Leipzig gegen Frankfurt:Schnörkel statt Schüsse

Lesezeit: 3 min

Die enttäuschten Leipziger Christopher Nkunku und Mohamed Simakan nach dem Abpfiff. (Foto: Roger Petzsche/Imago)

RB Leipzig zu verspielt, Eintracht Frankfurt zu sorglos: Über ein torloses Unentschieden kommen die beiden Klubs nicht hinaus - für die hoch überlegenen Leipziger ist das besonders ärgerlich.

Von Ron Ulrich, Leipzig

Die 81. Minute in Leipzig erzählte das ganze Fußballspiel: Leipzigs Christopher Nkunku hatte mit einem tollen Pass seinen Kollegen Yussuf Poulsen freigespielt und dieser den Frankfurter Torhüter umkurvt. Doch dann sah sich der Däne plötzlich vier herbeigeeilten Frankfurtern auf der Torlinie gegenüber, verhaspelte sich komplett und rannte beinahe seinen Kollegen um. "Yussis Chance war brutal, aber wir hatten sieben große Chancen, von denen du eine machen musst", sagte Leipzigs Trainer Domenico Tedesco hinterher. Das Spiel zwischen Leipzig und Frankfurt endete deswegen torlos, weil es die Gastgeber in Szenen wie dieser mit den Schlenkern und Schnörkeln übertrieben. Weil sich die Frankfurter mit letzter verbliebener Kraft wehrten. Und weil die Brillanz von Frankreichs Neu-Nationalspieler Nkunku nicht in Toren mündete.

Frankfurts Trainer Oliver Glasner hatte seinen nach dem Europapokalabend ausgelaugten Verteidiger Evan N'Dicka bereits schonungslos eingebläut: "Du kannst nicht müde sein. Am Sonntag kommt Nkunku." Und das war nach dem spektakulären 1:1 gegen Betis Sevilla in der Verlängerung ungefähr so, als wären die Frankfurter Abwehrspieler nach einer Achterbahnfahrt auf ein Fahrgeschäft mit Looping geschnallt worden. Leipzigs Nkunku brachte mit seinen Nebenleuten André Silva und Dani Olmo auch der Eintracht am Sonntag Schleudertraumata bei.

Clásico
:Carletto der Große

Mit einem Sieg im Clásico gegen den erstarkten FC Barcelona käme Real Madrids Trainer Carlo Ancelotti einem beispiellosen Rekord näher: Er kann in ein paar Wochen der erste Trainer sein, der in allen fünf großen Ligen Europas Meister war.

Von Javier Cáceres

Die Gäste werden kaum gefährlich, weil der Weg nach vorne zu weit gerät

Im ersten Durchgang rochierte der Dreierangriff der Leipziger vor 43 058 Zuschauern pausenlos. Teilweise rückten die Stürmer weit an die Außenlinie, um Frankfurts Dreierkette auseinanderzuziehen. Daraus entstand die erste torgefährliche Aktion durch Nkunku (10. Minute). Nach einem Abspielfehler von Kevin Trapp zwölf Minuten später köpfte Silva aufs Tor - Martin Hinteregger rettete auf der Linie. In der 26. Minute leistete sich jener Hinteregger einen Aussetzer, der mit einem Pfostentreffer der Leipziger durch Mohamed Simakan beinahe zum 1:0 geführt hätte. Vor der Pause traf Leipzigs Konrad Laimer zudem die Latte (41.). "Wir müssen einfach die Dinger vorne rein machen, auch ich", sagte Laimer unumwunden. Ohne Frage: Leipzig gab den Ton an, auch wenn die Frankfurter diszipliniert verschoben und die Räume schlossen, soweit die müden Knochen sie trugen.

Die Gäste wurden ihrerseits kaum gefährlich, weil der Weg nach vorne zu weit geriet und wieder einmal die Abspiele im letzten Drittel zu sorglos ausfielen. "Die Leipziger haben uns auch etwas angeboten, aber das konnten wir nicht nutzen", sagte Frankfurts Trainer Glasner. Seine Kreativkünstler Daichi Kamada und Filip Kostic waren zu sehr mit spröder Defensivarbeit beschäftigt, als dass sie entscheidende Ideen hätten entwickeln können. Der Serbe Kostic habe "ordentlich Rotation in der Hüfte", hatte RB-Coach Domenico Tedesco gewarnt. Mit derlei Attributen war wohl zuletzt Elvis Presley bedacht worden. Um Kostic an seinen gefährlichen Flanken zu hindern, band Leipzigs Rechtsverteidiger Benjamin Henrichs ihn in dessen eigener Hälfte. Zumindest in Leipzig lebte Elvis also nicht.

Den Hausherren fehlte ein wirkungsvoller Abschluss, etwa ein humorloses Thomas-Müller-Innenrist-Tor

Auch nach dem Seitenwechsel verpasste Leipzig mehrmals durch Olmo (48.), Nkunku (52.) oder Laimer (62.) die Führung. Je länger die Partie dauerte, desto mehr beschlich die Zuschauer das Gefühl, Leipzig berausche sich etwas zu sehr an seiner spielerischen Überlegenheit. Da gerieten die Passstafetten immer einen Tick zu lang und die Angriffe zu umständlich. Sprich: Den Hausherren fehlte ein humorloser Thomas-Müller-Innenrist-Abschluss. "Die Chancenverwertung war zuletzt kein Thema, aber sie ist es heute ", sagte Leipzigs Tedesco, der nicht ganz zu Unrecht einen Platzverweis für Hinteregger nach einem Schlag gegen Nkunuku reklamierte. "Wir wollen solche Spieler sehen, dann muss man sie schützen."

Der Ex-Frankfurter Toptorjäger Silva verabschiedete sich indes glücklos nach etwa 72 Minuten, begleitet von Pfiffen aus dem Gästeblock. Zur allgemeinen Leipziger Entnervung beigetragen hatte die hochengagierte Eintracht-Verteidigung, in der N'Dicka keinesfalls müde wirkte. "Die letzte Reihe hat es hervorragend gemacht. Umso schöner für Kevin Trapp, dass er mit einem Zu-Null in die Länderspielpause geht", sagte Eintrachts Kapitän Sebastian Rode nach der Partie. "Wir können nach den intensiven Wochen gut mit dem Punkt leben." Sein Trainer Glasner pflichtete ihm bei: "Die Jungs haben mit unglaublicher Leidenschaft agiert." Nach diesem Punktgewinn in Leipzig gönnt er seinen Profis endlich die verdiente Ruhe - und sich selbst Erholung in den Bergen, wie es auch Bayerns Trainer Julian Nagelsmann geplant hat. "Vielleicht treffe ich ja Julian auf der Piste", so Glasner. "Dann will ich als Österreicher aber auch gewinnen."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Formel 1 in Bahrain
:Auferstanden aus Ruinen

Charles Leclerc gelingt beim Saisonauftakt der erste Sieg für Ferrari seit September 2019. Sein Teamkollege Carlos Sainz wird Zweiter und profitiert von einem Doppel-Ausfall bei Red Bull. Die alten Machtverhältnisse sind erschüttert.

Von Philipp Schneider

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: