Champions League im Handball und Fußball:Die Bundesligen beleben das Geschäft

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Domagoj Duvnjak (re.) und seine Kollegen vom THW Kiel: Profitieren auch von einer ausgeglichenen Liga (Foto: Christof Koepsel/Getty)

Dass der THW Kiel im Handball die Champions League gewinnt und der FC Bayern im Fußball, ist auch auf die starken Bundesligen zurückzuführen. In der Pandemie haben sie ihre Qualität bestätigt.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Was die Champions-League-Siege der Fußballer des FC Bayern München im Juli und der Handballer des THW Kiel im Dezember gemeinsam haben? Nun, sie werden in Erinnerung bleiben als die Höhepunkte des Corona-Sports 2020. Fachleute werden zudem darauf verweisen, dass ausgerechnet die beiden deutschen Rekordmeister im Krisenjahr europaweit triumphierten.

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Viel mehr ist da oberflächlich betrachtet nicht; warum auch, die Städte liegen 700 Kilometer Luftlinie auseinander, und der THW wird immer mal wieder der FCB des Nordens genannt. Auf die Idee, den FCB den THW des Südens zu nennen, sind sie im Süden noch nicht gekommen. Da brechen sie lieber gleich in die Galaxis auf und singen im Stadion a cappella (falls bald mal jemand dorthin zu Besuch kommen darf) vom Stern des Südens, der niemals untergeht.

Landen sie dann doch mal wieder auf dem Boden der Tatsachen, werden auch die bisweilen entrückten Münchner sicher akzeptieren können, dass es in den Details beider Erfolge erstaunliche Parallelen gibt. Diese beginnen damit, dass Manuel Neuer regelmäßig unorthodoxe Hampelmann-Bewegungen in sein Spiel einstreut, die denen des famosen Kieler Dänen Niklas Landin ähneln. Kein Zufall, Neuer hat in seiner frühen Prägephase sein Torwartspiel im Training mit Handball-Schlussleuten geschliffen. Wer besser werden will, denkt heute interdisziplinär.

Und so groß sind die Unterschiede ja dann auch wieder nicht: Der Leitsatz, dass der Angriff einzelne Duelle gewinnt, aber die Abwehr die großen Titel, ist allgemeingültig und wurde meisterlich vom THW-Bollwerk umgesetzt. Ein weiteres Detail des Erfolgs ist die Erkenntnis, dass ein verlässlicher Torjäger mit seinen Treffern jede Anspannung ventiliert - exemplarisch vorgeführt vom Polen Robert Lewandowski (Fußball) und vom Norweger Sander Sagosen (Handball).

Um bei den vermeintlich simplen Wahrheiten zu bleiben: Konkurrenz belebt das Geschäft. Für die Kieler ist in der Bundesliga schon das Schleswig-Holstein-Derby eine Strapaze; die Anfahrt zu diesem Weltklasseduell ist so kurz, dass sie kaum Gefahr laufen, in der Flensburger Verkehrssünderkartei zu landen. In Magdeburg, Mannheim oder Berlin ist im Vorübergehen ebenfalls nicht mehr viel zu holen. Und auch für den FC Bayern sind die Ligaspiele keine Selbstläufer mehr - beide Primusse werden also in jedem Spiel gefordert, genervt, gestresst.

Unter diesem Druck entwickelte sich das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Kiels Trainer Filip Jicha hatte scharf damit kalkuliert, dass den favorisierten Spaniern zwischen Halbfinale und Finale die Luft ausgeht. Sein wegweisender Turniersatz lautete: "Barca war es nicht gewohnt, zwei Tage nacheinander solche Spiele zu spielen. Wir schon." National kennt der FC Barcelona den Stress der drohenden Niederlage nicht, im Augenblick steuern sie dort auf ihre elfte Handball-Meisterschaft in Serie zu.

Die Münchner Seriensieger hatten im Juli in Lissabon von einer ähnlichen Situation profitiert. Auch Endspielgegner Paris Saint-Germain flaniert meist durch Frankreichs Liga - im Finale wirkten die Bayern fitter, so dass Neymar und Mbappé ihren Weltstarfußball nicht ins Ziel bringen konnten.

Seit den Sechzigerjahren gibt es das Modell der Bundesliga, es ist zum Qualitätsbegriff geworden. Diese kompakten Made-in-Germany-Ligen sind hierzulande Basis und Motor des Ballsports. In der Pandemie, in der jeder auf sich selbst zurückgeworfen wird, haben sie ihre Qualität und ihren Nutzen nachgewiesen: Play local! Win global! Wer heute die immer wieder heiß diskutierte Idee verfolgt, die Bundesligen schwächen oder gar abzuschaffen zu wollen, zugunsten eines Modells der supranationalen Superligen, der hat zum Ende dieses ersten Corona-Jahres ziemlich schwache Argumente.

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