March Madness in den USA:Wenn 24 Millionen den Amateuren zuschauen

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Sie war bis zum Aus ihrer Iowa Hawkeyes die große Attraktion der March Madness: Basketballerin Caitlin Clark (rechts) kann werfen wie sonst nur Steph Curry. (Foto: Jason Miller/Getty/AFP)

Die Meister im Uni-Basketball Amerikas sind gekürt. Der wahre Sieger, das zeigen auch die TV-Quoten: die Sportart Basketball, die am College nach einem wegweisenden Urteil des Supreme Court noch populärer werden könnte.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

"The Road Ends Here ." Dieser Satz war überall zu sehen bei den Finalspielen im amerikanischen Uni-Basketball. Es war der Hinweis darauf, dass der Weg zum Titel ein langer, steiniger ist - und dass die March Madness, der Wahnsinn im März, nach dem ersten Aprilwochenende dann auch mal wieder vorbei sein muss. Der Weg endete für die Frauen in Phoenix; South Carolina besiegte das von Wurfwunder Caitlin Clark angeführte Iowa 87:75. Bei den Männern gewann Connecticut, wo einst der deutsche Weltmeister Niels Giffey Uni-Meister geworden war, 75:60 gegen Purdue.

Der wahre Gewinner aber war die Sportart Basketball.

Die schnöden Zahlen zuerst: Das Frauenfinale sahen 18,7 Millionen Amerikaner, zur Höchstzeit waren es 24 Millionen. Das waren mehr als bei jedem einzelnen Spiel der jeweiligen Finalserien der Männer-Profiligen MLB (Baseball), NHL (Eishockey) und NBA (Basketball) der vergangenen Spielzeit. Und mehr als bei jedem Golf-Masters-Finaltag und jedem Daytona-500-Rennen seit 2013.

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Bei der "March Madness", dem Finalturnier der College-Meisterschaft, schafft Caitlin Clark neue Punkterekorde. Die 22-Jährige steht mit ihrer Popularität im Zentrum einer Debatte über gerechte Bezahlung.

Von Jürgen Schmieder

Es hatte einen Hype gegeben ums Frauenturnier, weil es den Veranstaltern gelungen ist, die Hauptattraktion auch entsprechend zu vermarkten. Caitlin Clark ist ein Hingucker wie im Männer-Basketball Steph Curry; sie trifft wirklich von fast überall. Die 22-Jährige ist, wie Amerikaner sagen, "Must See TV". In der kommenden Saison wird sie ihre Muss-man-sehen-Künste bei den Profis vorführen, und damit gelangt man schon zum übergeordneten Thema dieses Finalwochenendes. Es ändert sich etwas in der Wahrnehmung einer Sportart in den USA. Vieles deutet auf eine Rückkehr zu den früheren Tagen hin, was in diesem Fall tatsächlich eine gute Nachricht wäre.

Gewiss, das Männerturnier der Madness-Tage ist seit Jahrzehnten ein Fixpunkt im amerikanischen Sportkalender. Die Amerikaner sind beim Uni-Sport emotionaler dabei als bei den Profis. Wer eine Universität besucht hat, hat das Logo für immer ins Herz gebrannt. Nur: Die Spieler erhielten für ihre Hingabe bis zuletzt per Dekret des Uni-Verbandes NCAA nichts, der Amateurstatus galt als heilig. Das führte zu Zeiten der Überkommerzialisierung des Profisports dazu, dass die besten Basketballer oft nur ein Jahr an der Uni spielten ("One and done"), die Allerbesten wie Kobe Bryant und LeBron James überhaupt nicht. Warum auch die Knochen hinhalten und eine Verletzung riskieren, wenn es bei den Profis wenigstens Geld für die Mühen und das Risiko gibt? "Wir haben Spielern nicht geholfen; wir haben sie letztlich benutzt", sagte der berühmte Uni-Trainer Mike Krzyzewski über die Zustände.

Basketball-Größen wie LeBron James und Kobe Bryant spielten nie an einem College

Vor zwei Jahren entschied der Supreme Court dann, dass der College-Verband zwar eine Bezahlung der Studenten und Studentinnen für sportliche Leistungen verbieten darf - sich aber gefälligst aus den Persönlichkeitsrechten herauszuhalten hat. Seitdem dürfen College-Aktive Reklame machen, für Autogrammstunden bezahlt werden und auch dafür, wenn ihr Gesicht auf einem Computerspiel abgebildet ist.

Die Entscheidung war wie ein Erdbeben, vor allem der Uni-Basketball wurde dadurch durchgerüttelt. Cooper Flagg, das nach allgemeinem Dafürhalten beste Nachwuchstalent des Landes, hat sich kürzlich dazu entschieden, in der kommenden Saison für die Duke University aufzulaufen. Geschätzter Wert seiner Persönlichkeitsrechte in der ersten Spielzeit: mehr als eine Million Dollar. Nicht nur einer wie Flagg muss nun nicht mehr unbedingt nach einem Jahr zu den Profis wechseln - es ist ja auch ein Wagnis, sich für den Draft anzumelden und damit die Spielberechtigung für die Uni aufzugeben.

Die Profiliga NBA hat bereits auf die Veränderungen reagiert. Sie hat angekündigt, das Nachwuchsteam Ignite, in dem sich Talente in der niederklassigen G-League aufs harte Profileben vorbereiteten und bis zu eine Million Dollar pro Saison bekamen, nach vier Jahren einzustellen. "Es war ein Loch, das wir gefüllt haben", sagte NBA-Chef Adam Silver: "Das gibt es aber nun nicht mehr." Die NBA selbst kämpft beim Ringen um Aufmerksamkeit damit, überkandidelt daherzukommen. Es heißt, dass gerade in der Hauptrunde Spektakel, Einzelstatistiken und - ja, auch Klamotten der Spieler beim Betreten der Halle - oft wichtiger erscheinen als Ergebnisse. Und dann? Sehen beim Amateurfinale der Frauen, wo es schlicht um Basketball geht, zur Bestzeit 24 Millionen Menschen zu. Beim Männerfinale, wo es auch nur um Basketball ging, dürften es ähnlich viele gewesen sein, die genauen Zahlen waren bis zuletzt noch nicht bekannt.

Das Urteil des Supreme Courts war also tatsächlich wegweisend für den Uni-Sport. Es dürfte nicht zu einer Rückkehr ins vergangene Jahrhundert kommen, als Michael Jordan drei Jahre lang für das College in North Carolina durch die Luft flog. Es dürfte aber deutlich mehr Spieler geben, darauf deuten erste Studien und Umfragen hin, die ein bisschen länger an der Uni verweilen, dort den Transferbörsewert erhöhen, Geld verdienen und sich länger um das kümmern werden, worum es beim Basketball wirklich geht: um Basketball. Der Weg dieser Uni-Saison mag am Montag zu Ende gegangen sein - der Pfad, der Frauen und Männern gleichermaßen neue Perspektiven eröffnet, hat gerade erst begonnen.

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