Formel 1 in Zandvoort:Gemeingefährliches Elefantenrennen

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Teamkollegen und Rivalen: Die Haas-Piloten Mick Schumacher (rechts) und Nikita Masepin kommen auf der Strecke nicht gerade gut miteinander aus. (Foto: Laci Perenyi /Imago)

Konflikte zwischen Teamkollegen gehören zur Formel 1. Aber die Duelle von Mick Schumacher und Nikita Masepin auf der Strecke sind zu gefährlich - es braucht dringend einen Verhaltenskodex.

Kommentar von Philipp Schneider, Zandvoort

Es ist nicht so, als würde Günther Steiner Konflikte in seinem Team Haas ausschließlich hinter den Kulissen moderieren. In Budapest hatte er einen seiner Fahrer etwa öffentlich an den Pranger gestellt. Nachdem Mick Schumacher seinen wertvollen Flitzer im Abschlusstraining geschrottet hatte, weswegen er schon zum zweiten Mal in dieser Saison gar nicht an einer Qualifikation teilnehmen konnte, sagte Steiner: "Mick hatte die letzten Rennen größere Unfälle. Dreher sind kein Problem, aber diese Unfälle kosten eine Menge Geld."

Jene Dreher, die offenbar kein Problem sind, sind das Spezialgebiet von Steiners zweitem Fahrer, dem Russen Nikita Masepin. Er trägt bei Haas deshalb den Spitznamen Mase spin. Indem Steiner die Dreher im Zusammenhang mit Schumachers Crash so explizit ansprach, verschickte er vor der Sommerpause der Formel 1 also eine Botschaft: Schumacher muss sich bessern. Masepin darf weiterkreiseln. Das kostet ja nichts.

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Nun, nachdem sich seine Top-Angestellten beim Grand Prix in Zandvoort gleich an zwei Tagen auf der Strecke und auch vor den Mikrofonen bekriegt hatten, hätten sich viele Beobachter eine eindeutige Stellungnahme von Steiner gewünscht. Als Schumacher seinen Teamkollegen im Rennen überholen wollte, drängte ihn Masepin beinahe in Richtung Boxeneinfahrt, wo ein Poller in den Asphalt eingelassen ist. In Baku hatte Masepin zuvor so ähnlich gezuckt am Steuer - und Schumacher bei hohem Tempo den Weg versperren wollen. "Lebensgefährlich" sei die Aktion, rief nun Schumachers in der Angelegenheit zugegebenermaßen nicht ganz unbefangener Onkel Ralf auf seinem Co-Kommentatoren-Sitz bei Sky. Und wurde grundsätzlich: "Dieses Risiko, welches Masepin eingeht, passt nicht zu seinem Talent. Er scheint überfordert und frustriert." Das mag sein. Aber das Problem ist ein anderes.

Legt Teamchef Steiner bei der Kritik seiner Fahrer unterschiedliche Maßstäbe an?

Der sogenannte Stallkrieg ist ein Klassiker in der Geschichte der Formel 1. Senna gegen Prost, Hamilton gegen Rosberg, zuletzt erst Vettel gegen Leclerc bei Ferrari - all diese Duelle brachten aus Sicht der Zuschauer immer wieder sonntags eine feine Würze in die Wohnzimmer. Weil sich hier Fahrer duellierten, die dem Kollegen den Weltmeistertitel nicht gönnten.

Das, was sich Masepin und Schumacher nicht gönnen, hat aber keinen messbaren Wert. Sie duellieren sich um nichts, nullo, den vorletzten Platz. Wenn sie bei einem ihrer Platzkämpfe die eigene Gesundheit und die des Kollegen riskieren, nur um der Zweitlangsamste sein zu dürfen, dann fasst man sich als Beobachter zwar ans Hirn. Wenn sie aber wie am Samstag in der Qualifikation so uneinig sind, dass sie ein Elefantenrennen veranstalten und als Verkehrshindernis die Spur blockieren, wenn Vettel mit einem Geschwindigkeitsüberschuss von 200 km/h angebrettert kommt, dann ist das gemeingefährlich.

Die Szene am Samstag war das Resultat von teaminterner Konfusion: Masepin war zugesichert worden, er dürfe in der Qualifikation voranfahren, daraufhin wurde Schumacher im Funk mitgeteilt, er dürfe überholen. Die Szene am Sonntag wiederum war wohl die Folge fehlender Ansagen an Masepin nach seiner Aktion in Baku. Teamchef Steiner wäre gut beraten, dem Russen schnellstmöglich einen Rennfahrerknigge ins Cockpit zu pinnen. Sonst setzt er sich dem Vorwurf aus, seine Fahrer unterschiedlich hart zu kritisieren. Schließlich weiß jeder, dass mit den Sponsorengeldern von Masepins Vater Dimitri nicht nur die teuren Crashs von Schumacher bezahlt werden.

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