Machtkampf bei 1860 München:Einigung wieder möglich

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Der nicht nur beim Publikum äußerst beliebte Investorenvertreter Hamada Iraki (r. mit Dieter Schneider) spielt wieder mit. (Foto: dpa)

Vereinsvertreter des TSV 1860 München und Vermittler Iraki haben sich zum Schlichtungsgespräch getroffen. Das vorläufige Ergebnis klingt, als könnten sich das Präsidium des Zweitligisten und Geldgeber Ismaik wieder annähern: Ismaik hat seine Rücktrittsforderungen nach SZ-Informationen zurückgenommen, die Klubvertreter erbaten sich Bedenkzeit.

Von Gerald Kleffmann und Markus Schäflein

Wer dachte, dass sich nach dem knallenden Gewitter nun erst einmal eine ungewisse Stille über der Grünwalder Straße breitmachen würde, sah sich getäuscht. Der Fußball-Zweitligist TSV 1860 München ist ja längst zu einer Daily Soap geworden, die sich kein Drehbuchautor verrückter ausdenken könnte, und die Vorgabe, die Seifenoper sei täglich fortzusetzen, wird auch gut umgesetzt. Nicht einmal 48 Stunden nach dem großen Donner, als Investor Hasan Ismaik wütend die Geschäftsstelle verlassen, den Dreijahresplan aufgekündigt und den Austausch der kompletten Führungsebene gefordert hatte, trafen sich die Protagonisten schon wieder - zu einem so genannten Schlichtungstreffen.

Ismaik selbst war nicht mehr dabei, er hatte München schon wieder verlassen. Für ein Schlichtungstreffen ist er mit seiner offenen, emotionalen und aufbrausenden Art vielleicht auch nicht der Richtige. Stattdessen war der eigentlich längst aus der Serie ausgestiegene, aber nicht nur beim Publikum sehr beliebte Investmentbanker Hamada Iraki da; für den Verein erschienen Präsident Dieter Schneider und Aufsichtsrat Siegfried Schneider.

Auf die Frage, was der Investor nun noch in München mache, hatte sein Bruder Abdel Rahman am Mittag nur geantwortet: "Wir arbeiten." In der Tat, in einer neunstündigen Prozedur entwarf die Investorenseite einen Kompromissvorschlag, der den Vereinsvertretern nun in Irakis Büro in der Maximilianstraße vorgelegt wurde. Der Grundtenor in der von Iraki verfassten Einladung: Ein Zerfall der Mannschaft dürfe nicht in Frage kommen. Sonst komme es zu einer "Abwärtsspirale", die "in den Abgrund" führe, wie die AZ aus dem Brief zitierte.

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Gegen 19.30 Uhr, nach zweieinhalb Stunden, verließen die Teilnehmer das Gebäude - durch die Tiefgarage, ohne den wartenden Reportern vom Ausgang der Sitzung zu berichten. Das vorläufige Ergebnis indes klingt, als könnten sich beiden Seiten annähern: Ismaik hat nach SZ-Informationen seine Rücktrittsforderungen zurückgenommen und eine zu hohe Neuverschuldung ausgeschlossen; die Klubvertreter erbaten sich eine Bedenkzeit - wohl bis Freitag -, ob sie dem Kompromissvorschlag zustimmen. Ismaik hatte ja bereits in der Nacht zum Dienstag im Hotel die Idee geäußert, den Dreijahresplan umzusetzen, aber mit einer kürzeren Laufzeit. Dann wäre es zwar streng genommen kein Dreijahresplan mehr, aber eingesetztes Kreditvolumen (13 Millionen Euro) und Ziel (Aufstieg) blieben gleich.

Diese Idee vermitteln sollte nun Iraki. Damit ist der Münchner Banker, der den Deal vor eineinhalb Jahren eingefädelt hatte, angesichts der großen Not als Mediator zurückgekehrt. 1860-Präsident Schneider nannte ihn einen "verlässlichen Partner", der stets "für das Wohl des Vereins gekämpft" habe. Verlässlich - ein Attribut, das Schneider Ismaik sicherlich längst nicht mehr zusprechen würde.

Zu den Kuriositäten rund um Ismaiks Besuch gehörte auch, dass sein Cousin Noor Basha dies erzählte: Er habe Sportdirektor Florian Hinterberger gefragt, warum er nicht welche von diesen flinken Afrikanern verpflichtet habe, etwa Idrissou oder Sanogo. Darauf soll Hinterberger geantwortet haben: "Dafür bin ich nicht gut genug vernetzt." Selbstverständlich mochte der Zitierte das nicht so stehen lassen. Idrissou (jetzt Kaiserslautern) und Sanogo (Cottbus) seien "ausführlich geprüft worden, weil ich ein gutes Netzwerk habe". Die beiden seien nicht finanzierbar gewesen. Da müsse Basha "was falsch verstanden haben", sagte Hinterberger, "vielleicht ist mein Englisch so schlecht". Das Überspringen derartiger Sprachbarrieren wird auch nicht mehr nötig sein, wenn sich Iraki nun wieder bei 1860 einmischt.

© SZ vom 10.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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