Bundesliga:Gerettet vom Mützendieb

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Besondere Beziehung: Cheftrainer Steffen Baumgart (ohne Kappe) und Stürmer Anthony Modeste (mit). (Foto: Revierfoto via www.imago-images.de/imago images/Revierfoto)

Mit einem grandios erzielten Kopfballtreffer beschert Anthony Modeste dem 1. FC Köln zumindest noch einen Punkt gegen einen extrem stachligen FC Union Berlin - und macht seinen dritten Doppelpack binnen anderthalb Wochen.

Von Philipp Selldorf, Köln

Die Leute auf der Kölner Ersatz- und Betreuer-Bank wussten im ersten Affekt nicht mehr, ob sie sich noch freuen durften oder ob sie nicht lieber Angst haben sollten. Gerade hatte Anthony Modeste das kaum noch für möglich gehaltene Ausgleichstor geschossen, das sprach eindeutig für Jubel und Heiterkeit. Aber jetzt kam der Mittelstürmer in allerhöchster Geschwindigkeit auf die Bank zugerannt, mit durchaus beunruhigendem Gesichtsausdruck. Gott sei Dank: Er kam in guter Absicht.

Zwar war Modeste zu schnell für das Standvermögen von Kevin McKenna, der Co-Trainer verlor bei der Umarmung das Gleichgewicht, doch die Szene nahm noch ein illustres Ende: Der glückliche Angreifer zog Chefcoach Steffen Baumgart die Schiebermütze vom Kopf, setzte sie sich selbst auf und führte einen hübschen Tanz damit auf. Und wieder tat sich ein Zwiespalt auf. Baumgart wusste nicht, ob er das Ganze lustig oder doch ein wenig zu frech finden sollte.

Für das Publikum im Müngersdorfer Stadion war die Sache völlig klar: Sie feierten ihren Torjäger dafür, dass er dem 1. FC Köln mit seinem grandios erzielten Kopfballtreffer das 2:2 beschert und zumindest noch einen Punkt gegen einen extrem stachligen FC Union Berlin gerettet hatte. Die Berliner hatten ihre 2:1-Pausenführung auf eine Weise verteidigt, die ihrem Spitznamen Ehre machte: Eisern. Bis Modeste den dritten Doppelpack binnen anderthalb Wochen vollendete. Schon beim Pokalspiel in Stuttgart und im Derby gegen Leverkusen hatte er zwei Tore geschossen. Den Punkt hatten die Kölner verdient, weil sie nicht an ihrem multiresistenten Gegner verzweifelten.

Nach dem rasanten Auftakt sorgen besonders die Torhüter für Gerede im Publikum

Die erste Halbzeit begann mit einer schnellen Eröffnung und einer schnellen Erwiderung. Modestes 1:0 (7. Minute) konterte Union noch etwas schneller mit Ryersons akkurat herauskombinierten Ausgleich (9.). Danach sorgten besonders die Torhüter Halbzeit für Aufregung und Gerede im Kölner Publikum: Andreas Luthe, weil er gegen den provokant im Weg stehenden Modeste handgreiflich geworden war (wofür beide Verwarnungen erhielten). Und Timo Horn, weil er bei beiden Gegentreffern durch sein passives Betragen eine unvorteilhafte Figur abgab. Während Luthe anschließend bei jeder Ballberührung konzertierte Beschimpfungen auslöste, musste Horn mit dem stets spürbaren Misstrauen der Zuschauer zurechtkommen. Ob er tatsächlich Mitschuld an den Treffern hatte, ist ein Thema, das wohl nur mit dem Spezialwissen studierter Torhüter letztgültig geklärt werden kann.

In Wahrheit lag die Urheberschaft der Tore vor allem beim Gegner. Dieses Spiel war das Muster eines typischen FC-Union-Spiels. Worauf die Berliner das Geheimnis ihrer Verwandlung aus einem ständigen Zweit- in einen ständigen Erstligisten gründen, lässt sich am jüngsten Auftritt bestens veranschaulichen. Von den ersten Minuten abgesehen, präsentierten sie sich extrem widerstandsfähig, zugleich waren sie ihrem Gegner in der Vorwärtsverteidigung ein ständiger Stressfaktor. Wie Sheraldo Becker und Genki Haragutchi den Kölner Verteidiger Rafael Czichos in die Enge und zum Fehlpass trieben, war ein Meisterstück, Grischa Prömels daraus resultierendes Tor zum 2:1 die Krönung (45.).

Für den größeren Unterhaltungswert sorgten jedoch die Kölner, allen voran der exzellent aufgelegte Modeste, der gegen die zahlreichen riesengroßen Berliner Innenverteidiger beinahe jedes Kopfballduell gewann. Das 2:2 hatte höchsten Schwierigkeitsfaktor: Der Kopfball entstand aus der Rückwärtsbewegung, trotzdem hatte er so viel Fahrt wie ein harter Schuss, Luthe konnte nicht mehr reagieren. Am Ende hatte Florian Kaintz noch die große Chance zum 3:2, aber er ist halt Florian Kaintz und nicht Anthony Modeste, und so schoss er weit drüber.

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