2:0 in der Champions League:Favres Freude ist Löws Sorge

  • Borussia Dortmund gewinnt gegen eine erschreckend schwache Mannschaft aus Monaco 2:0 und sichert sich den Gruppensieg in der Champions League.
  • Trainer Lucien Favre kann es sich erlauben, die zweite Garde in der Königsklasse auflaufen zu lassen - dazu gehören auch einige deutsche Nationalspieler.
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Von Felix Meininghaus, Monaco

Kurz vor Mitternacht postete Borussia Dortmund Fotos, auf denen die Fußballer jubelnd in der Kabine zu sehen sind. Mittendrin im Trubel: Tennisspieler Alexander Zverev, der seinen Lebensmittelpunkt in Monaco hat, sich bislang aber noch nicht geoutet hat, an welchen Fußballverein er sein Herz verschenkt hat. Nun ist es also raus: Der 21-jährige Weltmeister hat ein Faible für Schwarz-Gelb. Nach der kurzen Siegesfeier verließ er im Kreise der Mannschaft die Katakomben des Stade Louis II oberhalb des mondänen Hafens von Monaco und schlenderte mit den Spielern zum Mannschaftsbus.

Es war ein Abend, der für den BVB, der ja ohnehin schon seit Saisonbeginn in großen Höhen schwebt, einen überraschend erfreulichen Verlauf genommen hatte. Obwohl die Borussia mit ihrer Zweitbesetzung antrat - im Vergleich zum Derbysieg auf Schalke wechselte Trainer Lucien Favre seine Mannschaft auf neun Positionen - bestanden die Dortmunder die Prüfung und gewannen mit 2:0. Allerdings gegen einen erschreckend schwachen Gegner, der sich in einer epochalen sportlichen Krise befindet. In der französischen Liga kämpfen die Monegassen als Vorletzter des Zwanzigerfeldes ums sportliche Überleben, in der Königsklasse schieden sie chancenlos aus.

Den Dortmundern konnte das weitgehend stümperhafte Auftreten ihres Gegners egal sein. Sie genossen den Augenblick, der dadurch erheblich versüßt wurde, dass Atletico Madrid in Brügge nicht über ein torloses Remis hinauskam, sodass sich der achtmalige Deutsche Meister auf der Zielgeraden den Gruppensieg schnappte.

Entsprechend gelöst war die Stimmung im Dortmunder Tross. Vereinschef Hans-Joachim Watzke sprach für alle, als er betonte, wie wichtig es sei, "dass wir nach dem erbärmlichen letzten Jahr mit zwei Punkten wieder eine sehr gute Visitenkarte abgeben". Es war geradezu sinnbildlich, dass sich für den BVB in Monaco der Kreis schloss. Schließlich fand das Bombenattentat auf den Mannschaftsbus, der den Verein in ein veritables Trauma taumeln ließ, vor einem Heimspiel gegen den Klub aus dem Fürstentum statt.

Eine zweite Reihe, die zu beneiden ist

Watzke erinnerte daran, als er betonte, "dass es zwar momentan traumhaft für uns läuft, aber wir haben nach dem Anschlag auch lange gelitten". Diese Phase soll nun endgültig beendet sein. "Wir sollten das jetzt langsam mal abhaken", forderte Linksverteidiger Marcel Schmelzer mit Nachdruck, "und uns einfach nur freuen, dass es so gut läuft."

Und das ist auch deshalb so, weil die Borussia über eine zweite Reihe verfügt, für die sie nicht nur in der Bundesliga von einigen Konkurrenten beneidet werden dürfte. "Es ist unsere große Stärke, dass wir über diese Breite verfügen", sagte Watzke. Weil das Weiterkommen in der Königsklasse gesichert war und in der Liga bis Weihnachten gegen Bremen, in Düsseldorf und gegen Gladbach noch drei anspruchsvolle Aufgaben warten, unterzog Trainer Lucien Favre sein Team in Monaco einer Brachial-Rotation, die andere Klubs mit großer Wahrscheinlichkeit hätte straucheln lassen. Leistungsträger wie Axel Witsel, Marco Reus, Thomas Delaney, Jadon Sancho und Jacob Bruun Larsen traten die Dienstreise in den Süden Frankreichs gar nicht erst an und dürften am Samstag im heimischen Stadion entsprechend tatendurstig sein.

Vor dem Abflug nach Monaco sprach Sebastian Kehl, Leiter der Dortmunder Lizenzspielerabteilung, davon, dieses Spiel sei "für Einige die riesige Chance, auf sich aufmerksam zu machen". Nutzen konnten diese Bewerbungschance vor allem der zweifache Torschütze Raphael Guerreiro und der enorm agile Rückkehrer Marcel Schmelzer.

Schwerer Stand für die deutschen Nationalspieler

Joachim Löw wird das kein Lächeln auf das Gesicht gezaubert haben. Schließlich spielt Guerreiro für die portugiesische Nationalmannschaft, während Schmelzer bei ihm schon seit Jahren keine Rolle mehr spielt. Jüngst hatte der Bundestrainer im ZDF-Sportstudio bemängelt, "dass die deutschen Spieler beim BVB momentan ein bisschen auf der Strecke bleiben". Mario Götze, Julian Weigl, Mahmoud Dahoud, Maximilian Philipp - sie alle gehören zum erweiterten Kreis der Nationalmannschaft. Götze entschied die WM 2014 im Finale von Rio de Janeiro gegen Argentinien mit seinem Treffer in Verlängerung, auch Weigl hat schon Länderspiele für die deutsche A-Nationalmannschaft absolviert. Dahoud und Philipp gewannen mit der U21 den EM-Titel 2017. Doch derzeit kommen sie beim souveränen Spitzenreiter der Bundesliga nicht so zur Entfaltung, wie sie und der Bundestrainer es sich wünschen.

"Marco Reus ist der einzige deutsche Spieler, der derzeit beim BVB gesetzt ist", hatte Löw sehr richtig erkannt. Der Auftritt der zweiten Dortmunder Garde in Monaco wird dem Bundestrainer keine Anhaltspunkte gegeben haben, dass sich am Ist-Zustand viel ändern wird. Watzke lobte Weigl zwar ausdrücklich ("ich fand Julian heute super"), doch damit wollte er wohl einem Spieler etwas Gutes tun, der in Dortmund auch in Zukunft keinen leichten Stand haben wird.

Aber den Befindlichkeiten des Bundestrainers mochte sich bei Borussia Dortmund niemand näher befassen an einem Abend, der so viel Erfreuliches bereithielt. Mario Götze, der den BVB in Abwesenheit der Leistungsträger als Kapitän auf das Spielfeld führte, betonte, es fühle sich "sehr gut an, das Spiel in dieser Besetzung zu gewinnen. Das ist keine Selbstverständlichkeit."

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