Island bei der Fußball-EM:Bei Gudjohnsen liegt das Talent in der Familie

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Eidur Gudjohnsens Vater war ebenfalls Nationalspieler - und seine Söhne könnten es auch werden. (Foto: AFP)
  • Eigentlich hat Eidur Gudjohnsen im Fußball schon alles erlebt, aber jetzt ist sein Land erstmals für eine EM qualifiziert.
  • Der alte Isländer eine der erstaunlichsten Figuren dieser EM.

Von Sebastian Fischer

Arnor Gudjohnsen gab seinem Sohn einen Kuss auf die Wange, als er für ihn Platz machte. Es war der 24. April 1996, die isländische Nationalmannschaft spielte in Estland. Und nach 62 Minuten wurde der isländische Stürmer Gudjohnsen ausgewechselt - für seinen damals 17 Jahre alten Sohn Eidur: "Das war ein großer Moment in der Geschichte des Fußballs", sagt Eidur Gudjohnsen. Der Angreifer, der in den 20 Jahren danach zum besten Fußballer in der Geschichte Islands reifte, hat ein Gespür für solche Momente.

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In Frankreich ist Islands Nationalteam erstmals bei einer EM dabei. Ein Land, in dem kaum mehr als 300 000 Menschen leben - also so viele wie in Bielefeld. Eine sportliche Sensation ist das, und das passende Ende für die Karriere des inzwischen 37 Jahre alten Eidur Gudjohnsen. Schon in seiner Jugend hatte sich abgezeichnet, dass er das Talent seines Vaters nicht nur geerbt hatte, sondern ihn übertreffen würde. Sein Sohn habe die bessere Technik, hat Arnor, 55, jüngst einem Videoteam der Fifa erzählt, das eine Homestory über die Gudjohnsens in Reykjavik drehte.

Eidur wechselte mit 16 zu PSV Eindhoven, mit 19 ging er nach England zu den Bolton Wanderers, mit 21 zum FC Chelsea. Er kam mit dem großen Geld zunächst nicht klar, machte seine Spielsucht öffentlich. Doch auf dem Platz war er nicht zu halten, seine Bewegungen am gegnerischen Strafraum waren wie aus einem Guss, er traf aus allen Lagen, nach Dribblings, per Fallrückzieher.

Gudjohnsen zog weiter nach Barcelona, wo Ronaldinho nach seinen Toren oft erster Gratulant war. Der brasilianische Ballartist respektierte die Fertigkeiten seines Kollegen, der nach Treffern höflich zu jubeln pflegt, die Arme ausbreitet wie ein Künstler vor dem Knicks. Er jubelte oft, wurde englischer und spanischer Meister, gewann die Champions League.

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Einzig im Nationalteam schienen ihm die Höhepunkte verwehrt zu bleiben, ähnlich wie den großen Fußballern George Best in Nordirland und Ryan Giggs in Wales - die Mitspieler waren nicht gut genug. Doch der isländische Fußball entwickelte sich. Gudjohnsen spielte als Kind auf Kies, inzwischen gibt es Kunstrasenhallen. 2013 spielte Island eine starke WM-Qualifikation, scheiterte erst in den Playoffs an Kroatien. Nach dem Rückspiel trat Gudjohnsen vor die Kameras und weinte. Er verkündete das Ende seiner Nationalmannschaftskarriere.

Doch als sich vor einem Jahr die EM-Qualifikation 2016 abzeichnete, holte Trainer Lars Lagerbäck seinen berühmtesten Spieler zurück; dessen Ballbehandlung sei "magisch", sagt er. Gudjohnsen, in insgesamt 86 Länderspielen 26-mal erfolgreich, traf gleich im ersten Spiel. Obwohl er inzwischen von der Bank kommt, wirke er fitter als in den vergangenen Jahren, er sei nach einem missglückten Kapitel in China bei seinem norwegischen Klub Molde FK in Form gekommen, berichten Beobachter.

Falls er nach der EM aufhört, wird der Name Gudjohnsen bleiben. Auch, weil alle seine Söhne Fußball spielen: der älteste für Islands U 19, der jüngste, 10, im Nachwuchs des FC Barcelona. Im Februar erzielte jener ein Tor, das im Internet die Runde machte: Es war so schön, als hätte es sein Vater geschossen.

© SZ vom 09.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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