Wolfsburgs Zugang Max Kruse:Entwaffnend offener Bessermacher

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Erst in Giftgrün auf dem Platz, dann im Fernsehstudio: Max Kruse verstärkte den VfL Wolfsburg. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Mit Max Kruse ist der VfL plötzlich ein richtig abgezocktes Team - und siegt 2:0 in Frankfurt. Wie außergewöhnlich der Stürmer auch als Person ist, offenbart er in einem Interview danach.

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Max Kruse hatte fürs Wochenende zwei Einladungen vorliegen. Wobei Frankfurts Trainer Oliver Glasner ihn ja nur spaßeshalber gebeten hatte, an einem eilig veranstalteten Pokerturnier teilzunehmen, um Unheil von seiner Eintracht abzuwenden. Offenbar ahnte der Österreicher, was kommen würde: Ehe der Winter-Zugang des VfL Wolfsburg der Bitte zu einem Besuch ins ZDF-Sportstudio auf dem Mainzer Lerchenberg nachkam, hatte Kruse den 2:0-Sieg im Frankfurter Stadtwald auf den Weg gebracht.

Aus der Position der Stärke konnte das Pokerface hernach am besten argumentieren, warum er kürzlich so plötzlich einen charmanten Emporkömmling wie Union Berlin gegen einen kriselnden Werksklub eingetauscht hat. Erstmals sprach der 33-Jährige über Meinungsverschiedenheiten mit Union-Trainer Urs Fischer. "Ich hatte eine sehr intensive und geile Zeit bei Union, keine Frage. Aber für mich lief das zweite Jahr nicht mehr so wie das erste.

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Die Beziehung zu dem Schweizer Fußballlehrer sei zwar "nicht komplett zerbrochen oder schlecht" gewesen, aber ich habe mir da einfach etwas anderes über kurz oder lang vorgestellt." Sein Verständnis für wettbewerbsübergreifend 18 Auswechslungen in der Hinrunde hielt sich arg in Grenzen. Ein Freigeist wie er will immer von der ersten bis zur letzten Minute spielen - ganz egal, ob er voll austrainiert ist oder nicht.

Sein Ex-Coach Fischer parierte dies anderntags auf seine Art. Er glaube jetzt nicht, dass die Beziehung belastet war. "Ich meine, die erste Bundesliga ist kein Streichelzoo", sagte er. Es sei vor allem um die Minuten und seine Auswechslungen gegangen, "aber ich habe auch nicht den Auftrag, Wünsche zu erfüllen".

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Der selbstbewusste Bessermacher ("ich habe bei jedem Verein meinen Stempel hinterlassen") betonte, die Entscheidung habe schon länger festgestanden, die Eisernen im Sommer zu verlassen. Trotzdem kam der Wechsel an den Mittellandkanal spontan zustande - und daran hatte sein neuer und alter Trainer Florian Kohfeldt "einen Riesenanteil". Beide schätzen einander aus fast drei gemeinsamen Bremer Jahren. Beinahe wie zum Beleg spielte die neue Nummer neun der Niedersachsen am Samstag durch - und unterstrich, dass da einer immer noch die hohe Kunst der feinen Nadelstiche beherrscht.

Clever zockte Kruse erst Frankfurts Abwehrspieler Tuta ab, ehe der herbeigeführte Zusammenstoß mit dem ungeschickt zu Hilfe eilenden Martin Hinteregger dazu führte, dass Schiedsrichter Frank Willenborg nach Intervention aus dem Kölner Keller für diese "50:50-Situation" (O-Ton Kruse) auf der Strafraumlinie einen Elfmeter verhängte. Kruse, wer sonst, verwandelte mit ein bisschen Glück (28.). Dodi Lukebakio traf nach einem weiteren Hinteregger-Patzer zum 2:0 (90.+3).

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"Wir dürfen jetzt nicht so tun, als wenn alles Friede, Freude, Eierkuchen wäre. Wir sind noch nicht unten raus", warnte Kruse sogleich. Aber auf den richtigen Weg führte der neue Anführer die Wolfsburger allemal, die sich mit einer disziplinierten Haltung den zweiten Befreiungsschlag nach dem Pflichtsieg gegen Fürth (4:1) verdienten. "Die Mentalität war top, das Verteidigen ordentlich, das Spiel mit dem Ball ausbaufähig", sagte Kohfeldt, der sich auf der Pressekonferenz anfänglich weigerte, Kruse in den "Himmel zu loben, weil er einen Elfmeter verwandelt hat".

Außerdem sei er "die vergangenen fünf Jahre der Mensch gewesen, der die meisten positiven Dinge über Max erzählt hat." Eigentlich hätten seine drei Verteidiger Maxence Lacroix, Sebastiaan Bornauw und John Anthony Brooks die Bestnoten verdient, aber eines könne er ja nicht leugnen: "Max schafft es, dass seine Mitspieler gut aussehen. Er hat in kleinen Situationen das Näschen."

Im ZDF führte Kruse in fast schon entwaffnender Offenheit aus, auch aufs Geld geschaut zu haben: "Wenn ich den Lebensstandard, den ich jetzt habe, weiterführen will, habe ich auf keinen Fall ausgesorgt", sagte er schelmisch lächelnd. "Ich habe ein Faible für Autos, bei Immobilien bin ich auch dabei. Ich bin jemand, der im Hier und Jetzt lebt. Mir bringt es nichts, wenn ich mit 60 einmal Millionen von Euros auf dem Konto habe. Man ist nur einmal jung und lebt nur einmal."

Und irgendwann ist auch die schillerndste Karriere mal zu Ende, hätte er noch anfügen können. Fünf Millionen Euro Ablöse hat Kruse den VfL gekostet - in ähnlicher Größenordnung dürfte sein Jahresgehalt veranschlagt sein. Dass er am Samstagabend noch mal schnell vier Treffer an der ZDF-Torwand landete, war eigentlich etwas, worauf man hätte wetten können.

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