Liverpool besiegt Manchester City:Der Pharao gewinnt

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Wer ist hier der beste Stürmer der Premier League? Mo Salah trifft gegen Manchester City, Erling Haaland bleibt ausnahmsweise ohne Tor. (Foto: Peter Byrne/PA Images/Imago)

Münzen fliegen auf Pep Guardiola, Jürgen Klopp sieht eine rote Karte und mittendrin erzielt Mohamed Salah den entscheidenden Treffer: Ein wilder Abend in Liverpool zeigt, dass Manchester City auch mit Erling Haaland schlagbar ist.

Von Felix Haselsteiner

Lang genug spielt Mohamed Salah bereits in der Premier League, um zu wissen, dass man als Stürmer manchmal nur geduldig sein muss. Notorisch umkämpft und ausgeglichen waren die Duelle zwischen den beiden Meisterschaftskandidaten Manchester City und FC Liverpool in den vergangenen Jahren immer gewesen und sowohl Pep Guardiolas als auch Jürgen Klopps Mannschaft sind inzwischen sehr gut darin, die Lücken beim Gegner zu finden - in die dann besonders gern Salah vorrückt: Acht Tore erzielte der Stürmer in den Spielen gegen Manchester City seit 2017. Am Sonntag folgte das neunte.

"Ich bin ruhig geblieben, weil ich wusste, dass ich noch eine zweite Chance bekommen werde", sagte Salah nach dem Spiel, in dem er in der 50. Minute eine erste Chance bekommen hatte und im Eins-gegen-eins an Torwart Ederson und dem Pfosten gescheitert war. Die Szene wiederholte sich tatsächlich 25 Minuten später, diesmal aber ging sie zu seinen Gunsten aus: Salah lief nach einem Abschlag von Liverpools Torwart Alisson und einem Fehler von João Cancelo allein auf Ederson zu und traf zum 1:0.

Es war die entscheidende Szene in einem engen Fußballspiel, das keineswegs den aktuellen Tabellenstand in der Premier League widerspiegelte. City kassierte die erste Niederlage zwar gegen den größten Konkurrenten der vergangenen Jahre, aber eben auch gegen einen Verein, der vor dem Spiel 13 Punkte Rückstand hatte. Liverpools katastrophaler Saisonstart hatte den Eindruck erweckt, dass City in diesem Jahr in anderen Sphären spielen könnte - der in dieser Woche jedoch widerlegt zu sein scheint.

Beide Vereine entschuldigten sich für das Verhalten ihrer Anhänger

Klopp jedenfalls lieferte mit dem 7:1 in der Champions League in Glasgow und nun mit dem Sieg über Guardiolas zuvor noch ungeschlagene Mannschaft zwei gute Argumente dafür, dass die tiefe Krise am Mersey erst einmal überwunden sein könnte. Vor allem in der Defensive wirkte Liverpool wesentlich stabiler und verteidigte gegen Erling Haaland weitgehend schadenfrei - zwei gute Chancen in der ersten Halbzeit vergab der Norweger in der 33. und 40. Minute.

Das Spiel hätte zu Beginn der zweiten Halbzeit allerdings auch in Richtung Manchester kippen können: Kurz nach Salahs erster guter Chance erzielte Phil Foden das 1:0, das allerdings nach einer VAR-Überprüfung wegen eines Fouls von Haaland an Fabinho im Mittelfeld aberkannt wurde. "Das ist Anfield", sagte Guardiola nach dem Spiel trotzig. Das ganze Spiel über habe Schiedsrichter Anthony Taylor Szenen immer durchlaufen lassen, nur beim Tor nicht. "Er hätte entscheiden können, ständig zu pfeifen, aber das hat er nicht", sagte Guardiola. Seine Mannschaft habe so nicht das Momentum der Führung bekommen, in einer Phase, in der sie eigentlich das Spiel kontrollierte.

Äußert hier nicht nur sachliche Kritik an der Leistung des Schiedsrichters: Jürgen Klopp. (Foto: Phil Noble/Reuters)

Das Spiel fand über die sportliche Brisanz hinaus in hitziger Atmosphäre statt. Guardiola wurde nach eigener Aussage mehrmals von den Rängen mit Münzen beworfen, Citys Fans bedachten erneut die Opfer der Hillsborough-Katastrophe mit Schmähgesängen. Beide Vereine entschuldigten sich für das Verhalten ihrer Anhänger, Liverpool kündigte lebenslange Stadionverbote für die Münzwerfer an.

Und auch Klopp fand sich gegen Ende in einer hitzigen Szene außerhalb seiner Coaching-Zone wieder, von wo aus er den Linienrichter und Taylor wüst beschimpfte, weil diese zuvor ein Foul nicht gegeben hatten. "Mein Fehler, ich bin zu weit gegangen", sagte Klopp zu der Szene, die ihm in der 85. Minute eine rote Karte einbrachte. "Ich kenne mich, ich bin 55 und ich verdiene eine rote Karte. Ich habe in dem Moment die Nerven verloren und das ist nicht okay."

Klopps Entschuldigung setzte einen Schlusspunkt hinter einen wilden Abend, an dem sich das Titelrennen in der Premier League ein wenig verändert hat. Liverpool ist zwar weiterhin weit von der Tabellenspitze entfernt, mit vier Punkten Vorsprung hat nun der FC Arsenal allerdings ein kleines Polster auf City aufgebaut.

Genugtuung verschaffte das 1:0 allerdings vor allem dem Spieler, der sich zuletzt mit viel Kritik auseinandersetzen musste. Mohamed Salah war eine der größten Enttäuschungen der bisherigen Liverpool-Saison gewesen, kam zu wenigen Chancen und musste sich darüber hinaus in Boulevardzeitungen den Vorwurf gefallen lassen, seine teure Vertragsverlängerung vor der Saison habe bei ihm zu weniger Motivation geführt.

Kassierte die erste Saisonniederlage: Pep Guardiola. (Foto: Jon Super/AP)

Nun erzielte er binnen einer Woche vier Tore, den schnellsten Hattrick der Champions-League-Geschichte gegen die Glasgow Rangers und den Siegtreffer im Duell gegen City. Vor allem aber gewann er auch ein persönliches Duell, was dem durchaus selbstbewussten Salah ebenso wichtig sein dürfte. Denn seit dieser Saison redet man schließlich nicht mehr so viel von ihm, dem "Pharao" und dreimaligen besten Torschützen in der Premier League. In England geht es seit Wochen fast ausschließlich um Haaland und seine Wunderstatistik, die am Sonntagabend allerdings auch nichts nutzte.

Liverpool gegen City war nicht nur eine weitere Ausgabe der Rivalität von Klopp und Guardiola, sondern auch das erste große Aufeinandertreffen des besten Stürmers der vergangenen Jahre und des besten Stürmers dieser bisherigen Saison. Und in solchen Duellen reicht ein Tor aus, um festzustellen, dass es einen eindeutigen Sieger gibt.

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