einer Lehr-DVD veröffentlicht würden.

Auch die Freunde des Spektakels kamen in diesem Finale auf ihren Kosten. Neben ansehnlichen Spielzügen und krachenden Dunkings gab es auch Scharmützel abseits des Spielfeldes, LeBron James und Dwyane Wade etwa machten sich öffentlich über die Grippe lustig, mit der sich Nowitzki im vierten Spiel herumgeplagt hatte. Dessen trockene Reaktion: "Finde ich ein bisschen kindisch und ignorant, stört mich aber nicht."

Die sechste Partie war also die erste Gelegenheit für die Dallas Mavericks, die Meisterschaft zu gewinnen - für die Heat ging es darum, diesen Matchball in eigener Halle abzuwehren und ein entscheidendes siebtes Spiel, ebenfalls auf eigenem Parkett, zu erzwingen. In den Tagen vor dem Spiel wiederholte Miamis Trainer Erik Spoelstra die Begriffe "auf Kurs bleiben" und "mentale Stabilität" so oft, dass man glauben musste, er habe in seinem Kopf eine Schallplatte mit einem Sprung.

Sein Kollege Rick Carlisle dagegen gab sich vor dem Duell betont gelassen in der Gewissheit, dass seine erfahrenen Spieler ganz hervorragend mit Druck umzugehen wissen und in der Lage sind, auch in fremder Halle herausragend zu agieren. Zu Beginn schickte er wie schon im fünften Spiel den quirligen J.J. Barea aufs Spielfeld anstatt des harten Verteidigers DeShawn Stevenson. Barea war sogleich präsent, dribbelte immer wieder in Richtung Korb und erzielte schnell sechs Punkte.

Für Miami war zunächst vor allem LeBron James erfolgreich - jener Akteur, der häufig gescholten wurde während dieser Serie aufgrund seiner Passivität vor allem in entscheidenden Situationen. Daraus hat sich ein Witz entwickelt, der so geht: Warum kann James keinen Dollar in vier 25-Cent-Münzen wechseln? Die Antwort: "Because he does not have a forth quarter" Nach neun schnellen Punkten verschwand James wieder unter einer Tarnkappe, vielmehr konterten die Mavericks einen Lauf der Heat und führten am Ende des ersten Viertels mit 32:27.

NBA-Titel für Dirk Nowitzki
:"Ich habe ein bisschen geheult"

Als die Schlusssirene ertönte, rannte Dirk Nowitzki erstmal aus der Halle. Die Emotionen hatten ihn übermannt. Später wurde jedoch kräftig gefeiert, auch Nowitzki fand schnell seine Worte wieder - und sprudelte vor Glück.

Das entscheidende Spiel in Bildern

"Wir müssen Wade und James weiter fern vom Korb halten und sie zu schwierigen Würfen zwingen, dann sind wir gut aufgestellt", sagte Carlisle während einer Auszeit im zweiten Viertel. Was er nicht sagte: Seine Mannschaft erspielte sich eine Zwölf-Punkte-Führung, obwohl Nowitzki mit einer schrecklichen Trefferquote (ein Treffer bei elf Fehlversuchen in der ersten Halbzeit) gerade einmal drei Punkte erzielt hatte. Es waren Nowitzkis Kollegen wie Jason Terry (19 Punkte in der ersten Halbzeit), DeShawn Stevenson (neun) und Shawn Marion (acht), die auffällig agierten.

NBA-Titel für Dirk Nowitzki
:"Ich habe ein bisschen geheult"

Als die Schlusssirene ertönte, rannte Dirk Nowitzki erstmal aus der Halle. Die Emotionen hatten ihn übermannt. Später wurde jedoch kräftig gefeiert, auch Nowitzki fand schnell seine Worte wieder - und sprudelte vor Glück.

Das entscheidende Spiel in Bildern

Mitte des zweiten Viertels - Miami hatte inzwischen durch erneuten Lauf ausgeglichen - kam es zu einem Geschubse zwischen Stevenson und Udonis Haslem, die zu einer handfesten Rangelei ausartete. Am Ende gab es zwar nur drei technische Fouls, doch verdeutlichte die Szene noch einmal, wie intensiv diese Partie geführt wurde. Nach zahlreichen Führungswechseln lag Dallas zur Halbzeit mit 53:51 vorne.

"Wir bekommen einige freie Würfe, wir müssen sie nur verwandeln", sagte Terry während der Pause, was freilich auch eine Aufforderung an Nowitzki war. Der fand zu Beginn des dritten Viertels seinen Rhythmus und erzielte schnell einige Punkte. Weil seinen Kollegen einige Drei-Punkte-Würfe gelangen und vor allem Brian Cardinal clever und aggressiv verteidigte, führten die Mavericks am Ende des Viertel mit 81:72.

Miamis Spieler schlichen mit hängenden Schultern und Köpfen zurück zur Bank, sie wirkten ein wenig ratlos - wie auch die Worte ihres Trainers verdeutlichten. Der hatte erneut seinen Plattenspieler angeworfen und sagte in der Viertelpause: "Wir brauchen mentale Stabilität und müssen auf Kurs bleiben."

Dann begann das Schlussviertel, jener Spielabschnitt, den Dallas in dieser Finalserie dominiert hatten - und auch an diesem Abend waren die erfahrenen Akteure der Mavericks in der Lage, den Vorsprung zu behaupten und am Ende verdient zu gewinnen. Elf Punkte erzielte Nowitzki im letzten Viertel, 21 waren es insgesamt. Die prägenden Spieler der Heat, LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh dagegen waren erneut nicht in der Lage, ein ansehnliches viertes Viertel hinzubekommen, der böse Witz mit dem schlechten vierten Viertel wird James mindestens noch ein Jahr verfolgen.

Als Mark Cuban, der Besitzer der Mavericks, die Larry-O'Brian-Trophäe überreicht bekam, gab er sie sogleich weiter an Nowitzki. Wahrscheinlich wird der morgen neben dem Pokal aufwachen. Er hat sein halbes Leben darauf hingearbeitet, die Trophäe zu bekommen - und es würde kaum verwundern, wenn er sie nun einfach mit ins Bett nehmen würde.

© sueddeutsche.de/jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: