Mafia in der Serie A:Juves nächstes Image-Desaster

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Fans von Juventus Turin, diesmal aber nicht in der heimischen Arena, sondern im Berliner Olympiastadion. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Auch bei Juventus Turin wurde die Fankurve von der Mafia unterwandert. Die Klubs der Serie A täten gut daran, ihre Anhänger wie ganz normale, zahlende Kunden zu behandeln.

Kommentar von Birgit Schönau

Am Sonntag wird im Turiner Juventus Stadium das Derby d'Italia ausgetragen, Italiens meistgesehenes Fußballmatch zwischen den Mannschaften mit dem größten Anhang. Juventus Turin und Inter Mailand haben Millionen Fans, nicht nur in ihren jeweiligen Heimatstädten und auch nicht nur in Italien. Beide Klubs sind gerade mit großem Einsatz dabei, neue Anhänger zu begeistern, zum Beispiel in China. Um im Fernen Osten populär zu werden, hat Juventus sogar das traditionelle Vereinswappen geändert. Weg mit dem Turiner Stier und den schwarz-weißen Zebrastreifen, es bleibt nur ein schlichtes und ziemlich nichtssagendes Logo mit einem stilisierten "J". Zum Missfallen vieler italienischer Tifosi, die das Gefühl haben, dass sie für ihren Herzensklub nicht mehr maßgebend sind, obwohl sie doch bei jedem Heimspiel das Stadion füllen.

Als einziger Klub in Italien hat Juventus stets eine volle Bude, was auch daran liegt, dass die vereinseigene Arena die modernste und komfortabelste ihrer Art ist. Die Klubführung um den jungen Präsidenten Andrea Agnelli hat es zudem geschafft, die vielerorts immer noch übliche Kurven-Randale weitestgehend abzuschalten. Zwischen Juventus und den Juventini herrscht seit Jahren Harmonie, befördert von den Aussichten auf den sechsten Meistertitel in Serie. Da ist es besonders bitter für Agnelli und seine Mitarbeiter, dass ausgerechnet durch Umtriebe in der eigenen Stadionkurve der Klub jetzt in ein schiefes Licht gerückt wird.

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Zwischen 2011 und 2016 soll Juventus regelmäßig Ticket-Kontingente an organisierte Tifosi abgegeben haben, eine ebenso umstrittene wie weitverbreitete Praxis, nicht nur in Italien. Der Klub beschert den Fans Gratis-Eintrittskarten, die diese durchaus weiterverkaufen können. Im Gegenzug wird Wohlverhalten auf den Rängen garantiert. Ähnlich soll es laut der Turiner Staatsanwaltschaft auch zwischen Juventus-Angestellten und einer Kurvengruppe gelaufen sein.

Ermittlungen gegen Mafiosi und Mittelsmänner

Dass sich die Justiz dafür interessiert, hat einen besonderen Grund: Hinter den Juve-Tifosi stand offenbar die kalabrische Mafiaorganisation 'Ndrangheta. Der Sohn eines Paten soll die Gespräche selbst geführt haben. Durch ihn, so die Ermittler, habe die 'Ndrangheta versucht, in das Geschäft mit Kurventickets einzusteigen. Die Klubführung spricht offiziell von einem "Versuch der Infiltrierung in einige Aktivitäten des FC Juventus" durch die 'Ndrangheta.

Zwei Tage nach dem Derby d'Italia sollen die Turiner Staatsanwälte vor dem Anti-Mafia-Ausschuss des italienischen Parlaments angehört werden. Ihre Ermittlungen, soviel ist klar, laufen nicht gegen Juventus, sondern ausschließlich gegen jene Mafiosi und ihre Mittelsmänner, die versucht haben, den Klub zu unterwandern. Doch wird sich das Juve-Management voraussichtlich vor dem Sportgericht verantworten müssen. Eine Anhörung vor dem Parlamentsausschuss könnte folgen.

Selbst wenn der Rekordmeister aus Turin sich als Geschädigter entpuppt - die Affäre ist ein Image-Desaster nicht nur für Juventus, sondern für den gesamten italienischen Fußball. Dass Mafia- Organisationen versuchen, die Kurven zu unterwandern, ist in der Branche wirklich kein Geheimnis. Längst weiß man auch, dass das Problem nicht auf Süditalien beschränkt ist, schließlich macht namentlich die 'Ndrangheta seit vielen Jahren im Norden fette Geschäfte. Die Klubs wären deshalb gut beraten, ihren Anhang zu Hause wie überall auf der Welt zu behandeln: als ganz normale, zahlende Kunden. Und für Ruhe in der Kurve sorgen am besten ausschließlich die vom Verein bezahlten Stewards. Das rechnet sich nämlich am Ende für alle.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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