Der Fußball bringt oft strahlende Helden hervor, mitunter aber lauern in der rosaroten Welt auch schlammige Abgründe wie jener, in den die Bundesliga-Spieler von Borussia Mönchengladbach Dienstagnacht im Saarland hinabgestürzt sind: Eineinhalb Stunden im strömenden Regen, in der Nachspielzeit ausgekontert von einer Drittliga-Mannschaft, Pokalblamage beim 1. FC Saarbrücken, zerplatzter Titeltraum, bloßgestellt vor einem Millionenfernsehpublikum, am Zaun beleidigt von den eigenen Fans. Mit all diesen Eindrücken begann die stundenlange Heimfahrt - deprimiert im Bus durch eine tiefschwarze Nacht.
"Wir haben versagt", beklagte freimütig der Borussia-Kapitän Julian Weigl nach der 1:2-Niederlage im Viertelfinale. "Wenn Druck aufkommt, kann die Mannschaft damit nicht umgehen", konstatierte verbittert der Gladbacher Sportvorstand Roland Virkus. "Das war nicht die erste Enttäuschung in diesem Jahr", beschied Trainer Gerardo Seoane kühl.
1. FC Saarbrücken im DFB-Pokal:"Langsam wird es zur Gewohnheit"
Unaufhörlicher Regen, eskalierender Jubel: Der 1. FC Saarbrücken schlägt Gladbach und damit den dritten Erstligisten, wieder durch ein Tor in der Nachspielzeit - den dauernden Erfolgen liegt ein kleiner Etikettenschwindel zugrunde.
Statt im erhofften Halbfinale in Kaiserslautern die riesige Chance auf ein Endspiel in Berlin wahrnehmen zu können, statt einer sonnigen Perspektive für die kommenden Wochen, endete Gladbachs Saison gewissermaßen zwei Monate vor dem finalen Bundesliga-Spieltag. Die einzige positive Nachricht für alle Sympathisanten lautet: Die Borussia wird ziemlich sicher nicht in die zweite Liga absteigen. Abgesehen davon wird es aber wohl wieder eine verlorene Spielrunde für den Traditionsklub vom Niederrhein - schon die dritte nacheinander mit dem dritten neuen Trainer.
Heimfahrten waren für die Gladbacher in dieser Saison nie schön, bloß mal nach einem 3:1-Sieg Ende September in Bochum. Dies war der einzige Sieg in bislang zwölf Bundesliga-Auswärtsspielen. Auswärts und auch gegen vermeintlich schwächere Kontrahenten hat Gladbach meistens enttäuscht, die Borussia gewann auch keines von den sechs Spielen gegen die abgeschlagenen letzten drei Teams der Ligatabelle: Köln, Mainz und Darmstadt. Wenn man auswärts schlecht ist und auch gegen vermeintlich schwächere Kontrahenten, dann ist so ein Pokalspiel bei einem Drittligisten zwar prädestiniert für eine Enttäuschung mit Ansage - das entscheidende Gegentor per Konter in der dritten Minute der Nachspielzeit macht die Sache aber trotzdem besonders bitter.
Ohne die 3,45 Millionen Euro Prämie für einen Halbfinaleinzug und abgeschlagen von den interessanten Regionen der Bundesliga-Tabelle, geht Gladbach nun in die letzten neun Spieltage. Weniger als die bislang erworbenen 27 Punkte hatte der Klub nach 25 Spieltagen zuletzt vor 13 Jahren. Das heißt: Er ist zu diesem Zeitpunkt der Saison schlechter als in der enttäuschenden Saison unter dem Trainer Marco Rose (2020/21, 33 Punkte), genauso schlecht wie in der enttäuschenden Saison unter dem Trainer Adi Hütter (2021/22, 27 Punkte) und schlechter als in der enttäuschenden vergangenen Saison unter dem Trainer Daniel Farke (2022/23, 31 Punkte).
Nach dem Pokal-Aus sagte der Sportchef Virkus ernüchtert: "Der Pokal war noch eine Chance, eine ordentliche Saison zu spielen - und die vertut man." Bedeutet im Umkehrschluss: In der Gladbacher Führungsetage haben sie anerkannt und auch schon eingestanden, dass es jetzt eigentlich keine ordentliche Saison mehr werden kann.