Klopp siegt mit Liverpool:"Ich möchte mich bei Anfield bedanken"

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  • Durch einen 1:0-Sieg gegen den SSC Neapel erreicht der FC Liverpool gerade so das Achtelfinale der Champions League.
  • Torwart Alisson Becker rettet das Team von Jürgen Klopp durch eine Parade in der Nachspielzeit.
  • Klopp baut damit seine Heimserie aus. Seit Oktober 2014 hat Liverpool zu Hause kein Europapokalspiel mehr verloren.

Von Sven Haist, Liverpool

Es ging an diesem Abend an der Anfield Road sehr viel ums Herz. Jürgen Klopp formte nach dem Spiel seine Hände zu einem solchen, vor dem Spiel legte er sich vor den Fans mit der Bitte um Unterstützung die rechte Hand aufs Vereinswappen. Seine Anerkennung richtete sich an alle, die, anders lässt sich das nach einem solchen Abend nicht sagen, mit Herz bei der Sache waren. Denn ohne das Zusammenwirken der Spieler, Mitarbeiter und Fans hätte Liverpool eher keinen Weg aus der sogenannten Todesvorrundengruppe der Champions League gefunden. "Ich möchte mich bei Anfield bedanken. Unglaublich, was die Leute geleistet haben", sagte Klopp: "Die Atmosphäre war einfach speziell, ich könnte nicht stolzer sein. Thank you." Bevor die Pressekonferenz mit ihm begonnen hatte, ließ er im Medienraum aus Erleichterung über die bestandene Nervenprobe einen Freudenschrei los: "YYYEEESSSSSS."

Gerade noch so hat sich der FC Liverpool am Dienstag mit einem 1:0 über den SSC Neapel ins Achtelfinale der Champions League gerettet. Durch das parallele 4:1 des Gruppensiegers Paris Saint-Germain (elf Punkte) bei Roter Stern Belgrad (vier Punkte) entschied zwischen Liverpool und Neapel (beide neun Punkte) bei identischem direkten Vergleich sowie derselben Differenz im Torverhältnis letztlich die Anzahl an mehr geschossenen Toren über das Weiterkommen. Im neuen Jahr muss Neapel deshalb in der Europa League weiterspielen. Das Aus nahm Carlo Ancelotti, mit drei Titeln neben Zinédine Zidane der Rekordsiegertrainer in der Champions League, in einer wohl nur ihm vorbehaltenen Souveränität entgegen. "Wir müssen das Urteil akzeptieren. Wir haben bis zur letzten Minute im letzten Spiel gekämpft und das ist für uns schon wie ein Sieg. Ich habe nichts zu bedauern." Vom Spielfeldrand aus versuchte Ancelotti seine Erfahrung auf seine im Europapokal unerfahrene Mannschaft zu übertragen. Nach dem 1:0 im Hinspiel hätte Napoli ein Unentschieden oder eine um lediglich einen Treffer ausfallende Niederlage gereicht, sofern halt ein eigenes Tor gelungen wäre.

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Wie knapp die Auseinandersetzung zwischen den beiden Vereinen war, verdeutlichte eine Rettungstat in der Nachspielzeit. Am Fünfmeterraum bekam der bei Neapel eingewechselte Angreifer Arkadiusz Milik freistehend eine Flanke kontrolliert. Bei seiner Ballannahme schien Liverpool schon als Verlierer dazustehen, aber Milik scheiterte bei seinem Torschuss am ihm geistesgegenwertig entgegenspringenden Alisson Becker, dem zweitteuersten Torwart auf der Welt. "Milik? Er hat den Ball gut gestoppt. Da gibt es nichts, was ich meinen Spielern sagen kann. Ganz ehrlich, wir haben getan, was wir konnten", sagte Ancelotti. Für etwa 60 Millionen Euro kaufte Liverpool im Sommer den brasilianischen Nationalkeeper aus seinem Vertrag beim AS Rom heraus - seine Parade war jetzt sportlich gefühlt genauso viel wert. "Ich habe keine Worte dafür. Das war lebenswichtig. Etwas Vergleichbares habe ich bisher nicht gesehen", sagte Klopp. "Wenn ich gewusst hätte, dass er so gut ist, hätte ich auch den doppelten Preis bezahlt."

Wieder einmal hat sich Liverpool in Anfield verausgabt. Mit dem Saisonbestwert von 118,775 Kilometern liefen die Reds ihre Gegenspieler in Grund und Boden. Der Spielstärke der Neapolitaner setzte Liverpool einen Angriff entgegen, der am gegnerischen Strafraum begann und nie nachließ. Um diesem dauerhaften Zustand der Bedrängnis zu entkommen, ordnete Ancelotti an, den Ball in der Spieleröffnung stets hoch auf Nikola Maksimovic zu passen. Der 1,93 Meter große Außenverteidiger sollte seine Überlegenheit beim Kopfball gegen James Milner, den 1,75 Meter großen Antreiber der Reds, ausspielen. Aber Maksimovic gewann kaum ein Duell für sich, egal wie viel Anlauf er jeweils nahm. In der Schlussphase konnte Milner keinen Meter mehr laufen, mit Krämpfen in beiden Beinen musste er sich auswechseln lassen. Das angeschlagene Tempo machte selbst Liverpool zu schaffen. Abgesehen vom Treffer durch Mohamed Salah (34.) vergab der ungeschlagene Tabellenführer der Premier League eine Reihe an Torchancen, bei denen es leichter gewesen wäre, den Ball im Tor unterzubringen als vorbeizuschießen. Vor allem Sadio Mané fiel in dieser Disziplin auf. Aber einen kühlen Kopf bewahrten die Reds diesmal bloß in der Abwehr. Abgesehen von einer Szene in der ersten Halbzeit, als Virgil van Dijk mit offener Sohle zwar den Ball, aber auch heftig das Bein von Dries Mertens traf. Eine rote Karte wäre möglich gewesen.

Durch den Erfolg lässt Liverpool die Konkurrenz wissen, dass an der Anfield Road weiterhin nach eigenen Regeln gespielt wird. Seit 19 Heimspielen sind die Reds im Europapokal unbesiegt, die letzte Niederlage gab es im Oktober 2014 beim 0:3 gegen Real Madrid. In den darauffolgenden Partien blitzten unter anderem Louis van Gaal (Manchester United), Pep Guardiola (Manchester City), Thomas Tuchel (Paris) und jetzt Carlo Ancelotti (Neapel) beim Versuch ab, an der Anfield Road gegen das von Jürgen Klopp trainierte Liverpool zu gewinnen. Bei der Auslosung am Montagmittag in Nyon wartet auf die Reds mit einem der Gruppenersten der nächste Topgegner in der Champions League. "Wir haben da nichts zu sagen. Wie könnte ich hier sitzen und um ein Team bitten? Bis 7:55pm war ich nicht mal sicher, ob wir überhaupt weiter vertreten sind", sagte Klopp.

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