Fünfter Platz bei Handball-WM:Klarer Arbeitsauftrag für Gislason

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Ein Blick zurück, der nach dieser Weltmeisterschaft durchaus positiv stimmt. Vor allem dank Andreas Wolff, der einmal mehr eine absolute Weltklasseleistung zeigte. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Zwischen der Weltspitze und der deutschen Mannschaft klafft eine kleinere Lücke als noch vor zwei Jahren - und für die anstehenden Heim-Turniere gibt es weitere gute Aussichten.

Von Ralf Tögel

"Ich bin stolz auf diese Mannschaft." Dieser Satz war des Öfteren von Alfred Gislason zu hören, und auch nach dem finalen 28:24-Sieg im Spiel um Platz fünf gegen die Norweger zeigte sich der Bundestrainer immerhin "sehr zufrieden". Damit hat die Nationalmannschaft die Handball-Weltmeisterschaft in Polen und Schweden mit einem Erfolg abgeschlossen und dabei nicht nur den von Gislason erhofften "Schritt nach vorne" gemacht. Die junge Auswahl bot phasenweise begeisternde Vorträge, die durchaus geeignet waren, um in der Heimat eine Euphorie anzufachen.

Das war die wohl wichtigste Erkenntnis für den Deutschen Handballbund (DHB) nach dem historisch schlechten zwölften Rang bei den vorherigen Welttitelkämpfen in Ägypten. Vor allem im Hinblick auf das vom DHB ausgerufene Jahrzehnt des Handballs - mit der Heim-EM im kommenden Jahr und der Heim-WM 2027. Gleichzeitig bedeutet WM-Platz fünf eine gute Ausgangslage für eines der drei ausstehenden Qualifikationsturniere zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris, für das sich der DHB als Ausrichter bewerben wird, wie Präsident Andreas Michelmann wissen ließ.

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Dann verlieren die deutschen Handballer bei großen Turnieren. Trotzdem geht der Blick nach vorne: Bei der EM 2024 im eigenen Land soll das Team um die Medaillen mitspielen - immerhin gibt es positive Signale.

Kommentar von Ralf Tögel

Gleichwohl weiß Gislason, der seinen bis 2024 laufenden Vertrag demnächst vorzeitig verlängern wird, dieses Abschneiden einzuordnen. Denn auch im letzten Spiel ließ die deutsche Auswahl in der zweiten Halbzeit nach, brachte sich mit technischen Fehlern und schwachen Würfen in Nöte.

Noch fehlt es der deutschen Mannschaft an Konstanz, das Potenzial für die Weltspitze hat sie bewiesen

Schon in der vorangegangenen Partie gegen den Olympia-Vierten Ägypten hatten die Deutschen einen Acht-Tore-Vorsprung verdaddelt und sich erst in der Verlängerung zum Sieg gezittert. Diese Schwächephasen baute das Team mit schöner Konstanz in seine Darbietungen ein, auch im Viertelfinale gegen Frankreich - gegen einen Gegner also, der derlei auszunutzen weiß. Dem Rekord-Weltmeister begegnete das DHB-Team lange ebenbürtig, führte noch in der zweiten Halbzeit, brachte sich dann in den letzten 15 Minuten um ein besseres Ergebnis.

So offenbarte sich auch, dass zur Weltelite nach wie vor eine - wenn auch deutlich kleinere - Lücke klafft. Selbige, das ist der Auftrag im DHB an Gislason, gilt es nun ganz zu schließen: ein Team zu formen, das in der Lage ist, um Medaillen mitzuspielen.

Das ist keine vermessene Forderung vom mitgliederstärksten Handball-Verband auf diesem Erdball, der sich gerne mit der besten Liga der Welt schmückt. Und die deutsche Auswahl hat mit ihren Auftritten in Kattowitz, Danzig und nun in Stockholm den Arbeitsauftrag für Gislason sozusagen präzisiert: "Wir haben es gegen Norwegen zum ersten Mal geschafft, über 60 Minuten konstant zu spielen", bilanzierte Torhüter Andreas Wolff nach dem Sieg gar - dem ersten seit Jahren gegen einen Gegner, der zur Elite im Welthandball zählt.

Hoffnungsträger: Spielmacher Juri Knorr soll den deutschen Handball zurück in die Weltspitze führen. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Mit Olympiasieger Frankreich, WM-Titelverteidiger Dänemark, Europameister Schweden und Spanien, verlässlich unter den besten vier bei Großturnieren, machten einmal mehr die Topnationen den Sieger unter sich aus. Der Versuch der Deutschen, in diesen Kreis einzudringen, misslang zwar erneut, gleichwohl war man lange nicht mehr so nah dran.

Noch fehlt es den wichtigsten Spielern an Erfahrung und der Mannschaft an Qualität in der Breite. Beides könnte sich aber in absehbarer Zeit beheben lassen. Juri Knorr und Julian Köster, die 22 Jahre alten und wohl bestimmenden Profis der kommenden Jahre, spielen in ihren Vereinen in der Bundesliga entscheidende Rollen. Es gibt keinen besseren Ausbildungsplatz, nirgends sonst ist die Konkurrenz international derart beschlagen. Was für die Kollegen ebenso gilt - nur Torhüter Andreas Wolff spielt beim polnischen Topklub Kielce im Ausland. Um den Torhüter muss man sich freilich nicht sorgen - der 31-Jährige spielte bei dieser WM als einziger DHB-Akteur konstant auf Weltklasseniveau.

Gislason hat also bereits eine WM-taugliche Erstbesetzung - und spätestens nach dem Norwegen-Spiel die Erkenntnis, dass die Ersatzspieler auf dem Weg dorthin sind. Akteure wie Luca Witzke, Djibril M'Bengue und die nachnominierten Tim Zechel sowie Lukas Stutzke brachten Entlastung. Zudem fehlten einige erprobte Kräfte verletzt wie Timo Kastening, Julius Kühn und Fabian Wiede, die zurückkehren wollen, auch der pausierende Abwehr-Chef Hendrik Pekeler hat dies angekündigt.

Gute Aussichten also, dass Alfred Gislason auch in Zukunft stolz auf seine Mannschaft sein kann.

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