Ermittlungen im Fußball:Neuer Krimi um Katar

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Nasser Al-Khelaifi (rechts) bei der Präsentation des neuen PSG-Trainers Luis Enrique. (Foto: Blondet Eliot/Abacapress/Imago)

Die WM im Emirat ist vorbei - die Ermittlungen in ihrem Kontext gehen weiter. Nun durchsucht die französische Justiz das Haus des mächtigen Funktionärs und PSG-Bosses Al-Khelaifi. Schwerwiegende Vorwürfe stehen im Raum.

Von Thomas Kistner

Immer Ärger mit Katar: Die umstrittene WM-Endrunde 2022 im Emirat ist inzwischen zwar Sporthistorie, das gilt aber nicht für all die filmreifen Deals rund um die damalige WM-Vergabe. Noch immer laufen Korruptionsermittlungen zu diversen Weiterungen der Katar-Kür, und nun dringt die französische Justiz in den sensibelsten Bereich der katarischen Sportpolitik vor. Am Mittwoch wurde das Haus des Präsidenten von Paris Saint-Germain, Nasser Al-Khelaifi, durchsucht. Es geht um schwerwiegende Vorwürfe: Entführung, Erpressung und Folter durch organisiertes Bandentum.

Auf dem Weg zur international beachteten Präsentation des neuen PSG-Trainers Luis Enrique war Al-Khelaifi am Mittwoch bei seiner Ankunft am Pariser Flughafen von einem Untersuchungsrichter empfangen worden, der ihm ein Dokument zum Abzeichnen vorlegte: dass seine Privaträume auch in Abwesenheit des Hausherrn durchsucht werden dürfen. Al-Khelaifi rauschte dann direkt ins neue PSG-Trainingscenter weiter, wo er die Pressekonferenz mit drei Stunden Verspätung eröffnete. Er stellte Luis Enrique vor und den Wunderstürmer Kylian Mbappé zum Verkauf. Auf den Korridoren spielte ein PSG-Sprecher die Verspätung mit Verweis auf familiäre Angelegenheiten herunter. Erst später erfolgte die Korrektur, nun hieß es: "Der Ermittlungsrichter forderte zusätzliche Informationen und Zugang" - was ihm vollständig und transparent gewährt worden sei.

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Konkreter wird die Zeitung Le Monde. Es geht demnach um die mutmaßliche Entführung eines Lobbyisten in Katar. Der französisch-algerische Geschäftsmann Tayeb Benabderrahmane stellte vor Monaten Strafanzeige. Er behauptet, er sei 2020 im Emirat entführt und sechs Monate festgehalten worden. Dabei sei er, auch unter Folter, zu Daten und Dokumenten in seinem Besitz befragt worden, die teils aus einem Handy Al-Khelaifis stammen und diesen sowie manche seiner Gesprächspartner belasten könnten: Spitzenleute des Emirats und der Fifa. Konkret soll es um die WM-Vergabe 2022 gehen, um Geschenke und auch um Angebote des Katar-Senders BeIn Media zur Ausstrahlung künftiger Turniere. Al-Khelaifi ist auch Chef von BeIn Media.

Seit Monaten weist der Funktionär alle Vorwürfe scharf zurück. Doch die Justiz rückt immer weiter vor. Ihr liegen die inkriminierten Dokumente, aber auch ein skurriler Schweigevertrag vor, den der Lobbyist Benabderrahmane "im Austausch für seine Freilassung" aus Katar unterschrieben hatte. Demnach werde er angeblich kompromittierende Daten über Al-Khelaifi aushändigen - und eine Strafe von fünf Millionen Euro akzeptieren, falls er oder seine Angehörigen das Schweigen brechen. Die Justiz sieht darin erpresserische Tendenzen. Im Januar wurde ein Verfahren eröffnet.

Schon im Juni waren im Zuge der Affäre Pariser Kanzleien durchsucht worden, auch das Rathaus im 7. Bezirk. Und bereits im Herbst 2022 hatte Al-Khelaifis langjähriger früherer Vertrauter bei der Zentralstelle für die Bekämpfung von Korruption und Finanzkriminalität als Zeuge umfassend ausgesagt. Nun müssen die Funde ausgewertet werden, bei einem der wichtigsten Fußballfunktionäre der Welt, der auch Minister ohne Amtsbereich in Katar ist - und ein langjähriger Freund des Emirs.

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