Drittligist Kaiserslautern:"Ohne Gerry kein FCK"

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"Das ist eine persönliche Sache zwischen Herrn Schommers und mir", sagt Gerry Ehrmann. (Foto: dpa)
  • Nach einem Streit mit Trainer Schommers wird Torwartlegende Gerald Ehrmann beim Drittligisten Kaiserslautern freigestellt.
  • Der Verein sagt, eine "Reihe von internen Vorkommnissen" habe zur Trennung geführt, Ehrmann widerspricht.
  • Die Fans protestieren bereits gegen die Entscheidung.

Von Carsten Scheele

Es gibt Menschen, die vertreten fest die Meinung, dass der vierfache deutsche Meister 1. FC Kaiserslautern, der heute in der dritten Liga kickt, ohne Gerald Ehrmann längst pleite wäre. Ohne den gefürchteten und gleichsam beliebten Torwarttrainer also, der dem FCK in den vergangenen zwei Jahrzehnten so viele Topschlussmänner ausgebildet hat.

Roman Weidenfeller, Tim Wiese, Kevin Trapp, Julian Pollersbeck: Sie alle (und einige andere) haben die Ehrmann-Torwartschule absolviert, in der man lernte, die Gegner mit Muckis, Imponiergehabe und gigantischen Paraden einzuschüchtern. Seine besten Schüler starteten anschließend eine Bundesliga- und Nationalmannschaftskarriere. Alle haben den FCK verlassen, Trapp und Pollersbeck spülten ordentlich Geld aufs Konto, und da Kaiserslautern dem finanziellen Kollaps mehrfach knapp entkommen ist, ist es mehr als romantische Verklärung, wenn man behauptet: Ohne Ehrmann, genannt Gerry, hätte der FCK noch viel schlechter dagestanden.

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Die Trennung vom Torwarttrainer nach zwei Jahrzehnten kommt überraschend. In Italien werden vier Fußballspiele wegen des Coronavirus abgesagt. Francesco Friedrich wird erneut Zweierbob-Weltmeister.

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Nun allerdings ist Ehrmann, 61, nicht mehr da: entlassen nach 36 Jahren im Verein und 24 Jahren als Torwarttrainer. Nach "einer Reihe von internen Vorkommnissen, die eine zielgerichtete und teamorientierte Zusammenarbeit (...) nicht mehr möglich machen", wie der Klub mitteilte. Laut Bild, SWR und Rheinpfalz kam es nach dem Spiel gegen Zwickau am Wochenende zu einer Auseinandersetzung zwischen Boris Schommers (seit fünf Monaten Trainer auf dem Betzenberg) und Ehrmann. Das Ergebnis: Gerry muss gehen.

Dank Ehrmann hatte der FCK nie ein Torwartproblem

Das bedeutet ein Beben in der Pfalz, denn egal, was mit dem FCK in den vergangenen 30 Jahren passiert ist, ob Meisterschaft, Champions League, Abstieg, Meister als Aufsteiger, wieder Abstieg, Niedergang, Abstieg bis in die dritte Liga: Gerry Ehrmann ist immer da gewesen. Er hat alle Höhen und noch mehr Tiefen miterlebt, er hat eine enorme Zahl an Cheftrainern kommen und wieder gehen sehen, von denen übrigens nie einer seinen eigenen Torwarttrainer mitgebracht hat. Warum auch?

Ehrmann, Typ nimmermüder Kämpfer, hat als Profi 301 Bundesligaspiele für den FCK absolviert, galt als unangefochtene Institution, mit der sich allein wegen ihrer Statur niemand anlegen wollte. Ehrmann sagte stets seine Meinung und war als Trainer im Umgang mit den Spielern manchmal sehr direkt, doch der FCK hatte dank ihm, so sehr es sportlich auch bergab ging, nie ein Torwartproblem. Der aktuelle Lauterer Keeper, Lennart Grill, ist Torwart des deutschen U21-Nationalteams.

Nun hat es gekracht, und manch einer fragt sich, ob es den Verein, der in der dritten Liga kurz davor steht, in die Abstiegszone zu rutschen, in dieser Personalie zerreißt. Nach der Nullnummer gegen Zwickau, der siebten sieglosen Partie in Serie, war es zu einem Streit zwischen Trainer Schommers und Ehrmann gekommen. Ehrmann habe im VIP-Bereich gegenüber Dritten über Schommers gelästert; am Montagabend erweiterte der Klub seine Vorwürfe: Es sei durch Ehrmann "mehrfach zu massiven, substanziellen Beleidigungen, Arbeitsverweigerungen und Drohungen gegenüber dem Trainerteam gekommen". Der Verein bezeichnete die Freistellung als "unumgänglich", und das ausgerechnet vor dem brisanten Südwest-Derby am Samstag bei Waldhof Mannheim.

Ehrmann selbst widersprach der Darstellung des Vereins. "Das ist ein rein persönliches Ding zwischen ihm und mir. Wenn es nicht mehr geht, dann geht es eben nicht mehr", sagte Ehrmann der Rheinpfalz. Die Reaktionen der Fans im Netz sind gewaltig, schon in anderen Lauterer Krisenzeiten skandierten die Anhänger in der Westkurve gerne: "Außer Ehrmann könnt ihr alle gehen!" Auch Roman Weidenfeller schrieb bei Instagram: "Ich kann mir den 1. FC Kaiserslautern ohne Gerry Ehrmann nicht wirklich vorstellen."

Vor dem Fritz-Walter-Stadion prangten am Sonntag selbstgefertigte Plakate, auf einem stand: "Ohne Gerry kein FCK!" Eine Online-Petition mit dem Titel "Gerry Ehrmann bleibt beim FCK" unterschrieben bis Montagabend mehr als 6000 Fans.

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