Bayer Leverkusen in der Europa League:Wie die schönste Wirtshausrauferei

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Einige Spieler von Leverkusen und Monaco haben nach dem Schlusspfiff noch Klärungsbedarf. (Foto: Ina Fassbender/AFP)

Nach der Niederlage der Leverkusener gegen Monaco kommt es zu Handgreiflichkeiten. Bayer-Torwart Lukas Hradecky zürnt über die respektlose Jugend - und ein Eigentor, das sich wie Hohn und Spott für ihn anfühlt.

Von Philipp Selldorf, Leverkusen

Dass ältere Menschen über junge Leute urteilen, sie hätten keinen Respekt mehr und ließen es am rechten Benehmen fehlen, ist von der Natur so vorgesehen. Der handgreifliche Generationenkonflikt, der nach Bayer Leverkusens 2:3-Niederlage gegen AS Monaco ausbrach, fiel allerdings aus dem Rahmen des Üblichen. Minutenlang schubsten und stießen sich Spieler und Betreuer beider Seiten in dichter bis dichtester Rudelbildung hin und her, dass es an schönste Wirtshausraufereien erinnerte. Wo der eine Entzündungsherd gerade beruhigt zu sein schien, entstand ein paar Meter weiter schon der nächste. Mittendrin versuchte Monacos Trainer Philippe Clement vergeblich zu schlichten: "Ich habe versucht, überall zur gleichen Zeit zu sein, überall passierte irgendwas."

Ein konkreter Anlass für den massenhaften Zusammenstoß war für Clement nicht zu erkennen, Leverkusens Torwart Lukas Hradecky wusste jedoch Bescheid: "Die neue Generation hat keinen Respekt", schimpfte er und wusste seine These anschaulich zu belegen: "Jeder denkt, er hat den größeren Schwanz als der andere."

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Sicherlich aber war es nicht nur der Ärger über die unverschämte Jugend von heute ("kindisch!"), die den 33 Jahre alten Torwart in einem Ton zürnen ließ, der die Mauern der Leverkusener Arena erschütterte. Auch den Auftritt des israelischen Schiedsrichters Orel Grinfeld sah Hradecky so kritisch, dass er sich selbst den Mund verbot. Den robusten Einsatz von AS-Stürmer Breel Embolo gegen Hradecky, der zu einem Eigentor des Torhüters und damit zum frühen 0:1 führte, hatte Grinfeld für rechtmäßig erklärt. Der Video-Assistent ließ es geschehen - für den Betroffenen ein grober Justizirrtum in doppelter Ausführung respektive "eine Frechheit. Es war ein klares Foul".

Florian Wirtz' Solo ist ein filigranes Schmuckstück

So konnte man das meinen: Embolo bedrängte Hradecky im Fünfmeterraum, während dieser umständlich den Ball sortierte, am Ende trat er ihm gegen das Standbein. Hradecky fiel und gab dabei dem Ball den Stoß, der ihn ins Tor beförderte. These: Hätte sich die Szene umgekehrt abgespielt, hätte es Elfmeter gegeben, und der TV-Kommentator hätte geurteilt, dass es daran "nichts zu deuteln" gebe. Nun jedoch stand auf der Anzeigetafel: "0:1 Hradecky (ET)", Eigentor, und das las sich wie Hohn und Spott.

Immerhin hatte die Szene der ansonsten unergiebigen ersten Hälfte einen Höhepunkt beschert. Weitere sollten gleich nach der Pause folgen: Auf einmal spielte Bayer 04 zwanzig Minuten wie der künftige Europa-League-Gewinner, angetrieben von Florian Wirtz, der nicht nur dem auf der Tribüne sitzenden neuen DFB-Duo Hansi Flick & Rudi Völler Freude machte: Wirtz' Solo-Tor zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung war ein filigranes Schmuckstück.

Das Problem war, dass die Bayer-Elf sowie Trainer Xabi Alonso die Jagd auf einen weiteren Treffer abbliesen und zum Konterspiel zurückzukehren suchten. Prompt erlahmte die Partie wieder, und als Monacos Krépin Diatta dank untätiger Bayer-Verteidiger den Ausgleich erzielte (74.), schauten sich alle ungläubig an. Auch das 2:3 in der Nachspielzeit beruhte auf passivem Verhalten in der Defensive und steigerte Hradeckys Verdruss: Wieder hätten sich die Fehler summiert, wieder habe es "diese verhexte letzte Viertelstunde" gegeben. Bloß eines mochte ihn am Donnerstagabend noch freuen: Die Aussicht auf Rache im Rückspiel. "Wir sind heißer denn je!", verkündete Bayer-Teamkollege Robert Andrich.

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