Krach um Äußerungen über Zinédine Zidane:Der Präsident rudert zurück

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Noël Le Graët (rechts) verkündet am vergangenen Samstag die Vertragsverlängerung mit Nationaltrainer Didier Deschamps. Einen Tag später entgleiste der Präsident des französischen Fußballverbandes verbal gegen Zinédine Zidane. (Foto: Baptiste Autissier/PanoramiC/Imago)

Der Chef des französischen Fußballverbandes erzürnt mit Sätzen gegen Zinédine Zidane die Fußballnation. Auch die Sportministerin schaltet sich ein. Nun hat Verbandsboss Noël Le Graët reagiert.

Noël Le Graët ist 81 Jahre alt, Unternehmer in der Lebensmittelindustrie. Sein Konzern produziert einige in Frankreich sehr beliebte Produkte, vor allem Fisch und Meeresfrüchte. Außerdem ist er Präsident des französischen Fußballverbandes FFF, den er seit 2011 ebenso erfolgreich wie zupackend führt. Der WM-Titel 2018 fällt in seine Amtszeit. Nach dem verlorenen WM-Finale 2022 und der anschließenden Diskussion, ob Nationaltrainer Didier Deschamps sein Werk fortsetzt - die der 54-Jährige am Samstag damit beendete, dass er seinen auslaufenden Vertrag bis zur WM 2026 verlängerte -, leistete sich Le Graët aber einen Fauxpas, den der Fußball liebende Teil der Franzosen ihm so schnell wohl nicht verzeihen wird. Denn Le Graët äußerte sich über Zinédine Zidane, Kosename "Zizou", herausragender Spieler der von Deschamps als Kapitän angeführten Weltmeister-Elf von 1998 und eine nationale Ikone, als handele es sich um eine Kiste mit abgelaufener Meeresware. In einem Gespräch bei dem Sender RMC Sport über ein mögliches Engagement Zidanes als Nationaltrainer von Rekordweltmeister Brasilien sagte Le Graët am Sonntag: "Er kann hingehen, wohin er will." Hätte Zidane, der als Trainer mit Real Madrid immerhin drei Mal die Champions League gewann, versucht ihn anzurufen, wäre er nicht mal rangegangen, sagte der FFF-Chef. "Ich habe ihn nie getroffen. Es ist mir egal, was er jetzt macht. Das betrifft mich nicht."

Le Graëts Ruppigkeit erzürnte unter anderem Kylian Mbappé. "Zidane ist Frankreich. Man missachtet eine Legende nicht so", schrieb der Stürmer von Paris Saint-Germain bei Twitter. "Inakzeptabel!", befand die Sportzeitung L'Équipe am Montag auf ihrer Titelseite in Großbuchstaben zu einem Foto von Le Graët. Sogar die Sportministerin sah sich zu einer Stellungnahme veranlasst. "Ein ,Präsident' des ersten Sportverbandes Frankreichs darf so etwas nicht sagen", schrieb Amélie Oudéa-Castéra bei Twitter und sprach von einem "schändlichen Mangel an Respekt, der uns alle verletzt". Die Politikerin forderte eine Entschuldigung. "Für den französischen Fußball ist Le Graët zu einem Schäm-Thema geworden", kommentierte L'Équipe.

Gegen Le Graët wird wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung ermittelt

Die Kritik an seinen Äußerungen war dem Verbandsboss offenbar nicht egal. Seine unangebrachten Aussagen hätten zu Missverständnissen geführt, schrieb Le Graët in einer Stellungnahme, die der französischen Nachrichtenagentur AFP vorlag. "Ich möchte mich persönlich für diese Äußerungen entschuldigen, die absolut nicht meine Gedanken widerspiegeln, noch meine Wertschätzung für den Spieler, der er war, und den Trainer, der er geworden ist." Auch Zidanes ehemaliger Club Real Madrid hatte sich zu einer Stellungnahme genötigt gefühlt und Le Graët ebenfalls mangelnden Respekt vor einer der "größten Legenden des Weltsports" vorgeworfen. Es seien unangemessene Worte für jemanden in so einem Amt. Dass zudem eine Untersuchung durch das Sportministerium gegen den Verband und Le Graët wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung läuft, schwächt dessen Position weiter. Laut einem Bericht der Zeitschrift So Foot soll er Textnachrichten mit sexuellen Anspielungen an Mitarbeiterinnen geschickt haben. Das war im September vergangenen Jahres bekannt geworden. Laut L'Équipe soll Le Graët dazu an diesem Dienstag erneut angehört werden.

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