Mainz gewinnt in Wolfsburg:Die Kurve singt für Glasner

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Wie geht's weiter? Noch lässt Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner seine Zukunft offen. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Nach der Qualifikation für die Champions League wird Trainer Glasner trotz der 2:3-Niederlage gegen Mainz 05 vor dem Stadion von den VfL-Fans gefeiert. Und doch deutet er seinen Abschied aus Wolfsburg an.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Entgegen einer weitverbreiteten Legende gibt es eine ganze Reihe von Menschen, die für den VfL Wolfsburg Leidenschaft empfinden. Und man konnte das auch am Samstag wahrnehmen, obwohl es den Fans verboten war, das Innere der Arena am Mittellandkanal zu betreten.

Ein paar Dutzend Sympathisanten des VfL Wolfsburg kamen vor der Garageneinfahrt ihrer Mannschaft zusammen, an einer Ecke des Stadions - und feierten, während drinnen das letzte Spiel der Saison gegen den 1. FSV Mainz 05 mit 2:3 verloren ging, und erst recht danach. Warum auch nicht?

Die Partie, so formulierte es Maxi Arnold nach der Niederlage, war "scheißegal" geworden, weil sich Wolfsburg in der Vorwoche mit Trainer Oliver Glasner schon vorzeitig für die Champions League qualifiziert hatte. Da kann man schon mal feiern: "Wir woll'n den Glasner sehn/wir woll'n den Glasner sehn/wir woll'n wir woll'n/wir woll'n den Glasner seh'n...", riefen die Fans, und: "Ohne Glasner/wär' hier gar nix los..." Da capo al fine. Es war dabei kein trauriger Grundton zu vernehmen, obschon mancher glauben oder ahnen dürfte, oder sich vielleicht sogar sicher war, dass in Zukunft weniger los sein dürfte. Denn Glasner ließ deutlicher denn je erkennen, dass seine Zeit beim VfL zu Ende geht. Auch wenn er es in der Art offen ließ, die sich in den letzten Wochen bewährt hatte.

Es dürfte kaum einen Menschen auf dem Planeten Fußball geben, der in kürzerer Zeit häufiger auf seine Vertragslaufzeit (bis 2022) verwiesen hätte als Glasner. Am Samstag tat er das wieder. Aber: angereichert um eine kleine, feine Nuance.

Glasner kündigt Gespräch mit Geschäftsführer Schmadtke an

In den nächsten Tagen werde es ein Gespräch mit Geschäftsführer Jörg Schmadtke und Sportdirektor Marcel Schäfer geben, man werde sich "über verschiedenste Dinge" unterhalten. Sagte Glasner. Und: "Sollte sich an meiner persönlichen Situation etwas ändern, werden wir das zügig mitteilen." Die Hypothese der Änderung seiner persönlichen Situation hatte er bislang nicht verbalisiert. Sodass seine Einlassung doch arg danach klang, dass sich an dieser Situation etwas ändern wird. Trotz des Plebiszits der Kurve, das er gewann.

Wann genau das Gespräch mit der Geschäftsführung stattfinden wird, ließ Glasner am Samstag offen: "Ich habe darauf keine Antwort." Aber es klang nach Unmittelbarkeit. Sodass vermutet werden muss, dass es dann eher um die Modalitäten und weniger um die Trennung an sich gehen wird; wer sein Verhältnis zu Manager Jörg Schmadtke als distanziert beschreibt, gilt als hoffnungslos euphemistisch. "Scheidungs-Mikado" nannte das die Bild-Zeitung dieser Tage: Wer sich bewegt, zahlt. Doch auch das ließ Glasner offen. Die Diskussionen um seine Person seien ihm unangenehm, sagte er, vor allem jetzt. Er blicke "voller Stolz auf diese Saison zurück. Das andere lasse ich auf mich zukommen."

Den Stolz zog er, wie er in emotionalen Worten sagte, aus der Loyalität, dem Zusammenhalt, der Opferbereitschaft seiner Mannschaft. Er skizzierte, wie schwierig die Spielzeit gewesen war, erzählte von der mangelnden Vorbereitungszeit, dem Europa-League-Aus in Athen - und davon, dass viele den Wolfsburgern die Champions-League-Rückkehr nicht zugetraut hätten. Was sollte eine Niederlage gegen Mainz daran ändern? Die relative Belanglosigkeit war der Partie hier und da anzumerken, aber einige Torraumszenen und die Treffer entschädigten Phasen des Leerlaufs.

Wout Weghorst hätte nach elf Minuten fast sein 21. Saisontor geschossen, aber FSV-Torwart Finn Dahmen rettete spektakulär. Dann schossen sich die Mainzer immer wieder in Führung: Den Toren von Jean-Paul Boëtius (44.), Robin Quaison (54.) und Stefan Bell (78.) hatte Wolfsburg nur die Treffer von Maximilian Philipp (48.) und João Víctor (66.) entgegenzusetzen. Wolfsburgs Xaver Schlager traf noch den Außenpfosten (83.), aber das änderte nichts mehr. Vor allem nichts an der frappierenden, und vielbesungenen Leistung der Mainzer: Nach der Hinrunde standen sie punktgleich mit Schalke 04 auf dem vorletzten Platz, in der zweiten Serie holten sie so viele Punkte wie Wolfsburg - und schafften als fünftbeste Rückrundenmannschaft der Liga den Klassenerhalt locker.

"Wir haben fünf Monate sehr erfolgreich gearbeitet. Und wir haben mit einer Gruppe gearbeitet, die sehr besonders ist", sagte Trainer Bo Svensson nach dem Spiel. "Ich weiß nicht, ob der Sieg heute verdient war oder sonst etwas: Aber ich freue mich, dass die Mannschaft noch einmal Gas gegeben hat. Sie hat sich noch einmal belohnt."

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