NBA-Finale: Dallas-Trainer Rick Carlisle:Nowitzkis Minuten-Manager

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Ein Mann gegen die Müdigkeit: Dallas hat das älteste Team der Liga, aber erschöpft zeigt sich in der NBA-Finalserie bislang eher der Gegner aus Miami. Vor dem womöglich entscheidenden sechsten Spiel zeigt sich: Der Trainer der Mavericks, Rick Carlisle, verteilt die Einsatzzeiten seiner Spieler meisterlich. Davon profitiert auch Dirk Nowitzki.

Joachim Mölter, Miami

Wenn man wissen will, was los ist mit LeBron James, dem hochgelobten und in der NBA-Finalserie gegen die Dallas Mavericks bisher so tief enttäuschenden Basketballer der Miami Heat, darf man nicht auf die üblichen Statistiken schauen. Nach dem fünften Spiel der Best-of-seven-Serie, das Miami am Donnerstag 103:112 verloren hatte, standen dort ja im Grunde beeindruckende Zahlen: Punkte: 17 - Rebounds: 10 - Assists: 10. Ein sogenanntes Triple-Double, zweistellige Ausbeuten in drei Kategorien - das gelingt im Finale nicht vielen Profis.

Rick Carlisle (rechts), Trainer der Dallas Mavericks, sorgt sich um die Erholung seiner Spieler. Dirk Nowitzki profitiert von der Wechseltaktik. (Foto: AFP)

Aber der 26-Jährige hatte dennoch wieder nicht überzeugt. Er war nicht so dynamisch zum Korb gezogen, wie man es von ihm kennt; hatte nicht so explosiv abgehoben, wie man es von ihm erwartet. Wenn man also wissen will, was los ist mit LeBron James, muss man auf dem Statistikzettel gleich in die erste Spalte schauen, dorthin, wo die Einsatzzeit vermerkt ist. Bei James stand da: 45:38 Minuten.

Wenn man bedenkt, dass ein Spiel in der amerikanischen Profiliga NBA 48 Minuten dauert, kommt man zu dem Schluss: Der Mann ist offensichtlich ganz einfach müde.

LeBron James gehörte schon in der Punkterunde zu den fünf, sechs meistbeschäftigten Akteuren der Liga mit knapp 39 Minuten pro Partie, und in den Playoffs hat sich seine Arbeitszeit noch erhöht: in der ersten Runde gegen Philadelphia auf mehr als 42 Minuten, in der zweiten gegen Boston auf mehr als 44, im Halbfinale gegen Chicago sogar auf mehr als 45.

In den fünf bisherigen Finalpartien stand er viermal ebenfalls länger als eine Dreiviertelstunde auf dem Parkett - mit Abstand am längsten von allen Spielern. Nun scheint sich bei Miami das bemerkbar zu machen, was Experten eher bei Dallas erwartet hatten: Erschöpfung.

Die Mavericks sind das älteste Team der Liga mit einem Schnitt von fast 30 Jahren, aber ihr Trainer Rick Carlisle, 51, hat es bislang verstanden, seine Spieler frisch und munter zu halten. Oder sollte es Zufall sein, dass sie in vier der fünf bisherigen Begegnungen am Ende, im vierten Viertel, noch einmal schwer aufkamen und dreimal teils große Rückstände wettmachten? Hätte Dirk Nowitzkis Sprungwurf vier Sekunden vor Ende des dritten Spiels (86:88) nicht den Korb verfehlt, stünde es jetzt vermutlich nicht 3:2 für Dallas, sondern schon 4:1, und die Serie wäre zu Ende.

Vor dem sechsten Vergleich an diesem Sonntag in Miami (20 Uhr Ortszeit/Montag 2 Uhr MESZ) darf man jedenfalls feststellen: Rick Carlisle managt die Minuten meisterlich, die er seinen Spielern gibt.

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Das wurde deutlich nach dem dritten Spiel der Serie, eben jener 86:88-Niederlage, mit der Dallas 1:2 zurückfiel. Da hatte Carlisle auf dem Statistikzettel gesehen, dass Shawn Marion - der hauptsächliche Gegenspieler von LeBron James - zum zweiten Mal nacheinander mehr als 40 Minuten auf dem Buckel gehabt hatte, genau: 43:08. "Im Moment spielt er zu lange", sagte Carlisle: "Es ist viel verlangt von ihm, den besten Athleten der Welt 43 Minuten lang zu bewachen und nebenbei im Angriff auch noch zu punkten und zu rebounden. Das sollte ich nicht zulassen."

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Also stellte der Coach für das nächste Spiel seine Startformation um. Für DeShawn Stevenson lief zunächst José Juan Barea auf - ein überraschender Schachzug, der gleich in zweifacher Hinsicht aufging: Der quirlige Barea mischte Miamis Abwehr auf, und der abwehrstarke Stevenson konnte später für Marion eingewechselt werden und als frischer Mann LeBron James weiter ermüden. Dass Stevenson im Angriff elf Punkte beisteuerte, war ein unverhoffter, aber willkommener Nebenaspekt.

In diesem vierten Spiel, das Dallas 86:83 gewann, tat sich aber ein weiteres Minutenproblem auf für Carlisle. Es stellte sich heraus, dass der angeschlagene Ersatz-Center Brendan Haywood (Hüftprellung) nicht agil genug war, um sich Miamis Angreifern in den Weg zu stellen. Tyson Chandler, Dallas' Nummer eins auf der Centerposition, schaute sich das nur kurz an, dann wechselte er sich selbst wieder ein. Nun war er es, der 43 Minuten durchgehalten hatte, zu viel für Carlisles Geschmack. "Er ist wichtig für uns, wir brauchen ihn auf dem Parkett", sagte der Cheftrainer: "Aber nicht in einer Situation am Ende, wo ihm die Luft ausgeht und das zu Fouls oder anderen Fehlern führt."

Für das fünfte Spiel, den 112:103-Sieg, änderte der Coach seine übliche Rotation deshalb weiter, notgedrungen. Er musste ja auch schauen, dass er den von einer Erkältung geschwächten Dirk Nowitzki nicht überstrapazierte. Erster Ersatzmann für Chandler war nun der unerfahrene Franzose Ian Mahinmi, den Carlisle für acht Minuten aufs Feld schickte; dazu kam Brian Cardinal, üblicherweise der Ersatz für Nowitzki, der insgesamt neun Minuten bekam.

Carlisle ersetzte seine beiden großen Männer aber nicht Eins-zu-Eins, sondern verschob seine Rotation ein wenig: Für ein, zwei Minuten übernahm Nowitzki die Center-Position und Cardinal derweil seinen Platz; für ein paar weitere Minuten stand die Ersatz-Combo quasi allein auf dem Platz. Ein gewagtes Unternehmen für ein so wichtiges Spiel. Aber Carlisles Plan ging auf.

Nowitzki, Chandler und auch Marion kamen auf jeweils weniger als 40 Minuten Einsatzzeit - das erklärte Ziel des Coaches - und waren vergleichsweise ausgeruht, als es im vierten Viertel um die Entscheidung ging. Und Cardinal (vier) und Mahinmi (drei) hatten zwischenzeitlich sogar noch ein paar Punkte beigesteuert, die halfen, den Rückstand während Nowitzkis Abwesenheit nicht zu arg anschwellen zu lassen.

"Um erfolgreich zu sein, brauchen wir manchmal sieben Spieler, die mehr als vier, fünf Punkte machen, oder acht, die uns wenigstens drei geben", erklärte Carlisle und lobte seine Ersatzleute: "Das waren qualitativ hochwertige Minuten für uns." Im Gegensatz zu den nur quantitativ herausragenden Minuten von LeBron James.

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