FC Barcelona:Auch die Handballer müssen sparen

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Das war's: Für Ludovic Fabregas (Zweiter von re.) und den FC Barcelona endet die Mission Titelverteidigung im Halbfinale, der französische Olympiasieger wird Barca zudem verlassen. (Foto: Anke Waelischmiller/Sven Simon/Imago)

Nach dem überraschenden Halbfinalaus gegen Magdeburg ist die Zukunft der Handballer des FC Barcelona ungewiss. Angesichts der finanziellen Situation des Vereins und des selbst verordneten Sparkurses könnte eine Ära zu Ende gehen.

Von Ralf Tögel, Köln

Diesen Seitenhieb konnte sich Carlos Ortega nicht sparen: "Sie sind schwer zu verteidigen, weil sie sehr langsam spielen. Sie gehen viel ins Eins-gegen-eins, ziehen Fouls und finden irgendwie einen Weg, ein Tor zu erzielen. Ich finde, das Zeitspiel kam immer sehr spät. Letztes Jahr haben wir im Siebenmeterwerfen gewonnen, das hat der Sport dieses Mal nicht gewollt." Am Ende seiner Analyse gab der Trainers des FC Barcelona nach dem Aus im Halbfinale der Champions League aber zu: "Auf ihre Art sind sie sehr gut." Und diese Art reichte dem SC Magdeburg, um dem Favoriten mit einem 40:39-Sieg nach Verlängerung und Siebenmeterwerfen die zweite Titelverteidigung in Serie zu verderben, was eine Rekordmarke gewesen wäre.

Von 1,65 Milliarden Euro Schulden ist die Rede

Spricht man von den Handballern des FC Barcelona, muss man in Superlativen sprechen. Die Katalanen sind nicht nur das Maß aller Dinge im heimischen Betrieb, sie sind auch die internationale Referenzgröße. Mit dem 13. Meistertitel in Serie im Gepäck, mit 30 Siegen in 30 Spielen errungen, waren die Katalanen zum Champions-League-Finalturnier in die Lanxess-Arena nach Köln gereist, um überraschend schon im Halbfinale zu scheitern. Eine Niederlage, die auch das Ende einer Ära einläuten könnte.

Der Gesamtverein, also alle Abteilungen inklusive Fußballer, hat Schulden in schwindelerregender Höhe angehäuft, von 1,65 Milliarden ist die Rede. Seit geraumer Zeit läuft ein Sparkurs beim Traditionsklub, der in den kommenden Jahren bei den Handballern spürbar durchschlagen dürfte. Denn Barca hat nicht nur exorbitant teure Kicker, traditionell legen die Katalanen viel Wert auf eine große Spartenvielfalt, der Klub unterhält unter anderem Rollhockey, Futsal, Rugby und Eishockey. Vor allem aber im Basketball und Handball leisten sich die Katalanen - neben den Fußballern - Auswahlen, die zur europäischen Spitze zählen. Und hier will sich der Verein selbst die vergleichsweise größten Schröpfgläser anlegen.

Legte die Handball-Abteilung bis zu den 90er-Jahren noch großen Wert auf spanische Talente, am besten Eigengewächse aus Katalonien, entwickelte sich der Klub auch dank großzügiger Finanzierung zum Maß aller Dinge im Vereinshandball. Der FC Barcelona nämlich bezahlt alle Sparten aus einem Topf, da fiel angesichts der schwer defizitären Fußballer ein Minus von zuletzt knapp sieben Millionen Euro bei den Handballern kaum ins Gewicht - bisher.

Torhüter Gonzalo Perez de Vargas ist in Barcelona ein Idol, jetzt verhandelt er mit dem THW Kiel

Für die kommende Saison sind nun starke Einbußen angekündigt. Im Verein und dessen Umfeld nimmt zudem die Debatte an Schärfe zu, ob man die teuren Unterabteilungen nicht besser ganz eindampft. So weit wird es wohl nicht kommen, aber der Sparkurs führt bereits zu gravierenden Änderungen im Kader: Der französische Olympiasieger Ludovic Fabregas wollte den verordneten Gehaltseinbußen nicht zustimmen und wechselt zum finanziell potenten Champions-League-Konkurrenten Veszprem. Auch der kroatische Spielmacher Luka Cindric wird wohl gehen, die Katalanen versuchen, die Großverdiener im Kader loszuwerden. Sogar Torhüter Gonzalo Perez de Vargas - der viermalige Champions-League-Gewinner ist in Barcelona ein Idol - verhandelt mit dem THW Kiel. Ersetzt werden derlei Schlüsselspieler durch spanische Talente. Barca findet also notgedrungen auf seinen ursprünglichen Weg zurück.

Die Dominanz im nationalen Spielbetrieb wird wohl weiter bestehen, international dürfte sich das ändern. Auch dem polnischen Serienmeister Kielce werden ob abhanden kommender Sponsoren wirtschaftliche Schwierigkeiten nachgesagt. Dagegen gibt es im dänischen Meister Aalborg und im norwegischen Klub Kolstadt zwei finanzstarke Projekte, die Topspieler in Serie verpflichten und die Königsklassen-Trophäe als Ziel ausgegeben haben. Und nicht zuletzt die Bundesliga rüstet auf - vielleicht auch mit Topspielern vom FC Barcelona.

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