Leverkusen kauft Bernd Leno:Champions League statt Heimat

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Der Transferpoker um den 19-jährigen Bernd Leno ist beendet: Bayer Leverkusen löst den Torwart für bis zu acht Millionen Euro vom VfB Stuttgart ab. Damit dürfte auch klar sein: René Adler wird Leverkusen im Sommer verlassen. Das Ziel könnte England sein.

Philipp Selldorf

Bernd Leno war ein rundum froher Mensch, als er vorige Woche nach dem Sieg mit Bayer Leverkusen gegen den FC Chelsea aus der Kabine kam: In seiner ersten Saison als Profi hatte er gleich das Achtelfinale der Champions League erreicht, und nicht zuletzt war das ihm zu verdanken - einem 19-jährigen Nachwuchstorwart, der sich vor ein paar Monaten noch mit Gegnern aus Sandhausen, Babelsberg und Heidenheim beschäftigte.

Vertrag bis 2017 in Leverkusen: Bernd Leno. (Foto: dapd)

Auch zur Begegnung mit dem Millionärsteam aus London hatte er wieder eine erstklassige Leistung beigesteuert. Was für eine Karriere.

Da war bloß dieses kleine Problem, auf das ihn dann ein Reporter hinwies: dass Leno nach der aktuellen Rechts- und Sachlage beim Start der K.o.-Runde nicht mehr im Bayer-Tor stehen würde - sondern in Stuttgart vor dem Fernsehapparat sitzen müsste. Wäre das nicht bitter?, hat man ihn gefragt, und auf einmal sah Leno nicht mehr aus wie ein rundum froher Mensch. "Das wäre sehr bitter", sagte er mit leiser Stimme.

Rudi Völler, der Leverkusener Sportchef, hat in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit Sport-Bild gesagt: "Wir wollen den Bernd verpflichten, damit er auch im neuen Jahr in der Champions League dabei sein kann. Das hat er sich verdient." Diese Absicht hat Bayer jetzt in die Tat umgesetzt, die seit Wochen laufenden Verhandlungen mit dem VfB Stuttgart sind am Mittwoch von beiden Seiten für beendet erklärt worden: mit dem Ergebnis, dass Leno in Leverkusen einen Vertrag bis 2017 unterschreibt und sich nun einen dauerhaften Wohnsitz im Rheinland einrichten kann.

Leno ist zwar gebürtiger Schwabe und steht dem VfB, seinem Heimatklub, nach eigenem Bekunden emotional nah - das Verhalten der Stuttgarter Klubführung in den vergangenen Wochen hat seine gefühlsmäßige Bindung allerdings gelockert. Seit ihn Bayer im August als Leihgabe in Dienst nahm und somit aus der dritten Liga geradewegs in die Champions League beförderte, habe außer dem Torwarttrainer kein Verantwortlicher des VfB mit ihm geredet, klagte er.

Immerhin wurde über ihn geredet. Sportdirektor Fredi Bobic kündigte erst kürzlich an, Leno keineswegs verkaufen, sondern ins Profiteam integrieren zu wollen. In der Rückrunde werde es dann einen "fairen Wettbewerb" mit Stammkeeper Sven Ulreich geben. In Leverkusen wurden solche Äußerungen als Teil des Pokerspiels um die Ablöse gesehen. Die Parteien trafen sich jetzt bei einem Kompromissbetrag, der sich - nach erfolgsabhängigen Faktoren - auf bis zu acht Millionen Euro belaufen könnte. "Am Ende war es eine wirtschaftliche Entscheidung, mit der alle Beteiligten gut leben können", sagte Fredi Bobic.

Rudi Völler ist zwar bekannt für seine Güte, trotzdem war es nicht nur das Mitgefühl, das Bayer 04 dazu bewegt hat, den Kaufpreis für Leno noch mal zu erhöhen. Es ging auch darum, keine Unsicherheiten zuzulassen.

Auf René Adler konnte Bayer nicht mehr bauen. Abgesehen davon, dass er sich nach seiner Patellarsehnenoperation noch im Aufbautraining befindet und die Rückkehr zur Rückrunde nicht gewiss ist, gilt es auch als offensichtlich, dass sich die Wege von Adler und Bayer im Sommer trennen werden. Im Klub glaubt man, dass sich Adler im Frühjahr entscheiden wird, wo er demnächst im Tor stehen möchte. Angeblich ist England (Tottenham Hotspur?) eine denkbare Lösung.

© SZ vom 01.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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