Magdalena Neuner kündigt Rücktritt an:Reife Leistung

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Im besten Sportleralter beendet Magdalena Neuner ihre Karriere. Die Biathletin hat alles gewonnen, aber vielleicht ist es ihre größte Leistung, sich nun dem Scheinwerferlicht zu entziehen. Ihr Entschluss zeigt: Es gibt ein Leben nach dem Sport - und das ist in der Regel länger ist als eine Laufbahn in der Loipe.

Joachim Mölter

Magdalena Neuner beendet also nach diesem Winter ihre Biathlon-Karriere, das ist eine bemerkenswerte Entscheidung. Sie ist ja noch so jung - erst 24. Dieses Alter gilt gemeinhin als das beste für Sportler, mit Mitte Zwanzig fangen große Karrieren oft erst richtig an, da zahlen sich die jahrelangen Anstrengungen abseits der Öffentlichkeit allmählich aus in Form von Ruhm und Geld.

Magdalena Neuner
:Glamourgirl, Vorbild, Freigeist

Doppel-Olympiasiegerin, zwölffache Weltmeisterin, zweimal Sportlerin des Jahres: Magdalena Neuner hat den Biathlon-Sport geprägt wie keine vor ihr. Ihre Karriere in Bildern.

Ihre Karriere in Bildern

Und warum hört ein Spitzensportler, eine Spitzensportlerin dann in diesem Alter auf - ohne Not, ohne ersichtliche Notwendigkeit?

Im Fall von Magdalena Neuner ist die Erklärung einfach und vermutlich doch schwer zu verstehen für Außenstehende, die den Hochleistungssport in erster Linie als allzeit glamourösen Betrieb wahrnehmen, als immerzu fröhliche Jagd nach Höchstleistungen. Neuner wird nichts fehlen, wenn sie nicht mehr umjubelt wird von den Fans und nicht mehr angestrahlt von den Scheinwerfern, im Gegenteil: Ihr fehle die Ruhe, die Normalität, hat sie zu erklären versucht; sie wolle irgendwann auch eine Familie gründen. Und sie will sich offenbar nicht vom Sport diktieren lassen, wann sie das tun darf.

Man muss gar nicht darüber sinnieren, was Magdalena Neuner noch alles erreichen könnte in ihrem Sport - sie hat schon alles gewonnen, was es da zu gewinnen gibt: Olympiagold, WM-Titel, Weltcup-Kugeln in allen Disziplinen. Nach sportlichen Maßstäben ist die 24-Jährige eine Frühvollendete. Unter persönlichen Aspekten ist es vielleicht ihre reifste Leistung, sich in diesem Alter der Vereinnahmung des Sportbetriebs zu entziehen. Dem ewigen Kreislauf aus schneller, höher, weiter, mehr, mehr, mehr.

Dass sie nicht um jeden Preis nach noch mehr Erfolgen strebt, hat Neuner bereits bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver bewiesen, als sie auf ihren Staffelstart verzichtete. Mit einer weiteren Medaille hätte sie die erfolgreichste Teilnehmerin dieser Spiele werden können, hätte ihren Werbewert ins Unermeßliche steigern können - aber sie ermöglichte lieber der Teamkollegin Martina Beck zu deren Karriereende einen würdigen Abschluss.

Magdalena Neuer hat für sich selbst entschieden, ihre Karriere zu beenden. Das muss man respektieren. Man kann ihren Entschluss zudem als Hinweis an alle anderen Athleten interpretieren: Es gibt ein Leben nach dem Sport. Und weil das in der Regel länger ist als eine Laufbahn in der Loipe, kann man sich nicht früh genug darauf vorbereiten.

© SZ vom 07.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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