Deutsche Handballer:Endspiel gegen Österreich

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Bedient: Torwart Andreas Wolff im Spiel gegen Kroatien. (Foto: Ronny Hartmann/AFP)

Die deutschen Handballer unterliegen in der Olympia-Qualifikation 30:33 gegen Kroatien und gehen in ein echtes Endspiel. Verlieren sie auch gegen Österreich, ist die Teilnahme an den Sommerspielen futsch.

Von Carsten Scheele, Hannover

Robert Weber hat's gewusst. Der massige Kreisläufer der Österreicher hatte schon nach dem ersten Qualifikationsspiel seiner Mannschaft in Hannover erklärt, wie das Turnier ausgehen wird. Es werde "ein Endspiel gegen Deutschland" geben, sagte Weber im ORF. Und der Sieger? Österreich.

Nun gibt's dieses Endspiel tatsächlich, und das deutsche Team hat sich in diese missliche Lage selbst bugsiert, mit einer vor allem in der ersten Halbzeit ernüchternd schwachen Leistung im zweiten Gruppenspiel gegen Kroatien. Nach dem 30:33 (10:16) sind die Kroaten durch und können sich über die Olympiateilnahme freuen. Die Deutschen müssen weiter zittern.

Gewinnt das Team von Bundestrainer Alfred Gislason am Sonntag (14.10 Uhr, ARD) gegen den Nachbarn, fährt es ebenfalls nach Paris. Andernfalls feiert Österreich, wie von Weber prognostiziert, einen historischen Triumph. Auch ein Unentschieden würde genügen wegen des Torverhältnisses. Aber wer will damit schon kalkulieren?

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Gegen die Kroaten erwischte das deutsche Team einen Beginn aus dem Lehrbuch: "Wie man besser nicht in ein Handballspiel startet." Fünf Minuten waren gespielt, die ersten acht Angriffe, da stand es 0:4. Immer wieder scheiterten die deutschen Werfer am kroatischen Torwart Dominik Kuzmanović, mit dem sie schon bei der EM große Probleme hatten. Ein Siebenmeter von Lukas Zerbe landete am Innenpfosten und sprang von dort aus der Gefahrenzone. Nach neun Minuten nahm Gislason bereits die erste Auszeit.

"Wir haben das Spiel in den ersten zehn Minuten verloren", sagt Rune Dahmke

Der Isländer, der nicht nur um die Olympiateilnahme, sondern auch um seinen Job als Bundestrainer spielt, hatte gesehen, dass es an fast allem haperte, was nötig ist, um eine solch wichtige Partie zu gewinnen. Linksaußen Rune Dahmke bezeichnete die Leistung in dieser Phase als "einfach ungenügend. Wir haben das Spiel in den ersten zehn Minuten verloren."

Es entwickelte sich ein Albtraum-Spiel: Kroatien gelang alles, insbesondere dem Torwart und den Schützen aus dem rechten Rückraum, den Deutschen fast nichts. Es fiel schwer, all die technischen Fehler im Angriffsspiel zu rekapitulieren. Marian Michalczik warf einen Ball nach Linksaußen, der in den Zuschauerrängen landete. Renars Uscins prellte den Ball auf den Fuß von Juri Knorr. Mit jeder Aktion schwoll die Brust der Kroaten weiter an, die Schultern der Deutschen sanken ein paar Millimeter weiter nach unten. Die starke Abwehr von der EM? Wackelte erheblich. Die Offensive um Juri Knorr und Julian Köster? Wirkte zeitweise deutlich überspielt.

"So eine erste Halbzeit darf uns nicht passieren", kritisierte Kapitän Johannes Golla später mit deutlichen Worten. "Wir haben uns Panik gemacht", sagte auch Knorr. Zur Halbzeit lag das deutsche Team mit sechs Treffern zurück, die Hallenregie spielte "Highway to Hell" ein von AC/DC. Nicht unpassend. Die kroatischen Fans in der Halle feierten schon mal.

"Jeder wird brennen", verspricht Torwart Wolff für das Spiel gegen Österreich

Ein Blitzstart zu Beginn der zweiten Halbzeit gab zumindest etwas Hoffnung zurück. Uscins traf nun zuverlässig (am Ende war er mit acht Toren erneut bester deutscher Schütze), die Kroaten begingen ein Stürmerfoul, Zerbe verkürzte per Siebenmeter auf vier Tore. Im Rückraum traf die B-Besetzung aus Michalczik und Sebastian Heymann. Knorr und Köster saßen hingegen lange Zeit auf der Bank. Und plötzlich fing auch Torwart Wolff einen freien Ball von Rechtsaußen weg. "Richtig gut", sei man in dieser Phase gewesen, lobte Gislason.

Es klappte noch längst nicht alles im deutschen Spiel, aber immerhin die Betriebstemperatur stimmte. Zwei Tore betrug der Rückstand nur noch (21:23), die Halle in Hannover lärmte, aber die Kroaten blieben stabil. Als Heymann in der Schlussphase nach einem Foul gegen Domagoj Duvnjak mit glatt Rot vom Feld musste, verlor das deutsche Team endgültig den Mut, den es gebraucht hätte, um die Partie zu drehen. Die Kroaten feierten noch auf dem Feld eine ausgelassene Party.

Nun also Österreich. Ein Alles-oder-Nichts-Spiel gegen den Nachbarn, gegen den es bei der EM im Januar mit Ach und Krach zu einem Unentschieden in der Gruppenphase gereicht hatte. "Jeder wird brennen", versprach Torwart Wolff. Knorr sagte: "Es wird ein Endspiel. Mit einem Sieg sind wir durch. Eigentlich ist das ja eine schöne Konstellation." Aber vermutlich keine für schwache Nerven.

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