Bundesliga:Nagelsmann zürnt: "Wie eine Schülermannschaft"

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RB-Trainer Julian Nagelsmann. (Foto: REUTERS)

Mit einem 2:2 gegen Hertha BSC versäumt es Leipzig, in der Tabelle am BVB vorbeizuziehen. Trainer Julian Nagelsmann kritisiert seine Elf - und den Spielplan.

Von Javier Cáceres, Leipzig

In einem Spiel, das von mehr Unfällen geprägt war als jeder Crash-Test-Dummy aushalten könnte, hat es RB Leipzig versäumt, die Illusion eines Meisterschaftskampfes zu nähren. Der Herbstmeister tat es seinen Tabellennachbarn Dortmund, Mönchengladbach und Leverkusen an diesem Spieltag nach, verpasste durch ein 2:2-Unentschieden gegen die Berliner nicht nur einen Sieg, sondern den Sprung auf den zweiten Tabellenplatz. "Wir haben zwei Punkte verloren", sagte ein sichtlich angefressener Leipziger Trainer Julian Nagelsmann nach dem Spiel.

"Wir haben richtig Lust auf das Spiel", hatte Herthas neuer Trainer Bruno Labbadia vor der Partie gesagt. Und man konnte das hören, spüren, sehen, als die Herthaner sich aufwärmten. Da schon war einiges von der Intensität zu sehen, die Hertha nach Spielbeginn auf dem Platz zelebrierte. Und das gegen ein Leipziger Team, das nach dem Aufwärmen eine Umstellung vornehmen musste: Kevin Kampl meldete sich mit muskulären Problemen ab und wurde durch Tyler Adams ersetzt.

Dessen erste Aktion, kurz nach Spielbeginn, sollte Folgen haben: Bei einem Kopfballduell kollidierte er mit Herthas Linksverteidiger Marvin Plattenhardt, der zunächst weitermachte, der Hertha aber nur einen einzigen Dienst erweisen konnte. Er trat einen Eckball, den Marko Grujic mit dem rechten Außenrist zur Berliner Führung verwandelte, weil die Leipziger auf ihren Positionen verharrten, als stünden sie Modell für ein Denkmal (9.). "Wir haben das verteidigt wie eine Schülermannschaft", zürnte RB-Coach Nagelsmann.

Noch ehe der Jubel erstorben war, signalisierte Plattenhardt der Bank, dass er ausgewechselt werden müsse. Es war ihm offenkundig schwindelig - er verschwand in die Kabine. So bekam er nicht mit, dass sich ein Spiel entwickelte, in dem sich Hertha anfangs mutiger präsentierte, als es Leipzigs Nagelsmann erwartet hatte.

Nach einer Viertelstunde hatte Herthas Dauerläufer Vladimir Darida eine gute Gelegenheit aus 18 Metern, nachdem Rechtsaußen Dodi Lukebakio einen schönen Flankenwechsel von Matheus Cunha abgelegt hatte; der Tscheche verfehlte das Ziel um einen guten Meter. Es gab einen weiteren Unfall - Leipzigs Dani Olmo und Darida stießen mit den Köpfen zusammen - ehe die Leipziger ebenfalls einem Eckball für einen Treffer nutzten. Angreifer Christopher Nkunku flankte ihn mit viel Effet an die Ecke des Fünfmeterraums, wo Lukas Klostermann seinen Bewacher Grujic abgeschüttelt hatte, als er den Ball mit dem Kopf an den sogenannten zweiten Pfosten verlängerte (24.).

Hernach reklamierten die Leipziger die Dominanz des Spiels. Aber: Zu wirklich deutlichen Torgelegenheiten kamen sie nicht. Die Hertha verbarrikadierte den eigenen Strafraum, zog die Viererkette eng zusammen und nahm vor allem Mittelstürmer Patrik Schick jedes Betätigungsfeld. Vor der Abwehr brillierte vor allem Per Skjelbred als Abräumer - er steckte den Leipzigern immer wieder Stöckchen in die Speichen.

All das war Teil eines formidabel choreografierten Gegenpressings. Die Leipziger rannten sich auch nach der Pause immer wieder fest - mit dem Unterschied zu den Minuten vor der Pause, dass Trainer Labbadia den Berlinern offenkundig die Order gegeben hatte, das Heil lieber in der Nähe des Leipziger Strafraums zu suchen. Nach gut einer Stunde sah sich Leipzigs Coach dann zu größeren Umbauarbeiten gezwungen: Nationalspieler Halstenberg sah nach einem Foul gegen Cunha die zweite gelbe Karte und musste das Feld verlassen; Nagelsmann opferte umgehend den Angreifer Nkunku für die Defensivkraft Angeliño. Doch noch ehe sich das Spiel neu sortieren konnte, leistete sich Herthas Torwart Jarstein einen fatalen Fauxpas.

Nach einem Ballverlust von Cunha landete der Ball bei Schick, der aus 17 Metern abzog. Jarstein tauchte ab und hatte den Ball schon pariert, prügelte sich dann aber in jahresrückblickverdächtiger Form selbst ins Tor (68.). Doch die Folgen des Unfalls hielten sich in Grenzen. Denn Leipzigs Ademola Lookman leistete sich in der 81. Minute im Strafraum ein überflüssiges Foul an Herthas Cunha. Den Strafstoß verwandelte der eingewechselte Krzysztof Piatek zu einem 2:2, das Hertha die Option offen lässt, sich aus dem Mittelfeld der Tabelle in die europäischen Ränge zu schieben. Und das Leipzigs Nagelsmann am Ende noch etwas grundsätzlicher erbeben ließ: "Ich will kein Alibi suchen", sagte er, ehe er es in Ansätzen doch tat: "Trotzdem verstehe ich die Spielansetzung nicht. Hertha am Freitag, wir am Sonntag, dann bekommen wir das erste Spiel am Mittwoch." Schlechte Zeiten für Meisterträume.

© SZ vom 28.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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