Handball:Torwart Bitter rät HSV-Handballern: «Bleibt auch hier!»

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Hamburg (dpa) - Leere Kassen und düstere Aussichten, aber Superstimmung, rasende Fans und Siege am Fließband. Der zahlungsunfähige Handball-Bundesligist HSV Hamburg fühlt sich derzeit wie auf der Achterbahn.

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Hamburg (dpa) - Leere Kassen und düstere Aussichten, aber Superstimmung, rasende Fans und Siege am Fließband. Der zahlungsunfähige Handball-Bundesligist HSV Hamburg fühlt sich derzeit wie auf der Achterbahn.

Dem Weltuntergangsszenario mit Insolvenz, Punktabzug und Absturz in die Bedeutungslosigkeit folgen mitreißende Spiele des Bundesliga-Fünften - Mäzen Andreas Rudolph zum Trotz, der keinen Pfifferling mehr auf den HSV geben will.

Die Befürchtungen über das drohende Bundesliga-Aus in der Hansestadt schieben die Profis erstaunlich weit von sich und bäumen sich zu bemerkenswerten Kraftakten auf. „Was die Mannschaft in den letzten Wochen geleistet hat, ist nicht mehr zu beschreiben“, gesteht Geschäftsführer Christian Fitzek gerührt. Fünf Siege am Stück stehen zu Buche. Seit mehr als einer Woche muss das Team auch noch ohne Trainer auskommen. Michael Biegler, nebenbei auch Nationalcoach, bereitet Gastgeber Polen auf die EM im eigenen Land vor. Das HSV-Team coacht er via Telefon und Mail. Den Rest machen die Spieler selbst.

Der 27:22-Sieg gegen den SC Magdeburg hatte die Zuschauer von den Plätzen gerissen. 9156 waren gekommen, so viele wie noch nie in der laufenden Saison. Noch Minuten nach dem Schlusspfiff applaudierten sie der Mannschaft. „So lange es geht, machen wir weiter“, bekennt Torhüter Johannes Bitter, der mit 21 Paraden gegen Magdeburg eine Weltklasseleistung bot. Der 33 Jahre alte Schlussmann weiß aber auch: „Das ist natürlich ein emotionaler Spagat.“

Bitter formuliert, was in diesen Tagen schwerlich zu glauben ist: „Es macht totalen Spaß, in dieser Truppe zu spielen.“ Die ausgebliebenen Gehälter in den vergangenen beiden Monaten haben nicht zu Demotivation oder Arbeitsverweigerung geführt. Notstand und Ungewissheit scheinen die Truppe enger zusammenzuschweißen. „Ich bleibe so lange hier, bis es nicht mehr läuft“, schwört Bitter und versichert: „Jedem, der mich fragt, würde ich sagen: Bleib auch hier!“

Nur Nationalspieler Adrian Pfahl hat sich entschieden, zum Jahresende nach Göppingen zu wechseln. Wie das „Hamburger Abendblatt“ berichtet, erhielt der 33-Jährige zum 1. Januar die Spielberechtigung der Handball-Bundesliga. „Es tut mir weh, diese tolle Gemeinschaft zu verlassen“, sagte Pfahl, „aber ich bin auch froh, einen anderen Club gefunden zu haben, der in der Bundesliga ähnlich gut dasteht und zudem im Europapokal vertreten ist. Frisch Auf ist für mich die Optimallösung.“

Mittlerweile gibt es für ihn und seine Noch-Kollegen Insolvenzgehalt, nicht so üppig wie das reguläre Salär, aber immerhin. Der vorläufige Insolvenzverwalter Gideon Böhm wühlt sich derweil durch Akten und Verträge und verbreitet vorsichtigen Optimismus. „Wir haben eine realistische Chance, ein tragfähiges Sanierungskonzept vorzulegen“, erklärte er unlängst.

Das Spiel gegen Magdeburg verfolgte der Rechtsanwalt in der Barclaycard-Arena und applaudierte begeistert. Arena-Geschäftsführer Uwe Frommhold, der seit Monaten auf Mietzahlungen wartet, steht weiterhin zum Schuldner. „Wir haben unser Scherflein beigetragen, dass es weitergeht“, bekennt er. Das alles flößt „Jogi“ Bitter Zuversicht ein: „Ich bin von Tag zu Tag mehr überzeugt, dass es klappt.“

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