Abrechnung von Klinsmann mit Hertha:"Es gibt eine Lügenkultur"

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Jürgen Klinsmann - als er noch Hertha-Trainer war (Foto: AP)
  • Nach dem Abschied von Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC Berlin sorgt ein Protokoll für Wirbel, berichtet die Sport Bild.
  • Darin greift der ehemalige Trainer die Hertha-Verantwortlichen - vor allem Michael Preetz - heftig an.
  • Preetz weist die Vorwürfe als "perfide und ungehörig" zurück.

Eine Art Tagebuch über das Kurzzeit-Engagement von Jürgen Klinsmann rechnet in beispielloser Weise mit Hertha BSC ab. Die Sport Bild (Mittwoch) veröffentlichte in gekürzter Form das Protokoll, es soll sich um ein internes Papier für den Ex-Coach und dessen Partner handeln, das geleakt worden sein soll. Dem Sportinformationsdienst SID bestätigte das Klinsmann-Management die Echtheit der Dokumente.

Darin attackiert Klinsmann seinen ehemaligen Verein heftig. In dem Schreiben, vom dem es heißt, dass Klinsmann es verfassen ließ, heißt es unter anderem: "Der Klub hat keine Leistungskultur, nur Besitzstandsdenken und es fehlt jegliches Charisma in der Geschäftsleitung." Diese müsse "sofort komplett ausgetauscht" werden.

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Zu den Beziehungen der Profis zu Geschäftsführer Michael Preetz zitiert das Magazin: "Es gibt eine Lügenkultur, die auch das Vertrauensverhältnis der Spieler mit Preetz zerstört hat." Zudem werden "jahrelange katastrophale Versäumnisse von Michael Preetz in allen Bereichen, die mit Leistungssport zusammenhängen" kritisiert.

Klinsmann griff in einem Rundumschlag gegen den Verein auch andere Bereiche an. Die medizinische Abteilung sei "ohne jegliche Dynamik, zerstritten, inkompetent, den Anforderungen des modernen Profifußballs nicht gewachsen." Es gebe eine Medienabteilung, "die nur reagiert, keine Ideen hat und den Trainerstab niemals verteidigt. Es werden keine Lösungen gesucht, keine Innovationen."

Klinsmann verriet zudem, dass er zunächst Ralf Rangnick als Trainer in den Verein holen wollte. Der frühere Hoffenheimer und Leipziger Coach wollte aber nicht unter Preetz arbeiten. Zudem warf Klinsmann den Hertha-Bossen vor, ihn bei der Unterzeichnung eines neuen Vertrages mit bereits ausgehandelten erweiterten Kompetenzen hingehalten zu haben.

Der Verein reagierte am Mittwoch mit einer Stellungnahme. Nahezu sämtliche in dem Tagebuch enthaltenen Vorwürfe und Behauptungen würden nicht der Wahrheit entsprechen. Dem Verein sei abgesehen davon daran gelegen, die Personalie "auch im Interesse von Jürgen Klinsmann" zu einem würdigen Ende zu bringen. Preetz wies die Vorwürfe am Mittwochmittag als "perfide und ungehörig" zurück. Der Fußball-Bundesligist behalte sich rechtliche Schritte vor. Er könne nicht einordnen, ob es ein Putschversuch gewesen sei. "Dann hat es in jedem Fall nicht funktioniert", betonte der ehemalige Profi.

Das Klinsmann-Schreiben sei geleakt worden

Das Management rätselt darüber, wie das Protokoll an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Der Fußballlehrer habe keine Absicht, eine Abrechnung mit Hertha zu betreiben. Eine weitere Stellungnahme gab es nicht.

Mit deutlichen Worten hatte Hertha-Investor Lars Windhorst seinerzeit den Stil Klinsmanns bei dessen Abschied kritisiert: "Das kann man als Jugendlicher vielleicht machen, aber im Geschäftsleben, wo man ernsthafte Vereinbarungen hat, sollte man das nicht machen."

Klinsmann hatte am 11. Februar nach 76 Tagen via Facebook überraschend seinen Rücktritt als Trainer verkündet. Seitdem trainiert sein Assistent Alexander Nouri den nach wie vor abstiegsbedrohten Hauptstadt-Klub. Am vergangenen Samstag hatte Hertha zu Hause 0:5 gegen den 1. FC Köln verloren.

© SZ.de/dpa/sid/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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